Hat sich der Rentenmarkt bereits gedreht?
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Steigende Renditen bestimmten in den ersten sechs Monaten des Jahres die Entwicklung an den europäischen Rentenmärkten. In diesem Zeitraum erhöhte sich die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen von 3,3 auf 4,1 Prozent. Besitzer von bereits im Umlauf befindlichen Anleihen mussten vor diesem Hintergrund teilweise schmerzliche Verluste hinnehmen, die ihre laufenden Zinserträge überstiegen. Auf Indexebene verloren europäische Rentenpapiere gemessen am JPM Europa 2,6 Prozent. Zur Jahresmitte setzte am Rentenmarkt ein Richtungs-wechsel ein. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen verringerte sich seitdem um rund 30 Basispunkte auf aktuell 3,8 Prozent. In diesem Zuge konnten Rentenmarktinvestoren ihre Verluste wieder wettmachen. Die Jahresperformance des repräsentativen JPM Europa liegt per 31. August 2006 bei 0,0 Prozent.
Dies bestätigt auch unsere früheren Aussagen, wonach höhere Zinsen aus Sicht des Rentenmarktinvestors nicht per se negativ zu beurteilen sind. Speziell Neueinsteiger können sich diese höhere Verzinsung durch ein Engagement in entsprechenden Fonds längerfristig sichern.
Für Anleger stellt sich nun die Frage, ob nochmals mit einer Rückkehr zu den alten Renditehochs zu rechnen ist oder ob sich der jüngste Abwärtstrend fortsetzt. Dem weiteren Verlauf der Konjunktur sowie der Inflationsentwicklung und den Reaktionen der Europäischen Zentralbank auf Veränderungen in den makroökonomischen Bedingungen fällt in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle zu. Zudem dürfte auch die Renditeentwicklung am amerikanischen Bondmarkt nicht ohne Folgen für den hiesigen Markt bleiben.
Das Konjunkturumfeld im September 2006
Die Konjunktur im Euroraum läuft derzeit auf Hochtouren. Im zweiten Quartal 2006 nahm die Wirtschaftsleistung verglichen mit dem Vorjahr um 0,9 Prozent zu. Würde auch hierzulande die in den USA gebräuchliche Methode der Annualisierung angewendet, bei der das Quartalsergebnis aufs Jahr hochgerechnet wird, ergäbe sich daraus eine Wachstumsrate von fast vier Prozent. Damit ist die konjunkturelle Dynamik in den Ländern der Eurozone derzeit deutlich höher als in den Vereinigten Staaten, wo die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal lediglich um 2,9 Prozent zunahm.
Der Konjunkturaufschwung wird inzwischen auch von der Binnennachfrage getragen, nachdem zunächst vor allem von der Exporttätigkeit Impulse ausgingen. Deutschland als größte Volkswirtschaft des Euroraums hat daran einen nicht unerheblichen Anteil. Selbst am Arbeitsmarkt ist die wirtschaftliche Belebung inzwischen zu spüren. Im Frühjahr sank die Arbeitslosenquote für die gesamte Eurozone erstmals seit längerem wieder auf unter acht Prozent.
Allerdings zeichnen sich am noch strahlenden Konjunkturhimmel erste kleine Wölkchen ab. Wichtige Frühindikatoren wie der Ifo-Geschäftsklimaindex oder die Einkaufsmanagerindizes scheinen ihren Höhepunkt im gegenwärtigen Zyklus bereits überschritten zu haben, wenngleich sie immer noch hohe Werte aufweisen. Dies deutet darauf hin, dass die Wachstumsdynamik zum Jahresende etwas nachlassen könnte. Nahezu alle Konjunkturprognosen gehen jedenfalls davon aus, dass im kommenden Jahr der Aufschwung etwas an Fahrt verlieren könnte, zumal speziell in Deutschland von der anstehenden Mehrwertsteuererhöhung und weiteren Abgabensteigerungen Bremswirkungen ausgehen dürften. Für dieses Jahr sehen wir eine BIP-Zunahme für den Euroraum von zweieinhalb Prozent, für nächstes Jahr von gut zwei Prozent, wobei vor allem der Konjunkturverlauf in den USA für ein Moment der Unsicherheit sorgt. Kommt es dort zur viel zitierten weichen Landung, blieben die Rückwirkungen auf die in robuster Verfassung befindliche Euroland-Konjunktur vermutlich überschaubar. Anders sähe es aus, wenn die US-Ökonomie in eine Rezession geriete, wonach es gegenwärtig aber nicht aussieht.
