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10:09 Uhr, 04.01.2024

Ifo-Institut: Nur Estland und Litauen erreichen Nato-Ziel mit soliden Finanzen

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Von den 25 europäischen Nato-Staaten inklusive Schweden haben laut einer Studie 2023 lediglich Estland und Litauen das Zwei-Prozent-Ziel mit soliden Staatsfinanzen erreicht. Zu dem Ergebnis kommen Forscher des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung in einer neuen Studie des Forschungsnetzwerks Econpol, wie das Institut mitteilte. Finnland, Griechenland, Lettland, Polen, Rumänien, Slowakei und Ungarn hätten zwar mehr als 2 Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung ausgegeben - aber gleichzeitig eine Staatsverschuldung über dem EU-Grenzwert von 60 Prozent oder ein Haushaltsdefizit von mehr als 3 Prozent gemessen an der Wirtschaftsleistung gehabt.

"Die aktuellen Haushaltsprognosen lassen 2024 keine wesentliche Verbesserung der Staatsfinanzen gegenüber 2023 erwarten", erklärte das Ifo-Institut. Deutschland habe 2023 mit Verteidigungsausgaben von etwa 1,6 Prozent und einer Staatsverschuldung von 65 Prozent der Wirtschaftsleistung sowohl das Zwei-Prozent-Ziel als auch knapp den Maastricht-Grenzwert für den Schuldenstand verfehlt. Die Maastrichter Grenzwerte der EU waren zwar für 2023 ausgesetzt, gelten ab 2024 jedoch wieder. "Wir haben das Niedrigzins-Umfeld verlassen. Dauerhaft höhere Verteidigungsausgaben können nur gemeinsam mit soliden Staatsfinanzen erreicht werden", sagte Ifo-Militärexperte Marcel Schlepper. Europa brauche "eine fiskalische Zeitenwende".

Schon heute gäben sieben der 25 europäischen Nato-Staaten inklusive Schweden mehr Geld für Zinszahlungen als für Verteidigung aus. An der Spitze steht laut der Studie Italien. Der italienische Staat bezahle fast das Dreifache seiner Verteidigungsausgaben für Zinsen. Auch Spanien, das Vereinigte Königreich und Ungarn gäben fast das Doppelte ihres Verteidigungsbudgets für Zinsen aus. Deutschland bewegt sich nach den Angaben im Mittelfeld: Für Zinsen der Staatsschulden gebe Deutschland inzwischen halb so viel aus wie für die Verteidigung. "Schulden erlauben zwar kurzfristig auf Krisen zu reagieren, sind aber keine langfristige Lösung", warnte Ifo-Forscher Niklas Potrafke.

Im angespannten Wirtschaftsumfeld werde das Zwei-Prozent-Ziel fast ausschließlich an der Ostgrenze des Verteidigungsbündnisses verwirklicht. Laut den Berechnungen des Ifo-Instituts könnten aber mit Ausnahme von Luxemburg auch alle weiteren europäischen Nato-Staaten das Zwei-Prozent-Ziel mit minimalen Anpassungen erreichen. Die Regierungen müssten dazu etwa 1 Prozent der Ausgaben in anderen Politikfeldern einsparen und diese Mittel für die Verteidigung verwenden. "Europa befindet sich in einem Dilemma", konstatierte Econpol-Direktor Florian Dorn. "Jeder verfügbare Euro wird sowohl für Verteidigung als auch für Investitionen sowie die Wirtschafts- und Klimatransformation benötigt."

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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