Kommentar
00:09 Uhr, 24.10.2024

Interview: „Der jüngste Anstieg der erwarteten Kursschwankungen spiegelt sich in vielen Fällen in ­attraktiveren Konditionen der Produkte wider.“

Fabian Gügel, Experte für Anlagelösungen bei der UniCredit Bank GmbH, und Dominik Auricht, Experte für Hebelprodukte bei der UniCredit Bank GmbH, sprechen mit Richard Pfadenhauer, Chefredakteur des onemarkets Magazins, über die aktuelle Lage an den Finanzmärkten.

Außerdem erläutern die beiden Experten, wie sich das Anlageverhalten verändert hat und welche Produkte derzeit besonders gefragt sind. Für Anlegerinnen und Anleger ist es besonders spannend zu erfahren, was es in der aktuellen Situation bei Anlage- und Hebelprodukten zu beachten gilt.

onemarkets: Der DAX® bewegt sich auf einem Allzeithoch. Die US-Märkte ebenfalls. Sind Sie rechtzeitig auf den Zug aufgesprungen?

Fabian Gügel: Ja, ich bin dabei und voll investiert. Allerdings habe ich bereits begonnen, einige Positionen abzusichern beziehungsweise auf den Prüfstand zu stellen.

Dominik Auricht: An Aktien führt meines Erachtens kein Weg vorbei. Eine berühmte Börsenweisheit besagt: „The trend is your friend“. Auf Deutsch: Der Trend ist dein Freund. Daher bin ich ebenfalls voll investiert. Natürlich ist stets mit Schwankungen, vielleicht auch größeren Schwankungen zu rechnen. Anzeichen für einen größeren Kurssturz sehe ich aktuell jedoch nicht.

onemarkets: Das erste Halbjahr verlief an den Börsen relativ ruhig und es ging stetig aufwärts. In den zurückliegenden Wochen haben die Schwankungen zugenommen. Hat sich auch das Anlegerinnen- und Anlegerverhalten geändert?

Gügel: In den ersten Monaten des Jahres war das Zinsniveau noch relativ hoch. Dies haben viele Investorinnen und Investoren genutzt und Bond-Produkte gekauft, um dieses Niveau zu sichern. In den zurückliegenden Wochen sind die Renditen an den Anleihemärkten deutlich gesunken. Dies führte zu einem Rückgang bei der Nachfrage nach Produkten wie Stufenzinsanleihen. Angesichts der gestiegenen Volatilität greifen viele Investorinnen und Investoren nun zu Teilschutzprodukten wie Aktienanleihen Protect und Express-Aktienanleihen Protect. Sie haben teilweise keine andere Wahl.

onemarkets: Was meinen Sie damit?

Gügel: Zum Jahreswechsel konnten wir noch Zinsprodukte mit einem Kupon von deutlich über drei oder gar vier Prozent pro Jahr anbieten. Der deutliche Rückgang der Renditen bei in Euro notierten Staatspapieren drückte jedoch auch die erzielbaren Renditen bei strukturierten kapitalgeschützten Anleihen und Zertifikaten. Eine garantierte Rendite von jährlich über drei Prozent ist kaum noch darstellbar. Bei US-Staatsanleihen steht derzeit noch eine drei vor dem Komma. Allerdings besteht für Euro-Anlegerinnen und Euro-Anleger bei US-basierten Papieren ein Währungsrisiko. Investorinnen und Investoren, die die Chance auf eine jährliche Rendite von über drei Prozent erzielen wollen, müssen somit ein gewisses Risiko eingehen. Wir beobachten, dass daher viele zu Teilschutzprodukten wie (Express-)Aktienanleihen Protect greifen. Der jüngste Anstieg der erwarteten Schwankungen spiegelt sich dabei in vielen Fällen in attraktiveren Konditionen der Produkte wider.

onemarkets: Können Sie uns das kurz erklären?

Gügel: Bei einer Aktienanleihe Protect wird am anfänglichen Bewertungstag eine Barriere fixiert. Sie liegt oftmals 30 oder gar 50 Prozent unter dem festgestellten Referenzpreis. Während der Laufzeit erfolgt in der Regel eine jährliche Zinszahlung. Am Laufzeitende greift die Barriere. Notiert der Basiswert am finalen Bewertungstag auf Höhe der Barriere oder darüber, erhalten Anlegerinnen und Anleger neben einer Zinszahlung den Nennwert ausbezahlt. Andernfalls drohen allerdings Verluste. Der Preis für das Produkt entscheidet maß­geblich über die Rendite. Der Kurs der Anleihe wird wiederum vom Kurs des Basiswertes und der impliziten Volatilität bestimmt. Dies gilt jedoch auch für klassische Aktienanleihen und Express-Aktienanleihen Protect. Steigt die erwartete Volatilität, sinkt der Kurs des Wertpapiers – unter sonst unveränderten Marktbedingungen. Damit steigt die erzielbare Rendite. Bei Aktienanleihen Protect gibt es zwei Stellschrauben: die Höhe der Zinszahlung und die fixierte Barriere. Für neu emittierte Produkte gilt somit: Ein Anstieg der erwarteten Schwankung bietet die Möglichkeit, entweder den Zinskupon gegenüber vorangegangenen Papieren zu erhöhen oder tiefere Barrieren zu fixieren. Oder eine Mischung aus beiden Komponenten. Aufgrund der eingebauten Barriere besteht mit derlei Produkten die Chance, auch in seitwärts tendierenden Märkten Renditen zu erzielen. Viele Investorinnen und Investoren wünschen sich bei ihrer Kapitalanlage eine jährliche Zinszahlung. So wundert es nicht, dass diese Teilschutzprodukte in vielen Depots zu finden sind.

