Kommentar
12:36 Uhr, 01.09.2004

Interview mit Brockmann: Meister des Return-to-Risk-Ratios

Das Trading-Motto des Norddeutschen lautet: Get the best return that low risk can buy! Seine Performance-Zahlen sind so gut, dass man es kaum glauben mag. So liegen seine "Return-to-Risk-Ratios" (RRR) auf Jahresbasis regelmäßig über 15. In seinem besten Jahr schaffte er sogar ein RRR von 30, womit er alle amerikanischen "Market Wizards" aus Jack Schwager´s gleichnamigen Buch in den Schatten stellt. Das RRR setzt die erzielte Jahresperformance mit dem zwischenzeitlich eingegangenen maximalen Risiko ins Verhältnis (= Jahresperformance / maximalen Drawdown im Jahr). Je höher das RRR, desto besser handelt ein Trader und desto effektiver geht er mit seinem Trading-Kapital um. Ein RRR von 3 (z.B. 30 Prozent Performance bei 10 Prozent maximalem Drawdown) gilt in der Branche für Top-Trader, Hedgefund-Manager und CTA´s mit End-of-Day-Trading-Ansätzen als Benchmark. In Europa scheitern fast alle Fonds an einem RRR von 2. Top-Daytrader können aufgrund der höheren Handelshäufigkeit Werte von über 10 erreichen.
Hier ein kleines Rechenbeispiel, um die Leistung von Brockmann zu verdeutlichen: Angenommen, Sie wären bereit, im Verlauf eines Jahres zirka 10.000 Euro Ihres Trading-Kapitals als maximalen Drawdown zu riskieren, dann stünden bei einem RRR von 30 am Ende des Jahres 300.000 Euro mehr auf Ihrem Konto als zu Beginn. Bei einem Konto von 100.000 Euro wären dies rund 300 Prozent Performance. Und das alles bei einem Risiko von 10.000 Euro bzw. 10 Prozent.
Trotz dieser außergewöhnlichen Performance bildet sich Werner Brockmann ständig weiter. Er liest Bücher, besucht Trading-Seminare, forscht an der Weiterentwicklung von Handelssystemen und lässt sich von einem Mentalcoach betreuen. Zurzeit wirkt er beim Aufbau des Handelshauses AdFontes (www.adfontes.info) in der Schweiz mit und wird in Zukunft auch selber Händler ausbilden.

FRAGE: Herr Brockmann, Sie gehören zu den erfolgreichsten Tradern der Welt. Was zeichnet einen Weltklasse-Trader wie Sie aus?
Brockmann: Disziplin, Disziplin und nochmals Disziplin! Diese Disziplin, gepaart mit dem Willen erfolgreich zu sein, hat mich zum Erfolg geführt.

FRAGE: Was sind Ihre Stärken und wodurch unterscheiden Sie sich Ihrer Meinung nach von anderen Tradern?
Brockmann: Neben der Disziplin gehört ein extremes Durchhaltevermögen zu meinen Stärken. Sich ständig neu zu motivieren, besonders in Zeiten, in denen es nicht gut läuft, ist ein entscheidender Baustein für meinen Erfolg.
Über einen langen Zeitraum habe ich zielstrebig am Erfolg gearbeitet. Die Auseinandersetzung mit der fachlichen Materie ist die Grundvoraussetzung, das Arbeiten an der eigenen Person ist aber der entscheidende Weg zum Holy Grail. Oft ist dies der schwierigste Part, den viele Trader nicht der Lage sind, mit Erfolg zu meistern. Nur wer sich Schwächen eingesteht, kann mentale Stärke und Selbstvertrauen in seinen Handelsstil erreichen. Wichtig dabei ist der unbedingte Wille zum Erfolg!

