Kommentar
09:54 Uhr, 17.03.2021

Inflation als „GameStop“ für die Aktienbörse?

US-Technologiesektor überproportional von steigenden Zinsen betroffen

Werden die steigenden Inflationsraten, die bereits den Zins für 10-jährige US-Staatsanleihen binnen weniger als einem Jahr um 1 % ansteigen ließen, auch der Aktienrally den Garaus machen? Grundsätzlich taugen steigende Zinsen zum Spielverderber für Aktien. Schließlich sollten Aktienkurse nichts anderes als die mit dem allgemeinen Renditeniveau abgezinsten Unternehmensgewinne der Zukunft widerspiegeln. Höhere Zinsen führen entsprechend dazu, dass zukünftigen Gewinnen heute ein niedrigerer Wert beigemessen wird als bei tiefen Zinsen.

Der stärkste Treiber für den Inflationsanstieg sind die Rohstoffpreise. Allein der Ölpreis hat sich von Niveaus unter null während der Corona-Panik im letzten April auf weit über 60 USD pro Fass erholt und treibt über den Basiseffekt der Prozentrechnung die Inflationsraten nach oben (im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat). Auch die Preise für Industriemetalle wie Kupfer, Aluminium, Nickel und Lithium haben sich nicht zuletzt wegen des Trends zur Elektromobilität massiv erhöht. Die durchaus realistische Erwartung, dass mit einer rasant zunehmenden Verimpfung der Bevölkerung im zweiten Halbjahr ein gewaltiger Wirtschaftsboom einsetzen wird, lässt weitere Preisanstiege erwarten. Hohe chinesische Importe von Landwirtschaftsgütern verstärkten zusätzlich den Trend rasant anziehender Agrarpreise. Preise für Mais und Sojabohnen verteuerten sich bereits mit Raten zwischen 60 und 80 %. Häuserpreise stiegen sowohl in Europa wie in den USA: Dort sogar mit einer zweistelligen Rate! Die Autoindustrie jammert über preistreibende Engpässe bei Chips und die Frachtraten für Container, die zwischen China und den USA ebenso wie Europa verkehren, stiegen bereits um ein Vielfaches. Auch die Suche nach „sichereren“ Lieferketten treibt die Preise.

Reflationsgewinner

Profiteure einer steigenden Inflation sind in der Regel Sachwerte wie Aktien, Immobilien und Edelmetalle. Edelmetalle gewinnen insbesondere bei tendenziell sinkenden und negativen Realzinsen. Immobilien werden ab einem bestimmten Kreditzinsniveau negativ tangiert.

Aktien präferieren eher sinkende Zinsen. Aus der empirischen Kapitalmarktforschung wissen wir, dass die Aktienmärkte prinzipiell erst bei nachhaltig und dynamisch über ein Niveau von 3 % hinaus ansteigenden Inflationsraten negativ getroffen werden. Bereits bei geringeren Inflations- bzw. Zinsanstiegen werden teure Wachstumswerte wie beispielsweise aus dem US-Technologiesektor überproportional negativ tangiert. Als Begründung dient der höhere Verschuldungsgrad und die höhere Bewertung von Wachstumswerten. Da die FAANGM-Technologiewerte in den USA 24 % des S&P 500 ausmachen, ist mit einer relativen Underperformance des US-Marktes zu rechnen.

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Da die meisten Kapitalanleger extrem übergewichtet in US-Technologiewerten investiert sind, leiden sie jedoch primär infolge einer Rotation in eher zyklische, konjunktursensitive Value-Sektoren wie Grundstoffe und Energie. Zyklische europäische und asiatische Value-Titel mit zunehmendem Gewinnmomentum werden somit weiter outperformen.

Vom bereits begonnenen „Rohstoffzyklus“ profitiert man am besten durch Öl- und Grundstoffaktien. Zusätzlich bieten sich „Corona-Verlierer“-Aktien des Jahres 2020 an, also Unternehmen aus dem Segment Touristik und Verkehr, die noch über gewaltiges Aufholpotenzial verfügen.

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