EZB hält an Zinserhöhungskurs fest
Die Europäische Zentralbank hat im Dezember 2005 erstmals wieder die Leitzinsen angehoben. Daraufhin hat sie in regelmäßigen Schritten diesen Weg fortgesetzt. Seit der letzten Erhöhung am 3. August liegt der maßgebliche Hauptrefinanzierungssatz nunmehr bei 3,0 Prozent. Doch das Ende der zinspolitischen Fahnenstange ist damit immer noch nicht erreicht. Im Einklang mit den Geldmarktteilnehmern rechnen wir damit, dass die
Währungshüter bis Jahresende noch zwei weitere Zinserhöhungen um jeweils 25 Basispunkte auf dann 3,5 Prozent vornehmen werden.
Mit dieser geldpolitischen Normalisierung nach Jahren der Niedrigzinspolitik reagieren sie auf die nach wie vor über dem EZB-Zielwert von 2,0 Prozent liegende Inflationsrate sowie ein überdurchschnittliches Geld- und Kreditmengen-wachstum. Die Teuerung befindet sich gegenwärtig bei 2,3 Prozent, wenngleich die nachgebenden Ölpreise hier zunächst etwas Druck nehmen dürften. Für Entwarnung ist es allerdings noch zu früh. Die jüngsten EZB-Projektionen gehen davon aus, dass die Inflation auch im kommenden Jahr wieder die bei zwei Prozent liegende Latte reißen wird. Die Notwendigkeit für eine weitere Straffung der geldpolitischen Zügel bleibt damit nach Ansicht der EZB bestehen. Nicht anders sind die jüngsten Äußerungen von Trichet und seinen Kollegen aus dem Zentralbankrat zu deuten. Durch das günstige konjunkturelle Umfeld wird den Notenbankern dabei das geldpolitische Geschäft erleichtert. Die Gefahr, dass die Konjunktur durch einen höheren Ausleihesatz abgewürgt wird, besteht gegenwärtig nach allgemeiner Einschätzung nicht. Am Markt wird deshalb auch darauf spekuliert, dass selbst bei einem Hauptrefinanzierungssatz von 3,5 Prozent der Zinsgipfel noch nicht erreicht ist.
Fast horizontale Zinskurve
Am kurzen Ende der Zinskurve spiegelt sich die EZB-Politik deutlich wider. Die sehr zinssensitiven zweijährigen Bundesanleihen rentieren aktuell bereits mit 3,6 Prozent - verglichen mit 2,9 Prozent zu Jahresbeginn -, was eine sehr ansehnliche Verzinsung darstellt. Zwischen dem Zweijahres- und Zehnjahresbereich beträgt die Zinsdifferenz somit inzwischen weniger als 20 Basispunkte. Eine nahezu horizontale Zinskurve ist die Folge. Und daran dürfte sich auch so schnell nichts ändern. Das kurze Ende wird durch die fortgesetzte Zinserhöhungspolitik der EZB bestimmt, das lange Ende steht unter erheblichem Einfluss des US-Rentenmarktes. Da die Konjunktur dort bereits am Abkühlen ist und die Inflationssorgen damit geringer werden, haben sich die Renditen in den letzten beiden Monaten erheblich von ihrem Zwischenhoch bei 5,2 Prozent entfernt. Aktuell rentieren zehnjährige Treasuries nur noch mit 4,7 Prozent. Eine Umkehr dieser Bewegung ist nicht zu erwarten, zumal die Federal Reserve vermutlich keine weitere Zinserhöhung vornehmen wird.
In Anbetracht dessen erscheint uns ein abermaliger steiler Renditeanstieg in den längeren Laufzeiten eher unwahrscheinlich. Vielmehr sehen wir die Zehnjahresrenditen in den kommenden Monaten in etwa auf dem gegenwärtigen Niveau tendieren. Auch in der längerfristigen Perspektive erscheint uns dieses Niveau attraktiv. Der EZB sind nachhaltige Erfolge im Kampf gegen die Inflation zuzutrauen, sodass zukünftige starke Renditeanstiege unterbunden werden sollten. Zudem sind Wachstumsraten von über zwei Prozent im Euroraum nicht dauerhaft zu erwarten. Vor diesem Hintergrund stellt eine Zehnjahresrendite von knapp vier Prozent aus unserer Sicht durchaus eine Einstiegsgelegenheit dar, die von längerfristig orientierten Anlegern wahrgenommen werden sollte.
Quelle: Union Investment
Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 140,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende November 2005. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
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