FRAGE: Viele Einsteiger und Forenschreiber sind der Meinung, dass man nur durch eigene Erfahrung ein guter Trader werden kann. Was halten Sie von einem solchen Trial & Error-Prozess?
Brockmann: Trading muss man als Beruf verstehen. Jeder Beruf hat eine Ausbildung als Grundlage. Die Berufsbezeichnung Trader gibt es jedoch in Deutschland nicht, so dass jeder für sich einen Weg finden muss, diesen Job zu erlernen. Man kann natürlich auch ins kalte Wasser springen, nur die meisten sterben dann am Infarkt. Der übliche Trial & Error-Prozess dauert in der Regel viel zu lange. Das Geld ist verloren, der Arbeitgeber dankt es mit einer Kündigung oder der Händler scheitert an der eigenen Frustration, bevor er die Kurve schafft. Trotzdem könnten viele auf die Erfolgsspur gelangen, wenn sie rechtzeitig beginnen würden, professionell zu arbeiten. Sich von erfahrenen Händlern ausbilden zu lassen, ist hilfreich, um kostspielige Fehler zu vermeiden. Eine weitere Möglichkeit ist das Studium von Fachliteratur, besser aber sind Seminare mit erfahrenen Profis, die einen tieferen Einblick in die Materie ermöglichen. Man muss das Rad schließlich nicht neu erfinden, wenn man einen neuen Wagen baut.

FRAGE: Die Berufsausbildung zum Trader haben Sie sicherlich hinter sich. Warum besuchen Sie noch immer Trading-Seminare? Was kann jemand wie Sie da noch lernen?
Brockmann: Bei mir geht es nicht mehr so sehr um die Ausbildung an sich, aber ein Auslernen gibt es bekanntlich nicht, und ganz bestimmt nicht an der Börse. Viel wichtiger sind für mich Anregungen und Ideen, um meine Ansätze weiterentwickeln zu können. Die Märkte befinden sich ständig im Wandel, so dass man ständig auf der Suche sein muss, um seinen Handelsstil dem Markt so gut wie möglich anzupassen. So hat sich beispielsweise das Verhalten des EuroStoxx-Futures seit dem vergangenen Jahr komplett verändert. Hervorragende Strategien aus der Vergangenheit funktionieren auf einmal nicht mehr. Handelssysteme, die sogar über Jahre hinweg profitabel waren, haben sich umgekehrt. Die Zauberformel heißt Anpassung der Strategie.

FRAGE: Wie gestalten Sie eine effektive Anpassung?
Brockmann: Flexibilität, Kreativität bei der Ideensuche und Durchhaltevermögen sind wichtige Faktoren, um alte Systeme ändern zu können und seine innere Einstellung anzupassen. Der Ideenaustausch unter Gleichgesinnten und der Besuch von Seminaren haben mir da oft weitergeholfen. Entscheidende Anregungen habe ich z.B. bei den Seminaren der Tradingakademie von Erich Florek erhalten. Plötzlich kamen mir Lösungen in den Sinn, auf die ich alleine wahrscheinlich nicht gekommen wäre. Hier zeigt sich, dass Gedankenaustausch mit verantwortlich für den Erfolg ist. Man kann die Ideen anderer in das eigene Konzept einbauen und die eigenen Bedürfnisse und Fähigkeiten anpassen.

FRAGE: Welches Schlüsselerlebnis/-ereignis hat Sie überhaupt an die Börse gebracht? Wie alt waren Sie damals.
Brockmann: Im Alter von 18 Jahren habe ich eine kleinere Summe Geld geschenkt bekommen, mit der ich 1987 kurz vor dem Crash in den Aktienmarkt eingestiegen bin. Das Ergebnis können Sie sich denken. Aber erstaunlicherweise habe ich mir dieses Geld schnell zurück erkämpft. Ich dachte, Handeln ist das einfachste, was es gibt. Dieser Leichtsinn wurde bestraft. Innerhalb kürzester Zeit habe ich den Großteil des Geldes verloren. Zu der Zeit ging es gerade mit dem Nixdorf-Konzern zu Ende. Ich wollte eine Erholung nutzen, um davon zu profitieren. Die Idee war richtig, nur leider bin ich erst mittags zur Kasse in den Markt gekommen, als der Erholungsmove schon gelaufen war. Abschneiden und die Position mit Verlust schließen wollte ich nicht, vor allem weil ich ja die richtige Idee hatte. Auch das wurde bestraft und ich musste meine Lehren daraus ziehen. Auf jeden Fall hat diese Phase das Börsenfieber in mir geweckt und mein berufliches Ziel stand fest: Börsenhändler!

