Ifo-Institut: Reformen könnten 1,2 Millionen Vollzeitstellen bringen
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones) - Der gerade beschlossene Wegfall der Steuerklassen 3 und 5 unter Beibehaltung des Ehegattensplittings kann nach Angaben des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung in Deutschland einen Beschäftigungsgewinn von 67.000 Vollzeitkräften bringen. Insgesamt ließen sich durch Reformen im Steuer- und Sozialsystem mehr als 1,2 Millionen Vollzeitstellen besetzen, teilte das Institut mit. Durch Fehlanreize vor allem für Frauen und Ältere lägen bislang erhebliche Erwerbspotenziale brach. Das hätten Berechnungen des Ifo-Instituts für die IHK München und Oberbayern ergeben. "Das Steuer- und Abgabensystem in Deutschland kann definitiv so umgebaut werden, dass der Arbeitskräftemangel gemildert wird", sagte Ifo-Ökonom Volker Meier.
Ein Übergang vom Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting würde laut der Studie ein Beschäftigungs-Plus von etwa 200.000 Vollzeitstellen in Deutschland auslösen, ein Ende der beitragsfreien Mitversicherung von Ehegatten in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung 150.000 Vollzeitkräfte in die Beschäftigung bringen. Höhere Rentenabschläge bei Frührentnern würden ein Beschäftigungsplus von umgerechnet 180.000 Vollzeitkräften bewirken. Laut Ifo-Institut sind 0,5 Prozent Rentenabschlag versicherungsmathematisch gerechtfertigt für jeden Monat des vorzeitigen Rentenbeginns. Derzeit werden nur 0,3 Prozent Rente abgezogen.
"Angesichts des Alterungsschubs und des Arbeitskräftemangels muss unser Steuer- und Sozialsystem konsequent Erwerbstätigkeit belohnen. Dabei kommt es auf jeden Beschäftigungsanreiz an: Ob Einstieg in die Erwerbstätigkeit, einige Wochenstunden mehr in der Teilzeitarbeit oder längeres, weil attraktiveres Arbeiten zur Rente hin - jede Wochenarbeitsstunde mehr zählt", sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. Entsprechende Reformen wären auch ein wichtiger Beitrag für mehr Fairness unter allen Steuer- und Abgabenzahlern sowie zwischen den Generationen.
Weiter hat das Ifo-Institut laut den Angaben berechnet, dass mehr Kinderbetreuung (400.000 zusätzliche Plätze) ein Beschäftigungs-Plus von 58.000 Vollzeitstellen bedeuten würde. Der Effekt ließe sich noch steigern, wenn die Betreuungsplätze vornehmlich in Mangelregionen geschaffen würden. Laut dem Institut sind dies vor allem die Großstädte in Westdeutschland. Das gesetzliche Renteneintrittsalters von 67 auf 69 Jahre anzuheben, hätte sogar eine Mehrbeschäftigung von 473.000 Vollzeitkräften zur Folge. Die Abschaffung der Rente mit 63 würde ein Plus von 157.000 Vollzeitkräften bedeuten.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/kla
Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.