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08:36 Uhr, 06.08.2018

Grünes China: Die zentrale Rolle der Gashersteller

Für Unternehmen, die vom wachsenden Gasverbrauch Chinas profitieren, ergeben sich Jupiter-Fondsmanager Colin Croft zufolge große Chancen. Dazu zählten chinesische Gasproduzenten, aber auch Unternehmen aus Russland.

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London (GodmodeTrader.de) - Während unserer jüngsten Reise nach China standen die dortigen Energie- und Petrochemieunternehmen im Fokus. Mindestens ebenso beeindruckend war allerdings Chinas anhaltender Wandel hin zu einer verbraucherorientierten Wirtschaft, die stärker als in der Vergangenheit auf Umweltfragen Rücksicht nimmt. Die Frage ist, welche Chancen sich aus diesem Trend für Anleger ergeben, wie Colin Croft, Fondsmanager im Jupiter Emerging Markets Team, in einem aktuellen Marktkommentar schreibt.

Die verfügbaren Einkommen in China stiegen im hohen einstelligen Bereich. Das führe wiederum zu ähnlichen Wachstumsraten bei Petrochemikalien, die zur Herstellung von Kunststoff benötigt würden, der für einen großen Teil der Konsumgüter und ihrer Verpackungen benötigt werde. Gleichzeitig hätten neue Umweltmaßnahmen die lokale Versorgung eingeschränkt. Die chinesische Regierung nehme die Säuberung der Industrie ernst: Beamte hätten mittlerweile von der Zentralregierung festgelegte Umweltkennzahlen zu erfüllen, was ihre persönlichen Anreize erhöhe, Vorschriften auch wirklich durchzusetzen, heißt es weiter.

„In der Vergangenheit wurde hierüber zugunsten von Wachstumszielen gerne hinweggesehen. In jüngster Zeit gab es bereits einige Beispiele von Chemieanlagen, die gegen Umweltschutzvorschriften verstoßen und daraufhin in den staatlichen Medien öffentlich kritisiert wurden. Ihre Produktion wurde dann solange eingestellt, bis die Vorgaben erfüllt wurden. Der Bürgermeister der betroffenen Stadt wurde außerdem zum Rapport nach Peking einberufen. Seit Januar werden zudem die Schadstoffemissionen chinesischer Chemieunternehmen besteuert“, so Croft.

Darüber hinaus habe China im vergangenen Jahr die Einfuhr von Kunststoffabfällen eingestellt. Die Verarbeitung des Materials habe zu viel Umweltverschmutzung verursacht und die Nachfrage nach nicht recycelten Kunststoffen erhöht. Etwa drei bis vier Prozent der weltweiten Nachfrage entfielen auf China. Zu guter Letzt würden stadtplanerische Vorgaben angepasst, sodass sich Chemieanlagen nicht mehr in dicht besiedelten Wohngebieten befinden dürften. Das erzwinge deren Schließung oder die Verlagerung älterer innerstädtischer Anlagen, heißt es weiter.

„Die chinesische Regierung unternimmt außerdem größere Anstrengungen, um die Luftverschmutzung zu bekämpfen. Verbraucher sollen dazu ermutigt werden, mehr auf Gas zu setzen. Derzeit wird der Energiemix immer noch von Kohle dominiert und macht über 60 Prozent des Primärenergieverbrauchs aus. Die Wohnraumheizung ist der schlimmste Verschmutzer, da in Haushaltsöfen Kohle auf niedrigem Niveau verbrannt und ohne Abgasaufbereitung entlüftet wird. Obwohl nur fünf Prozent des Kohleverbrauchs hierauf entfallen, sorgen die Haushaltsöfen für über 40 Prozent der Feinstaubbelastung. Die Umstellung von Kohle- auf Gasheizung hat daher höchste Priorität“, so Croft.

Der Gasverbrauch wachse von einem niedrigen Niveau aus. Im Jahr 2017 habe China etwa halb so viel Gas wie Europa verbraucht, pro Kopf sei es etwa fünf- bis sechsmal weniger gewesen. Von 240 Milliarden Kubikmetern im Jahr 2017 solle der Gasbedarf bis 2020 auf 323 Milliarden Kubikmeter steigen. Dies würde immer noch nur ca. zehn Prozent des gesamten Energiemixes ausmachen, also weit weniger als in anderen Ländern. Damit bleibe noch viel Raum für weiteres Wachstum in der Zukunft. Für Unternehmen, die von diesem Trend profitierten, ergäben sich hier logischerweise große Chancen. Dazu zählten chinesische Gasproduzenten, aber auch Unternehmen mit Sitz in Ländern wie Russland, die verflüssigtes Erdgas nach China verkauften, heißt es weiter.

„Sicher: Gas ist im Verhältnis zu Kohle deutlich teurer, pro Energieeinheit etwa dreimal so viel. Das bedeutet, dass Regulierungsmaßnahmen und Subventionen, die die Kosten für den Endverbraucher im Rahmen halten, auch in den kommenden Jahren wichtig bleiben werden. Einige dieser Kosten werden von der Regierung getragen. In der Provinz Hebei z.B. übernimmt die Regierung 70 Prozent der Kosten für die Installation von Gasheizungen und subventioniert über ein Drittel des Gaspreises für die Winterheizung“, so Croft.

Aber auch Unternehmen müssten einen Teil der Last durch regulierte Preise auffangen. Etwas mehr als zwei Drittel des Gases in China werde zu regulierten Preisen verkauft, wobei marktbasierte Preise nur für nicht-konventionelle Mengen, d.h. Gas aus Erdgasspeicherung, Flüssigerdgas und ähnliches gelten würden. Die Frage, wie sich die Gesamtrechnung für den erhöhten Gasverbrauch aufteile und wie sich dies ändern werde, sei daher in Zukunft eine wichtige Determinante für die Rendite, heißt es weiter.

„Es ist davon auszugehen, dass man sich schrittweise zu einer stärker marktorientierten Preisgestaltung entwickelt. Die Regulierungsbehörden stehen vor der Aufgabe, die Interessen der Verbraucher mit der notwendigen Angebotsausweitung in Einklang zu bringen. Da die verfügbaren Einkommen in China jährlich um etwa sechs Prozent steigen, gibt es aber Spielraum für höhere Preise, was sowohl den Lieferanten als auch den Händlern ermöglicht, eine angemessene Rendite auf das investierte Kapital zu erzielen. Für die Investoren wird es entscheidend sein, sich auf diejenigen Unternehmen zu konzentrieren, bei denen die Ertragserwartungen realistisch und die Bewertungen angemessen sind“, so Croft.

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Über den Experten

Tomke Hansmann
Tomke Hansmann
Redakteurin

Nach ihrem Studium und einer anschließenden journalistischen Ausbildung arbeitet Tomke Hansmann seit dem Jahr 2000 im Umfeld Börse, zunächst als Online-Wirtschaftsredakteurin. Nach einem kurzen Abstecher in den Printjournalismus bei einer Medien-/PR-Agentur war sie von 2004 bis 2010 als Devisenanalystin im Research bei einer Wertpapierhandelsbank beschäftigt. Seitdem ist Tomke Hansmann freiberuflich als Wirtschafts- und Börsenjournalistin für Online-Medien tätig. Ihre Schwerpunkte sind Marktberichte und -kommentare sowie News und Analysen (fundamental und charttechnisch) zu Devisen, Rohstoffen und US-Aktien.

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