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Kommentar
16:00 Uhr, 21.05.2025

"In 20 Jahren ist alles tokenisiert" – VanEck Europe COO im Interview

"In 20 Jahren haben meine Kinder keine Wertpapierdepots mehr – sie halten alles auf einer Wallet" , sagt VanEck Europe COO Gijs Koning im Interview. Über die Zukunft der Tokenisierung und warum er sehr bullish für den Krypto-Markt gestimmt ist.

VanEck gehört zu den wenigen TradFi-Schwergewichten, die früh und entschlossen im Krypto-Sektor aktiv wurden. Seit 2020 bietet der Asset Manager ETNs auf Bitcoin, Ethereum und weitere digitale Assets an. Im Interview spricht Gijs Koning, COO von VanEck Europe, über die Rolle von Krypto im Gesamtportfolio, die Zukunft tokenisierter Finanzprodukte und warum sich Stablecoins in Europa trotz klarer Vorteile schwertun.

Wie relevant ist der Krypto-Bereich für euch insgesamt?

Nach Assets under Management (AuM) ist Krypto bei uns unter 10 Prozent. Umsatzseitig ist es etwas mehr, da die Gebühren im Krypto-Segment etwas höher sind. Was meine persönliche Zeit angeht: Der Bereich nimmt immer mehr Raum ein, weil wir stark an das Potenzial von Krypto und Blockchain glauben. Wir beschäftigen uns außerdem intensiv mit Tokenisierung.

In welche Richtung denkt ihr konkret, wenn es um Tokenisierung geht?

Wir verfolgen aktuell zwei Schienen. Zum einen bieten wir mit unseren ETNs klassischen Zugang zu Krypto – für Leute, die ein Wertpapierdepot bei einer Bank oder einem Broker haben, sich nicht mit Private Keys herumschlagen wollen oder die ganze Technik einfach zu kompliziert finden. Zum anderen sehen wir aber auch, dass viele Krypto-Native überhaupt nichts mehr mit Banken zu tun haben wollen. Für diese Zielgruppe denken wir darüber nach, unsere ETFs zu tokenisieren – also tokenisierte Finanzprodukte direkt auf die Wallet. Ich bin überzeugt: In 10 oder 20 Jahren wird alles auf dem Smartphone tokenisiert sein. Meine Kinder haben heute ein Depot – später wird alles in Wallets laufen.

Wie steht es aktuell um die Kostenstrukturen bei On-Chain-Produkten?

Aktuell ist es noch nicht günstiger als klassische Lösungen. Wenn wir z. B. eine professionelle Verwahrung bei State Street haben, kostet das teilweise unter einem Basispunkt. Bei Krypto-Custodians liegen wir teilweise bei 20 oder 30 Basispunkten. Der oft genannte Kostenvorteil von Blockchain ist also noch nicht realisiert – aber das wird sich ändern.

Braucht es überhaupt noch ETNs, wenn langfristig ohnehin alles tokenisiert wird?

Gute Frage. Ich denke: Aktuell braucht es beides. ETNs sind für Menschen, die sich mit Blockchain und Wallets schwertun. Viele unserer Kunden gehören eher zur “old-school”-Generation. Die Zukunft ist tokenisiert, keine Frage. Aber im Hier und Jetzt bieten ETNs eben eine niedrigschwellige Lösung.

Was unterscheidet VanEck von anderen Anbietern, die ähnliche Krypto-ETPs anbieten?

Unser Markenname ist ein Vorteil. VanEck ist im traditionellen Asset-Management stark etabliert – dieses Vertrauen übertragen wir in den Krypto-Bereich. Außerdem arbeiten wir nicht mit Tech-Firmen als Verwahrstelle, sondern mit Bank Frick, einer regulierten Bank. Wir versuchen bewusst, unsere Krypto-ETNs wie klassische ETFs aussehen zu lassen – mit transparenter Struktur, täglicher Veröffentlichung, regulierter Verwahrung.

In Europa sind die Krypto-ETN-Volumina deutlich kleiner als in den USA. Warum?

Das liegt unter anderem an der geringeren Akzeptanz bei institutionellen Investoren. In den USA sprechen die Anbieter mit Pensionsfonds und Versicherern – bei uns ist das deutlich schwieriger. Teilweise liegt das an regulatorischen Hürden, z. B. bei Kapitalanforderungen: Wenn eine Bank Krypto hält, zählt das oft nicht zur Eigenkapitaldeckung. Auch bei Wirtschaftsprüfern merken wir Vorbehalte – da kommen viele Fragen, die es bei klassischen Aktien nie gäbe.

Also sind eure Krypto-Kunden überwiegend Retail?

Ja, größtenteils. Wir kennen unsere Kunden nicht im Detail, da wir über Broker vertreiben. Es gibt einige Family Offices, aber große institutionelle Anleger sind derzeit eher die Ausnahme im Krypto-Segment.

Ihr seid offen für Tokenisierung – wie sieht es mit Stablecoins oder tokenisierten Geldmarktprodukten aus?

In den USA ist das Thema tokenisierte Geldmarktfonds spannend. In Europa eher nicht – wegen MiCA. Die regulatorischen Anforderungen für Stablecoins sind sehr hoch. Wir haben uns das angesehen, aber es ist ein hart umkämpfter Markt. In der EU sind Stablecoin-Produkte unter MiCA schwierig umsetzbar, etwa wegen Kapitalanforderungen oder der Tatsache, dass keine Zinsen ausgeschüttet werden dürfen. Deshalb verfolgen wir diesen Bereich aktuell nicht aktiv weiter.

Welche Argumente hört ihr am häufigsten von institutionellen Anlegern, die noch zögern, in Krypto zu investieren?

Meistens geht es um Compliance und Risikomanagement. Die Compliance-Abteilungen sind häufig der Showstopper – alle anderen Abteilungen wollen, aber Compliance sagt Nein. Der “Kriminalitäts-Vorwurf” kommt selten. Es geht eher um Bedenken hinsichtlich Sanktionen, Geldwäscheprävention, Herkunft der Mittel. Manche Banken oder Plattformen führen unsere Produkte nicht, obwohl intern großes Interesse besteht – weil Compliance blockiert.

Wie optimistisch bist du für den Markt 2025?

Ich bin langfristig sehr bullish. Die Blockchain hat reale Anwendungsfälle – zum Beispiel für internationale Zahlungen. Wenn ich Geld in die USA überweise, dauert das Tage und ist teuer. Mit USDC ist es in 10 Minuten da. Auch im Bereich Abstimmung und Abgleich in der Vermögensverwaltung gibt es enormes Potenzial. Ein Freund von mir arbeitet bei einer großen Depotbank und sagt: Ein Drittel der Zeit geht für Reconciliation drauf. Auf der Blockchain gäbe es nur eine Quelle der Wahrheit – das spart enorm. Wenn diese Effizienzgewinne realisiert werden, wird die Adoption steigen – und damit auch der Wert.

Gibt es ein Thema, das dir noch am Herzen liegt?

Ja: Liquidity. Tokenisierte Assets klingen toll – aber ohne Liquidität funktionieren sie nicht. Beispiel Immobilien: Wenn du ein Zehntel eines Hauses tokenisierst – wer macht dafür den Markt? Wenn es keine Market Maker wie Flow Traders oder Jane Street gibt, wird das nichts. Tokenisierung ist ein Riesenthema, aber sie muss liquide sein, sonst bleibt sie eine nette Idee ohne Praxisnutzen.

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