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11:24 Uhr, 27.11.2023

Habeck warnt vor Wachstumseinbruch und hält an Förderungsvorhaben fest

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat vor einem Wachstumseinbruch infolge des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts gewarnt und eine Fortsetzung der milliardenschweren staatlichen Förderung von geplanten Investitionsprojekten gefordert. Man benötige schnell Klarheit für die Projekte und für den Bundeshaushalt 2024. Unterstützung erhielt er nach dem Treffen mit den Energie- und Wirtschaftsministern der Länder in Berlin von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) und Sachsen-Anhalts Energieminister Armin Willingmann (SPD).

Die Minister berieten über Konsequenzen aus dem Karlsruher Urteil, das die Übertragung von milliardenschweren Kreditermächtigungen aus der Corona-Pandemie auf den Klima- und Transformationsfonds (KTF) des Bundes für unzulässig erklärt hat. Dadurch fehlen alleine aus diesem Topf 60 Milliarden Euro für die kommenden Jahre. Die Bundesregierung will zudem wegen des Urteils den Wachstumsstabilisierungsfonds (WSF) zum Ende des Jahres schließen, wodurch weitere Gelder fehlen.

"Alleine durch den Wegfall der 60 Milliarden im KTF erwarten wir einen Verlust an Wachstum im nächsten Jahr von einem guten halben Prozentpunkt. Das geht in 25 und 26 gegebenenfalls abgeschwächt weiter, sodass tatsächlich die Substanz der Volkswirtschaft Deutschland hier verteidigt werden muss", sagte Habeck mit Blick auf die darauffolgenden Jahre.

Er warb darum, dass alle Investitionsprojekte, die mit dem Klima- und Transformationsfonds erarbeitet wurden, "auch möglich gemacht werden sollen". Unternehmen, die bereits staatliche Förderbescheide bekommen hätten, müssen Klarheit haben, dass diese Förderung auch fließen werde. Man müsse nun "schnell eine Lösung finden", damit wieder weitere Förderbescheide ausgestellt werden könnten. Denn viele Unternehmen hätten bereits Vorkosten für ihre Projekte.

"Da läuft der Kostenposten ja auf, das heißt, der Handlungsdruck ist immanent", so Habeck. Man arbeite in der Regierungskoalition in großer Gemeinsamkeit an Lösungen. Er appellierte für eine parteiübergreifende Lösung auf Bundes- und Landesebene. Konkrete Lösungsmöglichkeiten für die Haushaltslücke nannte er nicht.

   Aiwanger hält Projekte für unverzichtbar 

Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger machte sich ebenfalls für eine schnelle Lösung stark und appellierte für eine Zusammenarbeit von Bund und Länder. Ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse im kommenden Jahr oder eine mögliche Reform der Regel sowie Kürzungen beim Bürgergeld schloss er nicht aus.

"Wir können auf diese Projekte nicht verzichten", sagte Aiwanger. Nun müssten demokratische Prozesse in Gang gesetzt werden zwischen Bund und Ländern und zwischen den Ressorts, wie man das Geld für die Projekte bereitstellen könne.

"Wir als Wirtschaftsminister stehen auf dem Standpunkt: Unserer Projekte sind nicht Spaßprojekte, sondern essenziell wichtig und jetzt müssen alle Beteiligten den Weg finden, dieses Geld zu organisieren" so Aiwanger. Er plädierte zudem "zeitnah" für ein Treffen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidenten, um über die Finanzierung der Investitionsprojekte zu beraten.

Sachsen-Anhalts Energieminister Willingmann sprach sich für ein Aussetzen und eine generelle Reform an der Schuldenbremse aus. "Die Schuldenbremse ist mal für eine andere Situation konzipiert werden. Das rechtfertigt meines Erachtens jetzt eine tiefgreifende Diskussion", sagte er.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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