FRAGE: Wie sind Sie dann zum professionellen Trading gekommen? Waren Sie von Anfang an erfolgreich? Man sagt, dass jeder große Trader mindestens eine große Pleite erlebt haben muss, um ein erfolgreicher Top-Trader zu werden. War dies bei Ihnen ähnlich?
Brockmann: Über die klassische Schiene des Eigenhandels bei verschiedenen Banken bin ich zum professionellen Handel gekommen. Hier hatte ich die Möglichkeit, Erfahrungen auf den verschiedensten Gebieten zu sammeln. Vom Arbitragehandel über das Market-Making bis hin zum Handel großer Portfolios konnte ich mein Wissen ständig erweitern. Mit konsequenter Arbeit und professioneller Einstellung ist es mir gelungen, im Handel kontinuierlich besser zu werden. Allerdings hat es einige Jahre gedauert, bis ich auf die Erfolgsspur gekommen bin. Immer wieder aufzustehen und sich nicht entmutigen zu lassen ist das einzige Konzept, in diesem Beruf erfolgreich zu sein. Eine große Pleite im herkömmlichen Sinne habe ich Gott sei Dank nicht erlebt, da ich nach meinen ersten Trades begriffen hatte, dass Risiko Management der entscheidende Faktor zum Erfolg ist. Es gab lediglich Phasen in denen ich kein Geld verdient habe, aber nie größere Verlustphasen. Insofern wären meine ersten Privattrades meine große Pleite, die ein Umdenken bewirkt hat, gewesen.

FRAGE: Was bewegte Sie, mit der AdFontes zusammen zu arbeiten?
Brockmann: Die AdFontes bietet Ihren Kunden die Möglichkeit, am Trading von Leverage-Produkten zu partizipieren. Da der Handel mit Kundengeld auf der Risikoseite äußerste Sorgfalt erfordert und bei der AdFontes gleichzeitig der elitäre Anspruch besteht, eine dreistellige Performance pro Jahr zu erreichen, entspricht diese Philosophie meinen persönlichen Ansprüchen. Entsprechend kann ich hier meine Stärken und langjährige Erfahrung einbringen, um diese neuen Tradern zu vermitteln bzw. eine Atmosphäre zu schaffen, in der man sich gegenseitig zu immer neuen Höchstleistungen inspiriert.
Bei der AdFontes soll ein optimales Umfeld für Trader und Systemhändler aufgebaut werden, wo im Gegensatz zu manch kurzfristigen High-Flyern am Markt wert auf langfristige Überlegungen gelegt wird. Deshalb wird mit den Händlern eng zusammengearbeitet, indem sie individuell gefördert und unterstützt werden. Weitere Fragen dazu beantworte ich gerne unter wb@ schlundmail.com.