onemarkets: Was zählt bei Kundinnen und Kunden derzeit mehr? Renditemaximierung oder Risikominimierung?

Gügel: Dies ist pauschal schwer zu beantworten, da jede Kundin und jeder Kunde ein anderes Risikoprofil hat. Zudem hängt dies stark von der Struktur des Gesamtportfolios ab. Für gewöhnlich besteht ein Portfolio analog einer Fußballmannschaft aus einer starken Defensive, einem soliden Mittelfeld und einer agilen Offensive. Mit kapitalgeschützten Produkten und Teilschutzprodukten können Anlegerinnen und Anleger die Defensive und je nach Produktwahl einen Teil des Mittelfelds abdecken. Hier steht meist Risikominimierung im Vordergrund. Dies heißt auch, dass vor allem deutsche Standardwerte wie beispielsweise Allianz, RWE und Siemens als Basiswerte ausgewählt werden. Die UniCredit emittiert jedoch längst nicht nur defensive Produkte …

Auricht: … das ist richtig. Die UniCredit bietet auch eine Vielzahl offensiver Anlage- und Hebelprodukte auf Aktien, Indizes, Rohstoffe, Währungen und Zinsen. Im ersten Halbjahr standen Produkte auf die Magnificent 7 – Alphabet, Amazon, Apple, Meta Platforms, Netflix, Nvidia und Tesla – sowie viele Titel, die vom KI-Hype profitierten, hoch im Kurs. In den zurückliegenden Monaten hat der Schwung allerdings nachgelassen. Wie bereits erwähnt, hat die implizite Volatilität bei zahlreichen Aktien deutlich zugenommen – mit teils deutlichen Auswirkungen auf den Preis der Anlage- und Hebelprodukte. Bei Discount- und Bonus-Cap-Zertifikaten drückt ein Anstieg der Kennzahl – bei sonst unveränderten Parametern – in vielen Fällen auf den Kurs. Neueinsteigerinnen und Neueinsteigern in Bonus-Cap-Zertifikaten bietet sich somit die Chance auf eine höhere Bonusrendite, wenn die Barriere bis zum Laufzeitende nicht verletzt wird. Bei klassischen Optionsscheinen hingegen führt ein Anstieg der erwarteten Schwankungen zu einem Kursanstieg des Wertpapiers. Sie werden somit teurer und die Hebelwirkung nimmt ab. Bei Knock-out-Produkten und Faktor-Optionsscheinen spielt die implizite Volatilität hingegen kaum eine Rolle. So wundert es nicht, dass diese Papiere in Phasen relativ hoher Volatilität besonders beliebt sind.

onemarkets: Die Europäische sowie die US-amerikanische Zentralbank haben die Zinswende eingeleitet und jeweils weitere Zinssenkungen in Aussicht gestellt. Was bedeutet dies für Anlage- und Hebelprodukte?

Auricht: Sinkende Zinsen sind meist gute Katalysatoren für den Aktienmarkt. Zwar könnte es nach Einschätzung unserer Expertinnen und Experten in den kommenden Wochen aufgrund der bevorstehenden US-Wahl zu teils größeren Schwankungen kommen. Mittelfristig sind sie allerdings zuversichtlich hinsichtlich DAX® & Dow. Zinsen haben auf den Kurs von Anlageprodukten wie Bonus-Cap-Zertifikaten sowie klassischen Optionsscheinen kaum einen Einfluss. Hier dominiert die Kursentwicklung des Basiswertes und die erwartete Volatilität. Bei Knock-out-Produkten entscheiden die Zinsen maßgeblich über die Höhe der Finanzierungskosten. Ein Zinsrückgang drückt somit die Finanzierungskosten. Die Produkte werden somit günstiger. Wer direkt auf den Zinssatz spekulieren will, sollte einen Blick auf unsere Produkte auf den Bund-Future werfen. Dieser spiegelt die Entwicklung der Renditen langfristiger Bundesanleihen wider.

Gügel: Wie bereits erwähnt, sorgen rückläufige Zinsen bei kapitalgeschützten Produkten zu sinkenden Zinskupons. Wer nachhaltig mit einem Rückgang der Renditen rechnet, sollte sich die heutigen Niveaus sichern. Bei Wertpapieren wie Aktienanleihen Protect spielt der Zins hingegen keine große Rolle.

onemarkets: Herr Auricht, Herr Gügel, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.

Bildnachweis: UniCredit Bank GmbH