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19:47 Uhr, 20.02.2003

Hollywood mobilisiert gegen den Krieg

Heutige Originalmeldungen der Tagesschau zum Thema des Konfliktes um den Irak :

Hollywood macht mobil: US-Stars wie Martin Sheen, Anjelica Huston und Mike Farrell haben die US-Bürger zu einem virtuellen Kriegsprotest aufgerufen. Mit Anrufen, Faxen und E-Mails sollen am kommenden Mittwoch, dem 26. Feburar, das Weiße Haus und die Büros der Kongressabgeordneten "bombardiert" werden. Dies teilten die Antikriegs-Künstler "Artists United to Win Without War" mit. Die Aktion soll die US-Regierung zur Fortsetzung der Waffeninspektionen im Irak und zu einer friedlichen Lösung der Krise drängen.

Mit einem Werbespot fordert Sheen, der in der TV-Serie "West Wing" einen US-Präsidenten spielt, zum "virtuellen Marsch nach Washington" auf. Selbst wenn nur ein Bruchteil der Teilnehmer der jüngsten Friedensdemonstrationen mitmachten, würde die Hauptstadt in einer Flut von Anti- Kriegsbotschaften versinken, prophezeite der Schauspieler. Er verwies auf die Webseite www.moveon.org, die den Protest koordiniert.

Die Gruppe um prominente Schauspieler, darunter Susan Sarandon, Kim Basinger und Matt Damon, schloss sich bereits im Dezember zusammen und forderte US-Präsident George W. Bush damals mit einer Unterschriftenkampagne zu einem friedlichen Vorgehen auf.

''The Sun'' greift Chirac als ''Wurm'' an

Im Irak-Streit hat das britische Massenblatt "The Sun"den französischen Präsidenten Jacques Chirac frontal angegriffen und auch an der französischen Bevölkerung kein gutes Haar gelassen: "Chirac ist ein Wurm" titelte die Londoner Boulevard-Zeitung in einer französischsprachigen Sonderausgabe, die kostenlos auf den Straßen von Paris verteilt wurde.

Die Franzosen werden not amused sein: Cover der französischen Ausgabe der "Sun"

Blatt wollte "seine Meinung" sagen
Durch seine dauernde Drohung, einen Krieg gegen Saddam Hussein mit einem Veto im UN-Sicherheitsrat zu verhindern, sei der Franzose "Europas Schande" geworden. Der Artikel wird durch einen Regenwurm mit dem Kopf Chiracs bebildert. Eine Sprecherin der mit 3,5 Millionen Exemplaren auflagenstärksten britischen Zeitung sagte, das Blatt habe seine Meinung äußern wollen, und dies sei ihm als ein guter Weg erschienen.

In der britischen "Sun"-Ausgabe prangen heute die Pop-Sängerin Britney Spears und der englische Star-Fußballer David Beckham auf der Titelseite. Auf der Website des Blattes wird der Chirac-Bericht unter der Dachzeile "Die Sun stürmt Paris" anmoderiert, seinen Lesern bietet das Blatt auch eine Online-Übersetzung an.

Chirac als Heuchler?
Chirac trage "in Großbritannien" den Spitznamen "Wurm", schreibt die "Sun", die sich einleitend an "die Pariser" richtet und betont, sie werde täglich von zehn Millionen Menschen gelesen. Die Haltung des französischen Präsidenten sei "heuchlerisch", weil er letzten Endes doch umfallen und "die UNO, die USA und Großbritannien" unterstützen werde.

Undankbare Franzosen?
Chirac trete zudem "arrogant" auf, nur um seinem Land eine Stellung zu sichern, die gemessen an der Realität übertrieben sei. Er sei offenbar entschlossen, sich dem "Willen der internationalen Gemeinschaft" entgegenzusetzen. Den Franzosen hielt die "Sun" mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg vor, sie hätten offenbar vergessen, was sie den Amerikanern und den Briten zu verdanken hätten.

"Wurm trifft Monster"
Nun bereiteten sich die Amerikaner und europäische Nationen, die "mutiger als Frankreich" seien, darauf vor, "die Welt von einem anderen Tyrannen zu befreien". "Schämen Sie sich Ihres Präsidenten nicht?", schloss das Londoner Massenblatt, das für sich in Anspruch nahm auszusprechen, was "wir Briten denken" und "im Namen seiner zehn Millionen Leser" aufzutreten. Auf der zweiten Seite ihrer Sonderausgabe berichtete die "Sun" unter der Schlagzeile "Der Wurm trifft das Monster" über den Frankreich-Afrika-Gipfel, zu dem Chirac den umstrittenen Präsidenten von Simbabwe, Robert Mugabe, in Paris empfing.

Paris nicht belustigt
Die Regierung Chirac verurteilte die Veröffentlichung als "verachtungswürdig, agressiv und vulgär". Man sei "mehr als wütend", hieß es.