FRAGE: Sie sind als Swingtrader bekannt. Können Sie unseren Lesern kurz erklären, was ein Swingtrader macht und wie in etwa Ihre Handelsstrategien aussehen?
Brockmann: Swingtrader ist ein weiter Begriff. Ich würde mich nicht eindeutig als Swingtrader einordnen. Zwar habe ich ein vorwiegendes Handelsprinzip, aber mein Horizont reicht vom diskretionären Swingtrading bis zum Systemhandel. Somit habe ich eine Risikostreuung in meinem Handelsportfolio, was zu einer Optimierung der Rendite führt. Der eigentliche Handelsansatz beruht auf dem Ausnutzen kurzfristiger Moves. Je nach Produkt kann der Zeithorizont zwischen einigen Minuten und mehreren Tagen liegen. Prinzipiell unterscheide ich zwei Märkte: volatile Märkte, die sich in Trends bewegen und volaarme Phasen, in denen die Märkte Random Walk-mäßig hin und her schwanken. In volatilen Märkten suche ich nach Einstiegschancen, um mit dem Markt mitzulaufen. Sinnvoll ist hierbei eine ständige Beobachtung, um bei steigendem Volumen im Moment eines Ausbruchs aus einer Konsolidierungsphase aggressiv in den Markt zu gehen. In volaarmen Phasen ohne klare Richtung suche ich nach Widerständen und Unterstützungen, die ich nutze, um antizyklisch einzusteigen.

FRAGE: Inwieweit benutzen Sie technische Analyse?
Brockmann: Wie sie aus dem Vorgehen erkennen, generiere ich meine Signale auf Basis der technischen Analyse. Weniger Indikatoren, eher Kursmuster sowie klassische Resists und Supports sind die Hauptkomponenten für meine Einstiegssignale. Dabei benutze ich in erster Linie Candlestickcharts verbunden mit dem zugehörigen Volumen. Der entscheidende Faktor für den Erfolg ist aber das Zusammenspiel von Risiko- und Money Management. Weniger der Einstiegspunkt an sich, als die richtige Kontraktgröße und ein vor dem Einstieg bekanntes Stopplevel sind die wichtigsten Grundlagen.

FRAGE: Der Begriff "Swingtrading" wird, wie Sie bereits erwähnten, sehr weitläufig definiert. Dazu gehören Breakout-, Rebounder-, Trendfollower- und Momentumstrategien. Welche setzen Sie vorwiegend ein und welche Taktiken benutzen Sie dabei?
Brockmann: Ich wechsele die Strategien in Abhängigkeit von der Volatilität. Bei hoher Volatilität bevorzuge ich eine Breakoutstrategie, wohingegen ich mich in volarmen Phasen für die Rebounderstrategie entscheide.
Entscheidend für den Erfolg vor allem bei volatilen Märkten ist die aggressive Vorgehensweise. Habe ich eine Idee, setze ich diese sofort um. Ich stelle mich nicht auf die Geld- oder Briefseite, um mich fillen zu lassen, sondern steige market ein. So hat man auf jeden Fall eine Position, wenn die Idee aufgeht und kann seine Früchte ernten. Würde man passiv einsteigen, könnte man vielleicht einen leicht besseren Kurs bekommen. Oft genug passiert es aber, dass man so den Fill nicht bekommt und bei der Bewegung zuschauen muss.
Ist der Markt eher lethargisch, suche ich mir Punkte, an denen der Markt drehen könnte. Entweder sind dies klassische Widerstände oder Unterstützungen oder spezielle Zeitpunkte, wie die Veröffentlichung von Konjunkturdaten oder die Eröffnung in New York. Gute Profitmöglichkeiten ergeben sich durch schnelle Bewegungen an den Extrempunkten des Tages. Oft wird ein neues Hoch gemacht, gefolgt von einer sehr schnellen Gegenbewegung, die das Ende der Aufwärtsbewegung signalisiert. Vom Chartmuster ähnelt dies dem TurtleSoup-Ansatz von Raschke. Hier muss sehr schnell agiert werden, um den Einstieg nicht zu verpassen. Steigt man zu spät ein, könnte man in einer nachfolgenden Bewegung ungünstig ausgestoppt werden.

