Kommentar
14:09 Uhr, 25.04.2006

ifo Geschäftsklima - die Euphorie hält an

1. Das ifo Geschäftsklima hat sich entgegen den Erwartungen im April weiter verbessert: Es stieg von 105,4 auf 105,9 Punkte an (Bloomberg-Median: 104,8; DekaBank: 105,0 Punkte). Während die Geschäftserwartungen leicht auf 105,5 Punkte nachgaben (Bloomberg-Median: 104,9; DekaBank: 105,0 Punkte), stieg die Lagebeurteilung erneut spürbar auf nunmehr 106,4 Punkte an (Bloomberg-Median: 105,0; Deka- Bank: 105,0 Punkte). Der Zeiger der ifo-Uhr wandert damit noch deutlicher in den Boombereich.

2. Ein wenig erstaunlich ist es schon, was uns die ifo-Umfragen in den letzten Monaten so vermeldeten. Da steigt der Ölpreis (Brent in US-Dollar) seit der letzten Umfrage um gut 14% an, da steigt der Euro und dennoch sinken die Geschäftserwartungen nur minimal. Was muss noch alles passieren, um diese Euphorie zu dämpfen? Das ifo Institut erklärt die Zuversicht mit den hohen – vermutlich aber nicht mehr gestiegenen – Exporterwartungen. Diese werden jedoch nur für die kommenden drei Monate abgefragt, während der Zeithorizont der Geschäftserwartungen sechs Monate beträgt. Die hohen Exporterwartungen sind angesichts der von uns prognostizierten weltwirtschaftlichen Entwicklung in der kürzeren Sicht durchaus nachvollziehbar. Doch mit Sicht auf sechs Monate sollte die Weltwirtschaft ausgehend von ihrem hohen Tempo allmählich einen Gang zurückschalten. Uns fehlt derzeit die Phantasie, um dieses Erwartungsniveau nachvollziehen zu können. So gesehen erscheint uns die Botschaft der ZEW-Konjunkturerwartungen plausibler, die seit drei Monaten sogar in den Rückwärtsgang geschaltet haben.

3. Während sich die Erwartungen aber immerhin auf einem hohen – gemessen an den Prognosen zu hohen Niveau – stabilisieren, steigt die Lagebeurteilung weiter an. Ganz ohne Frage geht es den deutschen Unternehmen derzeit hervorragend: Volle Auftragsbücher sichern aktuell gute Geschäfte. Allerdings ist – wie wir im vergangenen Monat schon deutlich machten – das Niveau der Lagebeurteilung nicht mehr mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Einklang zu bringen. So hatten wir ausgerechnet, dass die Lagebeurteilung im ersten Quartal ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um gut 3 % yoy nahe legen würde, während der Median momentan aus unserer Sicht zu Recht bei 1½ % yoy liegt.

4. Unabhängig von der Frage nach der Angemessenheit der Stimmungswerte deutet sich das baldige Erreichen des Hochpunktes beziehungsweise der Hochphase an. Zur Illustration haben wir idealtypische Verläufe der Lagebeurteilung und der Geschäftserwartungen dargestellt. Man erkennt, dass kurz vor dem Hochpunkt der Lagebeurteilung und der Konjunktur die Geschäftserwartungen zurückgehen und auch unter die Lagebeurteilung sinken. Das ist genau das Bild, das wir nun zum ersten Mal sehen. Sollte sich dies auch in den kommenden Monaten bestätigen, können wir einen konjunkturellen Hochpunkt diagnostizieren.

5. Alles in allem freuen wir uns über die gute Stimmung in Deutschland, wir nehmen sie jedoch nicht für bare Münze. Vielmehr achten wir verstärkt auf die „harten“ Indikatoren. Diese sind gut, lassen nicht aber die Konjunktureuphorie wie die ifo-Umfragen aufkommen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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