Kommentar
15:42 Uhr, 29.11.2007

Hohe Volatilität im kommenden Jahr

Nach Ansicht von Andreas Utermann, Chief Investment Officer von RCM, der Aktienplattform von Allianz Global Investors, steht 2008 ein deutlich schwierigeres Aktienjahr bevor als die Jahre zuvor. Zwar geht sein Haus vor dem Hintergrund solider Unternehmensdaten optimistisch ins neue Jahr, aber es sei mit einer noch höheren Volatilität zu rechnen. In einem Umfeld, in dem sich nach seiner Einschätzung Chancen und Risiken die Waage halten, steige die Bedeutung der Aktienselektion.

2007 war kein Jahr für schwache Nerven. Was zunächst als ein Problem im amerikanischen Immobilienmarkts begann, wuchs sich rasch zu einer internationalen Kreditknappheit aus und gipfelte in einem Ansturm auf eine mittelgroße britische Hypothekenbank. Utermann beschreibt die Situation Ende August bis Anfang September: „Das Szenario erinnerte an die 30er Jahre und passte nicht mehr in eine moderne Volkswirtschaft. Banken haben ihre Kreditvergabe untereinander eingestellt und Gerüchte über Schwierigkeiten großer Investment- und Geschäftsbanken dominierten den Markt. Einige Tage haben die Finanzmärkte den Atem angehalten und in einen finanziellen Abgrund geblickt.“ Begleitet wurde dieses Szenario von fallenden Aktienkursen und immer lauter diskutierten Sorgen über eine mögliche globale Rezession, ausgehend von den USA, gefolgt von einer Schuldendeflation.

Die dunklen Wolken aus 2007 werden sich 2008 nur langsam auflösen
Bereits am Ende des dritten Quartals stand wieder die Frage im Raum, warum die Wellen so hoch geschlagen waren. „Die Aktienmärkte sind wieder einmal in starkem Aufwärtstrend und liegen an oder sogar über den historischen Höchstmarken. Gerade aufstrebende neue Märkte, die von jeher die Hauptopfer von stärkerer Risikounfreudigkeit und Volatilität sind, schießen weit über ihre vorherigen historischen Höchststände hinaus.“, erläutert Utermann den Status Quo. Aber auch wenn nach dem Unwetter scheinbar wieder sehr schnell die Sonne scheint, ist seine Einschätzung für das kommende Jahr vorsichtig: „Nach einer langen Phase stetiger positiver Entwicklungen im Aktienbereich werden die Chancen und Risiken 2008 gleich verteilt sein. Damit werden wir uns weiterhin auf hohe Marktschwankungen gefasst machen müssen.“ Die Zentralbanken haben seiner Ansicht nach in einem ersten Schritt durch ihre geldpolitischen Maßnahmen wieder ein Grundvertrauen unter den Banken herstellen können. Aber konkrete Erkenntnisse zum Ausmaß der Finanzkrise verspricht sich Utermann erst, wenn Banken, Regulierungsbehörden und Abschlussprüfer einen Überblick über den tatsächlichen Wert ihrer forderungsunterlegten Wertpapiere (Asset-Backed Securities) und strukturierter Produkte haben. Bis dahin seien weitere Überraschungen in den nächsten sechs Monaten absehbar.

Bewährungsprobe der Abkopplungstheorie steht bevor
Grund zur Besorgnis bietet auch die Gewissheit einer längeren Sanierungsphase des amerikanischen Immobilienmarkts sowie das reale Risiko eines Konjunkturrückgangs in den USA mit entsprechenden Begleiterscheinungen in den nächsten zwei oder drei Quartalen. Ob sich die Entwicklung der Weltwirtschaft tatsächlich von den USA abkoppeln wird, wie es Theorien erwarten, wird sich konkret beweisen müssen. Nach Einschätzung Utermanns spricht vieles dafür, dass die die starken Konjunkturdaten von Wachstumsgiganten wie China und Indien eine leichte US-Schwäche abfedern können. Wenn auch der amerikanische Konsum in absoluten Zahlen nach wie vor dominiert, halten die aufstrebenden Märkte, insbesondere China, mit ihren Wachstumsquoten im Konsumbereich derzeit einen größeren Anteil am Wachstum des weltweiten Bruttosozialprodukts als die USA. Eine solide inländische Nachfrage und eine starke Industrieproduktion sind wichtige Punkte, die das beschleunigte Wirtschaftswachstum in der asiatisch-pazifischen Region begründen. In Indien erzielten beispielsweise sowohl der Industrie- als auch der Dienstleistungssektor ein Wachstum von über 10 Prozent.

Gezielte Aktienselektion in einem sensiblen Marktumfeld als strategischer AnsatzNeben der hohen Marktvolatilität hat sich laut Utermann nach der Subprimekrise zudem ein hochsensibles Umfeld etabliert, das von Misstrauen auch im Kommunikationsbereich gekennzeichnet ist: „Aussagen von Marktteilnehmern sind kritisch daraufhin zu prüfen, vor welchem Hintergrund und mit welchem Ziel sie getroffen wurden, um auf dieser Basis Entscheidungen treffen zu können. Damit steigt noch einmal mehr die Bedeutung der Einzelaktienauswahl im Rahmen des erfolgreichen Aktienmanagements. Die Markttoleranz bei Fehlentscheidung ist sehr gering und wird mit überdurchschnittlich hohen Abschlägen bestraft. Auf der anderen Seite bieten sich gerade sehr lukrative Einstiegsgelegenheiten.“

Quelle: Allianz Global Investors

Mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 900 Milliarden Euro ist Allianz Global Investors einer der größten Fondsmanager der Welt. Seit 2007 ist das gesamte Vermögensverwaltungsgeschäft der Allianz-Gruppe in Deutschland unter dem Dach von Allianz Global Investors vereint. Dazu gehört auch der im Jahr 1955 gegründete "Deutsche Investment Trust" (dit). Weltweit unterhält Allianz Global Investors mehr als 25 Standorte in allen wichtigen Wirtschafts- und Wachstumszentren.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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