FRAGE: Welche Rolle spielt Geld und Risiko Management in Ihrem Trading? Benutzen Sie beispielsweise Stopp-Loss Orders, falls der Markt gegen Sie läuft?
Brockmann: Diese beiden Komponenten sind die eigentlichen Erfolgskomponenten für einen langfristigen Handelserfolg.
Beim Risiko Management geht es in erster Linie darum, wie viel Geld im Verhältnis zum vorhandenen Kapital pro Position riskiert wird. Hier habe ich mir ganz klare Richtlinien aufgestellt: bei kurzfristigen Positionen riskiere ich nicht mehr als ein Prozent des Kapitals. Dies bedeutet eine eher konservative Einstellung, die mir aber wesentlich lieber ist, als eine zu risikoreiche Strategie, bei der der Risk of Ruin zu hoch ist. Bei strategischen Positionen muss ich auch bereit sein, bis zu zwei Prozent des Kapitals zu riskieren, da vor allem bei Übernachtpositionen unvorhergesehene Ereignisse nur schwer auszuschließen sind. Das maximale Gesamtrisiko des Portfolios sollte zu jedem Zeitpunkt nicht über zehn Prozent liegen, wobei dies natürlich abhängig vom Berechnungsmodell und den zugrunde liegenden Parametern ist.

FRAGE: Inwiefern verwenden Sie Money Management-Ansätze?
Brockmann: Das Money Management bestimmt, welche Size ich pro Trade einsetze. Dies ist wiederum in Abhängigkeit vom Risiko Management zu sehen, da die beiden Komponenten sich gegenseitig beeinflussen. Ein kurzes Beispiel: Ich habe ein Konto von 1.000.000 Euro zum Traden. Pro Trade möchte ich nicht mehr als ein Prozent also 10.000 Euro riskieren. Handele ich z.B. 200 Eurostoxx50-Futures (Ticksize = 10 Euro pro Punkt), muss ich mein Stopplevel bei fünf Punkten setzen. Möchte ich meinen Stopp allerdings erst bei zehn Punkten setzen, resultiert daraus eine maximale Position von 100 Kontrakten.
Eine zusätzliche Variante des Money Managements ist das Aufstocken von Positionen. Befinde ich mich im Profit mit einer Position, die Bewegung hat aber gerade erst begonnen, so stocke ich die Position um die Hälfte auf und ziehe meinen Stopp auf den durchschnittlichen Einstand nach, so dass von der Risikoseite kein Verlust mehr vorkommen kann. Dies ist natürlich immer in Abhängigkeit vom Markt zu sehen, da es in sehr schnellen Märkten keine Garantie gibt, auch beim Einstandskurs exakt aus dem Markt zu kommen. Wichtig bei diesem Handel ist die Disziplin, die Strategie auch konsequent umzusetzen.

FRAGE: Waren Sie schon immer ein Swingtrader oder haben Sie es auch mit anderen Methoden versucht. Scalping zum Beispiel?
Brockmann: Jeder Händler muss seine eigene Stärke im Markt erkennen und dies in eine Strategie umsetzen. So käme Scalping für mich nie als Handelsart in Frage. Die Art Swingtrading, wie ich sie praktiziere, ist für die verschiedensten Märkte und Zeithorizonte einsetzbar. In meinen Handelssystemen ist dieser Grundansatz immer wieder zu finden. Das Herumprobieren mit anderen Handelsstilen drückt letztlich meist auf die Performance der alten, eigentlich bevorzugten Strategie. Ich habe das Swingtrading als eine erfolgreiche Handelsform für mich gefunden, die zu meinem Charakter passt. Gleichzeitig kann ich diesen Stil gut an veränderte Marktbedingungen anpassen.

