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10:09 Uhr, 13.11.2024

IMK: Konjunkturelle Aussichten in Deutschland etwas aufgehellt

Von Andrea Thomas

DOW JONES--Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich in den vergangenen Wochen etwas aufgehellt und zu einer Verringerung des Rezessionsrisikos geführt. Das signalisiert der monatliche Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Demnach weist der Indikator für den Zeitraum von November 2024 bis Ende Januar 2025 eine Rezessionswahrscheinlichkeit von 46,7 Prozent aus. Anfang Oktober betrug sie für die folgenden drei Monate noch 52,1 Prozent. Der Indikator zeigt wie in den Vormonaten "gelb-rot", was eine erhöhte konjunkturelle Unsicherheit signalisiert, aber keine akute Rezessionsgefahr.

Die statistische Streuung des Indikators, in der sich die Verunsicherung der Wirtschaftsakteure ausdrückt, sei ebenfalls leicht zurückgegangen von 15,2 auf 12,9 Prozent, so das IMK.

Das Düsseldorfer Institut rechnet mit einer leichten Belebung des privaten Verbrauchs und somit des Wirtschaftswachstums im kommenden Jahr. Trotz der erfreulichen Aufhellung des Indikators spreche die Datenlage aber bislang nicht für "eine durchgreifende konjunkturelle Aufwärtsbewegung", so das IMK. Dazu bleibe die Entwicklung des Exports und der Produktion in der Industrie zu schwach.

Ob die zuletzt kräftige Zunahme bei den Auftragseingängen mehr sei als eine Momentaufnahme, erscheine zudem ungewiss - gerade angesichts der vom nächsten US-Präsidenten Donald Trump angekündigten massiven Einfuhrzölle.

Ausgleich von kalter Progression auf den Weg bringen

Sebastian Dullien, der wissenschaftliche Direktor des IMK, appellierte nach dem Zusammenbruch der Koalition und der nun für Februar angestrebten Neuwahlen an die gemeinsame Verantwortung von Regierung und Opposition, die sich abzeichnende Konjunkturerholung nicht zu gefährden.

"Jenseits vom einsetzenden Wahlkampf sollten die Fraktionen im Bundestag jetzt prüfen, welche Maßnahmen man noch vor der Jahreswende verabschieden sollte, damit die vorläufige Haushaltsführung Anfang 2025 nicht die Konjunktur ausbremst." Dullien hält es für sinnvoll, den anstehenden Ausgleich der kalten Progression zum Jahresbeginn noch zu verabschieden, damit die Privathaushalte pünktlich entlastet würden.

Gleichzeitig sei wichtig, jetzt schon die Voraussetzungen zu schaffen, damit die neue Bundesregierung nach den Wahlen schnell die zentralen Probleme der deutschen Wirtschaft angehen könne. "Es ist seit Jahren klar, dass wir mehr öffentliche Infrastrukturinvestitionen brauchen und dass die Schuldenbremse diese blockiert. Idealerweise würden Regierung und Union noch vor den Wahlen mehr Investitionsspielräume in der Schuldenbremse schaffen. Dann könnte eine Regierung gleich durchstarten", so Dullien. "Ohne eine solche Reform droht die neue Regierung am gleichen Hindernis zu scheitern wie die alte - an der für die heutige Zeit nicht angemessenen Schuldenbremse."

Frühindikatoren mit aufsteigender Tendenz

Laut IMK-Konjunkturexperte Thomas Theobald beruht die aktuelle Abnahme des Rezessionsrisikos erstmals seit mehreren Monaten auf einer Mehrzahl von Frühindikatoren, die eine leicht aufsteigende Tendenz zeigen.

Als Beispiel nannte das IMK das Konsumklima, gestützt auf Zuwächse der Realeinkommen. Positive Impulse seien auch von den zuletzt gestiegenen Auftragseingängen für das verarbeitende Gewerbe sowie von Stimmungsindikatoren wie dem Ifo-Index und von einer Reihe von Finanzmarktdaten gekommen.

So seien die Geldmarktzinsen und der Zinsaufschlag von Unternehmens- gegenüber Staatsanleihen zurückgegangen, was die Finanzierung für Unternehmen erleichtert. Der "Finanzmarktstressindex", in dem das IMK einen breiten Kranz von Finanzmarktdaten verdichtet, ist ebenfalls rückläufig. Positive Einflüsse wirken sich dort bislang stärker aus als der Anstieg der Unternehmensinsolvenzen.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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