Kommentar
16:16 Uhr, 02.01.2025

Helikoptergeld 2.0 für China?

Helikoptergeld ist den meisten seit der Finanzkrise ein Begriff. Inzwischen ist das Konzept ein geldpolitisches Standardinstrument. Die nächste Entwicklungsstufe kommt, vielleicht früher als man denkt.

2002 tauchte der Begriff Helikoptergeld zum ersten Mal in einer Rede von Ben Bernanke auf. Als Bernanke 2006 Notenbankchef wurde, dauerte es nicht lange, bis er von dem Konzept Gebrauch machen konnte. Großangelegte Käufe von Anleihen und anderen Wertpapieren waren zwar keine neue Erfindung, doch in den USA und Europa wurde von diesen gezielten Käufen viele Jahrzehnte lang kein Gebrauch gemacht.

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Helikoptergeld soll im Notfall eine wirtschaftliche Depression beenden. Das, was nach 2008 an Geld geschaffen wurde, war aber nicht jenes Helikoptergeld, welches Bernanke meinte, auch wenn es damals und heute so bezeichnet wird. Tatsächlich hatte das "Abwerfen" von Geld durch Anleihekäufe wenig Wirkung. Weder belebte es das Wachstum noch die Inflation oder den Konsum.

Das Problem: Die USA und andere Regionen befanden sich in einer Liquiditätsfalle. Zinsen waren am Nullpunkt und zusätzliches Geld wurde gehortet, anstatt es auszugeben oder zu investieren. Wenn Haushalte und Unternehmen Geld horten, egal, wie tief die Zinsen sind, hilft mehr Liquidität schlichtweg nicht.

Das erklärt, weshalb es entgegen aller Vorhersagen nach 2008 nicht zur Inflation kam. Wird Geld gehortet und nicht ausgegeben, wirkt es auf die Wirtschaft nicht. Daraus wurde gelernt. Im ersten Pandemiejahr verteilte die US-Regierung Schecks and die Bevölkerung. Geschenktes Geld gibt man leichter aus. Genau das geschah und kommt Bernankes Helikoptergeld näher.

Geld muss unter die Leute gebracht werden. 2020 kam das Geld vom Staat. Gesponsert wurde es von der Notenbank. Powell stellte sich vor die Kameras und sagte, dass jetzt nicht die Zeit sei, sich um Defizite Sorgen zu machen. Übersetzt hieß es, die Notenbank betreibt bewusst Staatsfinanzierung.

China versucht eine Art Helikoptergeld mit gezielter Konsumankurbelung durch Prämien und Schecks. Der Erfolg ist bescheiden. Das ist ein Problem. Viele Anleger warten darauf, dass die Regierung die Geldschleusen endlich weit öffnet. Als eine Art Beweis, dass der Moment kommen wird, sehen Anleger das Defizitziel für 2025, welches bei 4 % liegt. So hoch war es sehr, sehr lange nicht.

Die tatsächlichen Defizite sind schon seit Langem nicht mehr an die Ziele gebunden. Seit 2020 sind die Defizite höher als in den USA. Von Zurückhaltung kann keine Rede sein. Wenn selbst sechs Jahre mit Defiziten von mehr als 5 % kein Wachstumsfeuerwerk gezündet haben, wird es auch ein Defizit von 9 % nicht (siehe Grafik).

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China kann die Zinsen zwar noch senken, allerdings sind die Zinsen in den meisten Fällen bereits niedrig. Die Zinspolitik ist ohnehin unübersichtlich. China steuert mit nicht weniger als sechs Zinssätzen die Wirtschaft. Das hat in den letzten Jahren wenig genutzt und in einer Liquiditätsfalle helfen Zinssenkungen nicht.

Was bleibt, ist Helikoptergeld 2.0 oder Helikoptergeld im Sinne des Erfinders. In diesem Fall übernimmt die Notenbank das Ausstellen der Schecks an die Bevölkerung. Einen digitalen Yuan gibt es bereits. Die Notenbank könnte Haushalten auf eigene Konten Geld gutschreiben, welches innerhalb einer bestimmten Zeit verfällt. Wenn selbst dann der Konsum nicht anspringt, ist China nicht mehr zu helfen. Geldgeschenken für den Konsum hat aber noch niemand widerstanden. Es ist möglicherweise der schnellste Ausweg aus der Misere und China könnte Bernankes Vision vom Helikoptergeld verwirklichen.

Dass China zu dieser Maßnahme greift, hat vielleicht keine sehr hohe Wahrscheinlichkeit. Da es eines der wenigen verbleibenden Instrumente ist, um die Misere zu beenden, könnte es die Überraschung des Jahres werden.

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