FRAGE: Wie sieht Ihr Gewinn/Verlust-Verhältnis aus und wie kommt es zu den hervorragenden RRR-Kennzahlen?
Brockmann: Die hohen RRR-Zahlen resultieren aus den größtenteils sehr engen Stopps. Etwa ein Drittel meiner Trades sind profitabel. Die Gewinntrades müssen daher deutlich größer sein, als die Verlusttrades. Über einen längeren Zeitraum sind die Gewinner im Schnitt drei bis vier mal größer. Um das richtige Gespür zu entwickeln, analysiere ich meine Kennzahlen sehr genau. Dies ist zwar mit einigem Aufwand verbunden, ermöglicht mir aber, Fehlentwicklungen sofort zu erkennen und rechtzeitig aktiv gegensteuern zu können. Das ist eine Art Kontrollsystem, aus dem ich erkennen kann, ob meine Handelsstrategie noch funktioniert. Ändern sich die Kennzahlen mittelfristig, muss ich die Gründe dafür suchen. Ist es der Markt, der sich verändert hat und an den ich mich anpassen muss? Habe ich meine Strategie verlassen, nehme ich beispielsweise zu früh Gewinne mit oder schneide ich meine Positionen zu spät ab? Das Wichtigste ist und bleibt dabei aber immer, größere Verluste durch diszipliniertes Risiko Management zu verhindern, wodurch ich dann ein hohes Return-to-Risk-Ratio erzielen kann.

FRAGE: Sie lesen Erfolgsbücher? Was machen Sie noch, um besser zu werden?
Brockmann: Es kann nie schaden, es ist sogar ein Muss, sich ein breites Spektrum an Wissen anzueignen. Viel entscheidender aber ist, an sich selbst zu arbeiten. Aus diesem Grund arbeite ich auch mit der Finanzpsychologin Monika Müller zusammen. Ich glaube, dass es beim Mental-Coaching vor allem darum geht, seine Potenziale maximal auszuschöpfen, um die Spitzenperformance beim Traden zu erzielen, ganz ähnlich wie im Leistungssport. Jeder gute Athlet hat einen Trainer, der hilft, seine spezifischen Talente maximal ausschöpfen zu können... Oder haben sie schon einen Top-Sportler gesehen, der ganz alleine seine Medaillen erkämpft hat?

FRAGE: Was machen Sie in solchen Sitzungen? Wie gehen Sie vor?
Brockmann: Die Mental-Coachings finden entweder unter vier Augen oder telefonisch statt. Die Vorgehensweise ist sehr individuell auf die Person und ihre Ziele ausgerichtet. So habe ich zu Beginn Vorstellungen und Ziele geäußert, in welchen Punkten ich mich verändern möchte, um erfolgreicher zu werden. Verbesserungsmöglichkeiten ergeben sich aber oft auch erst durch die Gespräche. Begonnen haben wir damit, bestimmte Verhaltensweisen zu beobachten, um die Ursachen für ungewollte Verhaltensweisen zu finden. Alleine die Beobachtung des eigenen Verhaltens in konkreten Situationen kann zu erstaunlichen Erkenntnissen führen. Man geht viel bewusster an die Dinge heran und sieht sich selbst mit anderen Augen. Ein Beispiel: Wer in wichtigen Marktphasen zu emotional auf Bewegungen am Markt reagiert, verliert die Konzentration. Das kann das Handelsverhalten nachteilig beeinflussen und zu einer entscheidenden Minderung der Performance führen. Die Beobachtung meines Verhaltens in solchen emotionalen Phasen hat es mir ermöglicht, meinen Adrenalinspiegel niedrig zu halten und nicht in eine Spirale emotionaler Ausbrüche zu geraten.

FRAGE: Was für Strategien werden bei solch einem Coaching angewendet? Können Sie ein Beispiel geben?
Brockmann: Abhängig von den Bedürfnissen und Zielen werden verschiedene Strategien angewendet. Als Beispiel kann ich eine Sitzung beschreiben, bei der wir die Methode des EMDR angewendet haben. EMDR bedeutet Eye Movement Desensitization und Reprocessing. Dabei werden, vereinfacht ausgedrückt, automatisierte störende Verhaltensweisen, die aus der Vergangenheit resultieren, und ihre zugrunde liegenden negativen Gedanken analysiert und durch hilfreiche positive Kognition ersetzt.

FRAGE: Welchen Zeitrahmen muss man für ein solches Coaching ansetzen?
Brockmann: Intensität und Dauer eines Coachings hängen von den zu verändernden Verhaltensweisen ab. Prinzipiell ist ein kontinuierliches Coaching sinnvoll. Ähnlich wie Sportler sich während ihrer Karriere durchgehend von einem mentalen Coach betreuen lassen. Möglich sind aber auch bestimmte problembezogene Coachings.

