Kommentar
19:07 Uhr, 25.01.2006

ifo-Index durchbricht magische Marke von 100

1. Das ifo Geschäftsklima hat sich im Januar zum wiederholten Male spürbar verbessert. Es stieg von revidierten 99,7 auf 102,0 Punkte, den höchsten Stand seit Mai 2000. Damit wurden die Erwartungen der von Bloomberg befragten Volkswirte (Median: 99,8 Punkte) und sogar unsere optimistischere Prognose von 100,2 Punkten deutlich übertroffen. Die Stimmungsaufhellung bezog sich sowohl auf die Lagebeurteilung, die von 99,6 auf 100,4 Punkte zunahm, als auch auf die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate, die noch klarer von 99,6 auf 103,6 Punkte anstiegen – das ist der höchste Wert seit November 1994! Der Zeiger der modifizierten ifo-Uhr bewegt sich damit sichtbar in den „Boom“-Bereich hinein.

2. Zu Anstiegen der Geschäftsklimata kam es im Januar im verarbeitenden Gewerbe, im Einzelhandel und im Bauhauptgewerbe. Das verarbeitende Gewerbe profitiert von einem dicken Auftragspolster: Von Mai bis November sah es sich sieben Monate in Folge jeweils außerordentlich hohen Großaufträgen gegenüber. Diese Erfolgssträhne sollte noch nicht zu Ende sein, hierauf deuteten die entsprechenden Komponen ten des Einkaufsmanagerindex vom Dezember hin. Die Stimmungsverbesserung unter den Einzelhändlern muss wahrscheinlich schon im Kontext der angekündigten Mehrwertsteuererhöhung gesehen werden. Die preisbewussten deutschen Konsumenten haben nicht nur ihr persönliches Weihnachtsgeschäft teilweise auf die Rabatttage zu Jahresbeginn verschoben, sie werden Schnäppchen schon mit Blick auf spätestens 2007 steigende Preise gemacht haben. Zudem wird sich das Einzelhandelsklima aufgrund der erwarteten Vorzieheffekte beim Konsum im zweiten Halbjahr erwärmt haben, Händler von Unterhaltungselektronikartikeln freuen sich auf die anstehende Fußball-WM. Das Bauhauptgewerbe gab sich ebenso spürbar optimistischer. Hierin könnte sich bei bis letzte Woche relativ milden Temperaturen der Effekt der mit Ende 2005 abgeschafften Eigenheimzulage bemerkbar gemacht haben. Die Vermutung liegt nahe, dass zum Jahresende verstärkt neue Wohnungsprojekte angestoßen wurden. Allerdings sprechen die bisher vorliegenden Zahlen eine andere Sprache: Im November war es interessanterweise der Nicht-Wohnungsbau, der beim Auftragseingang stark zulegen konnte.

3. Die Verbesserung der Geschäftserwartungen ist wie auch im letzten Monat ein Spiegelbild der aufgehellten Konjunkturaussichten. Zumindest im ersten Halbjahr sollte weiterhin ein hohes weltwirtschaftliches Wachstum zu verzeichnen sein und somit ein kräftiges Exportgeschäft. Zuletzt hat darauf der BDI in seinem Außenwirtschaftsbericht hingewiesen. Zum anderen setzen nun wohl auch die Unternehmen – und nicht mehr nur Politiker und Prognostiker – auf eine spürbare Belebung des privaten Konsums infolge vorgezogener Käufe als Reaktion auf die für 2007 angekündigte Mehrwertsteuererhöhung.

4. Es kann festgehalten werden: Deutschland befindet sich im Aufschwung – und zwar stärker als seine europäischen Nachbarn! Dies belegen die relativ schwachen Geschäftsklimadaten von heute bzw. gestern aus Frankreich bzw. Belgien. Im Gegensatz zu den Unkenrufen einiger Analysten in den vergangenen Tagen (bezüglich des gestiegenen Ölpreises oder des teureren Euros) sehen wir einen anderen Grund für einen Konjunkturabschwung in Sichtweite: Der erwartete starke Privatkonsum 2006 ist nur aus 2007 geborgt. Dieser Logik folgend sollte der ifo-Index bei einer sich dann moderierenden weltwirtschaftlichen Dynamik schon ab Jahresmitte wieder Schwächesignale senden. Bis dahin sollte es tendenziell bergauf gehen und die EZB dürfte das nutzen: Der Februar wird als Vorbereitung für den nächsten 25-Basispunkte- Schritt im März gewählt und noch eine solche Zinserhöhung sollte im weiteren Jahresverlauf folgen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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