Kommentar
14:24 Uhr, 25.04.2005

Ifo-Geschäftsklima - späte Trendbestätigung

1. Das deutsche ifo-Geschäftsklima hat sich im April erwartungsgemäß eingetrübt und sank von 94,0 auf 93,3 Punkte. Von Bloomberg befragte Volkswirte hatten im Mittel (Median) mit einem Rückgang auf 93,5 Punkte gerechnet, wir waren mit einer Prognose von 93,6 Punkten nur unwesentlich zuversichtlicher. Ebenfalls erwartungsgemäß haben sich die Lagebeurteilung und die Geschäftserwartungen verschlechtert. Der Zeiger der (um den chronischen Pessimismus korrigierten) ifo-Uhr weist nun stärker in den rezessiven Bereich. Damit ist man zwar in einen Bereich vorgestoßen, der zur Vorsicht mahnt, aber noch vom eigentlichen Rezessionsbereich entfernt, den wir ab einer Lagebeurteilung von -15 Saldenpunkten und Geschäftserwartungen von -20 Saldenpunkten sehen.

2. Die Lagebeurteilung sank leicht von 93,3 auf 93,1 Punkte (Bloomberg: 93,0 Punkte, DekaBank: 93,1 Punkte). Das war zu erwarten, denn die Unternehmen starten in das zweite Quartal mit einem deutlich geringeren Auftragspolster: Die guten Auftragseingänge zur Jahreswende sind weitgehend abgearbeitet und es kam zwischenzeitlich zu wenig nach. Das begrenzt die Produktionsmöglichkeiten.

3. Die Eintrübung der Geschäftserwartungen um einen Indexpunkt auf 93,6 Punkte fiel etwas stärker als erwartet aus (Bloomberg: 94,0 Punkte, DekaBank: 94,1 Punkte). Belastend haben sich sicherlich die Abwärtsrevisionen der Konjunkturprognosen von internationalen Organisationen, Instituten und Banken ausgewirkt: Mit der Eintrübung der konjunkturellen Perspektiven wackeln auch die Absatzerwartungen der Unternehmen. Der Ölpreis hat sich im Befragungszeitraum zwar verringert, dennoch war er ironischerweise für die Stimmungseintrübung mitverantwortlich. Denn in den vergangenen vier Wochen hat sich zunehmend die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Ölpreise für lange Zeit auf einem sehr hohen Niveau verharren werden. Abweichungen nach oben oder unten gehören zwar dazu, doch der mittelfristig zu erwartende Ölpreis, mit dem die Unternehmen kalkulieren müssen, liegt nun über den ursprünglichen Planungen. Das bedeutet höhere Kosten und drückt die Stimmung.

4. Nach eine Faustformel bedeutet nach einer Aufwärtsbewegung ein dreimaliger Rückgang des ifo-Geschäftsklimas in Folge eine Trendwende. Diese Faustformel besagt noch nichts über die Stärke der wirtschaftlichen Abschwächung, also nichts darüber, ob es zu einem Abschwung oder zu einer Rezession kommt. Im April kam es nun zu einem dritten Rückgang in Folge. Allerdings befand sich das ifo- Geschäftsklima schon seit Februar 2004 in einer immer wieder unterbrochenen Abwärtsbewegung, und die deutsche Volkswirtschaft durchlebt seit Mitte 2004 eine konjunkturelle Schwächephase, sodass der dritte Rückgang in Folge nur eine verspätete Bestätigung dieses Abwärtstrends darstellt. Ein Abgleiten in eine Rezession daraus abzuleiten, ist nicht zulässig. Gleichwohl muss man festhalten, dass trotz des guten ersten Quartals die Schwächephase noch nicht überwunden ist. Insofern fühlen wir uns in unserer Prognose bestätigt, die für das zweite Quartal eine deutliche Wachstumsverlangsamung vorsieht und für den Rest des Jahres eine Belebung, die aber nicht an die Dynamik des ersten Quartals anknüpfen kann.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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