FRAGE: Frau Müller hat in unserem Aprilheft einen sehr interessanten Artikel zum Thema Trading-Erfolg geschrieben, in dem sie ein Schema präsentierte, mit dem man sein Profil festlegen kann. Dürften wir Sie bitten, uns Ihr Profil mitzuteilen und unseren Lesern zu erklären, wie man durch geschicktes "Teamspiel" das Beste aus diesem Profil herausholen kann?
Brockmann: Gerne: besonders ausgeprägt sind bei meinem Profil die Rollen Macher, Umsetzer und Perfektionist. Die Rollen Umsetzer und Macher unterstützen sich gegenseitig, der Perfektionist wirkt dem im ersten Moment aber entgegen. Die Zielstrebigkeit und Aktionsfreude, die zu einem aggressiven Handelsstil führen, werden durch den Perfektionisten gebremst, was unüberlegte Handlungen reduziert. Erst wenn das Umfeld scheinbar perfekt auf meine Handelsstrategie passt, werde ich aktiv. Der Nachteil am Perfektionisten ist die Bremse in schnellen Märkten. Daher muss ich den Koordinator aktivieren, der als zusätzliche Ressource eine sekundäre Rolle spielt. Der Koordinator kann den Einsatz der Rollen Macher und Perfektionist je nach Marktsituation stärker in den Vordergrund stellen. Zusätzlich hat der Beobachter als mögliche Rolle des "Inneren Teams" eine nicht zu unterschätzende Wirkung. Er beobachtet als neutrale Komponente von außen das Zusammenspiel der Ressourcen und macht im Notfall auf ein etwaiges Ungleichgewicht aufmerksam.

FRAGE: Klingt ziemlich kompliziert. Könnten Sie unseren Lesern ein Beispiel geben, wie man seinen Koordinator aktiviert und wie das in der täglichen Praxis aussieht?
Brockmann: Im optimalen Fall geschieht dies durch das Unterbewusstsein automatisch. Der Vorgang kann aber auch bewusst eingesetzt werden. Dazu muss man seine Aufmerksamkeit mit Hilfe des Beobachters bewusst lenken, was aber einiger Übung bedarf. Man stelle sich einen virtuellen Beobachter vor, der die Situation neutral und objektiv betrachtet. Durch diese "künstliche" Beobachtung, kann man wie mit einem Zündkabel den Motor Koordinator anlassen. Der Koordinator macht beide Rollen auf ihre Stärken aufmerksam und gibt den Hinweis, welche Rolle wann an der Reihe ist. Wenn der Perfektionist weiß, dass er auch noch zu seinem Recht kommt, hilft er mir dort, wo ich ihn benötige: beim Risiko Management. Den virtuellen Beobachter lässt man solange arbeiten, bis der Vorgang des Anlassens ins Unterbewusstsein übergegangen ist.

FRAGE: Gibt es einen abschließenden Rat, den Sie unseren Lesern geben wollen?
Brockmann: Ein erfolgreicher Trader, zeichnet sich besonders durch Geduld, Durchhaltevermögen und unbedingten Siegeswillen aus. Kaum ein Beruf ist so arbeitsintensiv und mit kaum einem Job muss man sich derart identifizieren wie mit dem des Traders. Der Trader selbst muss sich und sein Inneres auf die Arbeit einstellen und nichts ist so schwierig, als sich selber Schwächen einzugestehen und diese zu verändern. Deshalb ist es wichtig, sich ein Umfeld aufzubauen, das einem die nötige Sicherheit gibt und in dem nicht auf maximalen Erfolg in kürzester Zeit wert gelegt wird. Nur mit der nötigen Sicherheit im Hintergrund kann ein Trader nachhaltig Gewinne erzielen.

Quelle: Traders-Magazin

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