Merkel macht Schröder in Washington madig

CDU-Chefin Merkel hat in einer amerikanischen Zeitung schwere Vorwürfe gegen die Irak-Politik der deutschen Bundesregierung erhoben. "Schröder spricht nicht für alle Deutschen", schreibt Merkel in einem Beitrag für die renommierte "Washington Post". Sie kritisiert darin vor allem Schröders strikte Absage an den Einsatz von Gewalt gegen den irakischen Präsidenten Saddam Hussein.

"Krieg als letztes Mittel nicht ausschließen"
Es sei wahr, dass der Krieg nie ein normales Mittel sein dürfe, um politischen Streit zu lösen, schreibt Merkel. Doch als letztes Mittel dürfe der Gewalteinsatz nie ausgeschlossen werden. Wer dies tue, schwäche den Druck auf Diktatoren und mache einen Krieg.

Merkel wirft dem Kanzler erneut vor, aus wahlkampftaktischen Gründen einen Eckpfeiler der deutschen Außenpolitik zerstört zu haben - die Absage an einen deutschen Sonderweg. Die Einigung der EU auf ihrem Sondergipfel habe Schröder jedoch zu einer Kurskorrektur gezwungen.

Die SPD attackierte Merkel inzwischen scharf für den Artikel. Die CDU-Chefin schade damit dem Ansehen Deutschlands im Ausland, sagte Generalsekretär Olaf Scholz. Er warf ihr seinerseits vor, gegen den bislang geltenden Grundsatz zu verstoßen, dass demokratische Parteien die eigene Regierung im Ausland nicht "madig" machen. Merkel missbrauche ihre bevorstehende USA-Reise, um nicht nur der Bundesregierung, sondern auch Hunderttausenden von Friedensdemonstranten in den Rücken zu fallen.

Oppositionschefin trifft Regierungsmitglieder
Merkel wird am Wochenende nach Washington reisen und dort in der kommenden Woche unter anderem mit Vizepräsident Dick Cheney, Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice und Vize-Außenminister Richard Armitage zusammentreffen wird. Eine Serie solch hochrangiger Begegnungen ist für eine ausländische Oppositionspolitikerin ungewöhnlich. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) war bei seinem jüngsten Besuch in Washington im Oktober lediglich von seinem Amtskollegen Colin Powell empfangen worden.

USA und Türkei kommen sich nicht näher

US-Außenminister Collin Powel hat den Bündnispartner Türkei aufgefordert, noch heute eine Entscheidung über die Stationierung von US-Truppen im Land für einen möglichen Irak-Krieg zu treffen. Doch der türkische Außenminister Yasar Yakis will sich dem Druck aus Washington nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu nicht beugen. Ankara werde heute keine Entscheidung treffen, habe Yakis nach Washington telegrafiert, heißt es. Zugleich hatte Yakis erklärt, er sehe keine unüberwindbaren Hindernisse.

Schachern um Hilfszahlungen
Der NATO-Partner Türkei koppelt die Stationierung von US-Truppen im Land für einen möglichen Militärschlag gegen den Irak an Finanzzusagen Washingtons. Die beiden Militärpartnern streiten seit Wochen über die Höhe der Zahlungen. Medienberichten zufolge fordert Ankara von den USA rund 30 Milliarden Dollar Hilfszahlungen für etwaige wirtschaftliche Nachteile im Falle eines Irak-Krieges. Ursprünglich sollen sogar 50 Millionen Dollar im Gespräch gewesen sein. "Unsere Forderungen sind immer noch niedriger als der Schaden, den unsere Wirtschaft durch einen Krieg im Irak erleiden wird", stellte der türkische Regierungschef Abdullah Gül fest.

Washington lehnt die Forderungen als zu hoch ab und ist offenbar willens, rund 26 Milliarden Dollar zu zahlen. Powell machte nun klar, dass damit die Bereitschaft der USA erschöpft sei. Es könne aber noch andere "kreative Wege" zur Unterstützung der Türkei geben.

Türkei als Basis der "Nordfront"
Das US-Militär ist den bisherigen Planungen zufolge auf die Türkei als Aufmarschgebiet angewiesen. US-Truppen sollen demnach auch über die rund 350 Kilometer lange türkisch-irakische Grenze vorrücken und so den Irak entwaffnen.

Sollten nun die Verhandlungen zwischen Washington und Ankara scheitern, müssten die US-Strategen ihre Militärpläne umschreiben. Gleichwohl drohten US-Militärs, dass die Türkei als Basis für eine "Nordfront" verzichtbar sei. Am Abend soll in den USA über die Entwicklung auf höchster Ebene beraten werden.

USA ersuchen NATO um Hilfe
Aus Furcht, der Irak könnte als Vergeltung die Türkei angreifen, hatten die USA auch die NATO um Schutz für den Bündnispartner ersucht. Hierzu hatte US-Vize-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz eine Liste mit militärischen Material vorgelegt, das die NATO-Saaten zur Verteidigung der Türkei bereitstellen sollten. Über diese Liste und die Planungsvorbereitungen war ein heftiger Streit entbrannt und hatte die NATO an den Rand einer tiefen Krise gebracht. Erst am Sonntag hatten sich die NATO-Partner auf einen Kompromiss geeinigt.

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