Inflationsbekämpfung: Gut oder schlecht für Aktien?
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Auf den ersten Blick belastet die Inflationsbekämpfung den Aktienmarkt. Höhere Zinsen und Liquiditätsentzug sind nichts, aus dem Anlegerträume entstehen. Das geht nicht nur Aktionären so, sondern auch der Wirtschaft und Politik. Höhere Zinsen machen zusätzliche Verschuldung nicht nur teurer, sondern auch unwahrscheinlicher. Großbritannien erlebt ein Debakel, als die Regierung die Schuldenaufnahme erhöhen wollte.
In der Wirtschaft wiederum sorgen höhere Zinsen zuerst für eine Abkühlung auf dem Immobilienmarkt. Höhere Kosten für Kredite dämpfen Investitionen. Am Ende kommt es zu Stagnation oder Rezession und höherer Arbeitslosigkeit. Aus diesem Blickwinkel betrachtet sind höhere Zinsen, ob zur Inflationsbekämpfung oder nicht, eigentlich immer unerwünscht.
Trotzdem wird die Notenbank nicht müde zu betonen, dass es sein muss. Inflation darf nicht über einen längeren Zeitraum zu hoch sein. Kurzfristig sorgt Inflationsbekämpfung in Form höherer Kreditkosten, geringeren Wachstums und höherer Arbeitslosigkeit für Schmerz. Langfristig ist es notwendig, damit es stabiles Wachstum und hohe Beschäftigung gibt.
Ob die Behauptung (niedrige und stabile Inflation ist eine Voraussetzung für Beschäftigung und Wachstum) stimmt, lässt sich nicht ohne jeden Zweifel beweisen. Es lässt sich aber erahnen, dass die Notenbank nicht ganz Unrecht hat. Ein Blick auf den Langfristchart des Aktienmarktes genügt. Grafik 1 zeigt den inflationsbereinigten Kursverlauf.
Langfristig zeigt der Trend nach oben. Zeitweise ist der Aktienmarkt über bzw. unter dem langjährigen Aufwärtstrend. Sucht man nach Gründen, weshalb es zu diesen Abweichungen kommt, erkennt man schnell eine Gemeinsamkeit. Der Markt fällt unter den Trend, wenn etwas mit der Inflation nicht stimmt.
In Zeiten stabiler und niedriger Inflation liegt der Markt tendenziell über Trend, in Zeiten hoher und volatiler Inflation darunter. Grafik 2 zeigt dazu einen kürzeren Ausschnitt, zusammen mit der Inflationsrate. Der kürzere Ausschnitt hat damit zu tun, dass die US-Notenbank erst 1913 gegründet wurde und gleich zu Beginn genau das tat, was man nicht tun sollte.
Kurz nach Gründung begann der Erste Weltkrieg. Die Notenbank finanzierte den Krieg durch Anleihekäufe fleißig mit. Staatsfinanzierung durch die Notenpresse ist die größte Sünde, die eine Notenbank begehen kann. Während der Großen Depression wurde die Geldpolitik gestrafft und während des Zweiten Weltkrieges wurden die Zinsen und Renditen von Anleihen sehr tief gehalten.
Einige dieser Fehler wurden 2020 wiederholt. Dennoch lässt sich erkennen, dass die Notenbank nach den Anfangsfehlern großen Erfolg hatte. Die Entwicklung der Inflationsrate wurde mit der Zeit immer stabiler (Grafik 3). Inflation ist ein Abbild der Wirtschaft. Besonders hohe, tiefe oder volatile Inflation sind ein Symptom einer Schieflage in der Wirtschaft.
Die Notenbank hat recht, wenn sie sagt, dass Stabilität eine Voraussetzung für langfristig solides Wachstum und hohe Beschäftigung ist. Inflation ist dabei ein wichtiger Grund, wenn auch nicht der einzige. Die Inflationsbekämpfung mag kurzfristig schmerzhaft sein, auch für Anleger. Die Alternative ist allerdings nicht besser, sondern schlechter. Langfristig sollten Anleger Inflationsbekämpfung begrüßen.
Clemens Schmale
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