Kommentar
17:26 Uhr, 04.03.2005

Großaktionäre hauen auf die Pauke

Mit der Auflösung der Deutschland AG haben Investoren bedeutende Aktienpakete an deutschen Konzernen erwerben können.

Sie fordern nun höhere Renditen und Mitsprache bei strategischen Entscheidungen. Jüngstes Beispiel ist der Übernahmeversuch der Londoner Börse durch die Deutschen Börse. Zwei Hedgefonds und der in Deutschland aktive US-amerikanische Fondsmanager Fidelitiy fordern lauthals, die Übernahme zu unterlassen und die Cashreserven an die Aktionäre auszuzahlen. Es ist das erste mal, dass Großaktionäre, die nicht aus Deutschland stammen, öffentlichkeitswirksam in die Strategie eines deutschen börsennotierten Unternehmens eingreifen.

Auch ein deutscher Asset Manager haut künftig medienwirksam auf die Pauke. Auf der Publikumsfondsseite hat sich der Allianz-Konzern dazu entschlossen, das Abstimmungsverhalten seines Vermögensverwalters dit am Ende der Hauptversammlungssaison publik zu machen. Fondsanteilsinhaber und die Öffentlichkeit können einsehen, wie die Asset Manager über die Vergütung von Vorständen oder Anträge von Kleinaktionären abgestimmt haben. Ein gefundenes Fressen für die Medien und ein gelungener PR-Coup. Ob die Veröffentlichung der Abstimmungsergebnisse die Kapitalrendite eines Unternehmens steigert, bleibt fraglich. Wahrscheinlich sind informelle Gespräche wirkungsvoller.

Der Einwand, dass es doch einfacher sei, Unternehmen mit schlechter Unternehmensführung (Corporate Governance) von den Kauflisten zu streichen, ist zwar nachvollziehbar. Doch sitzen vor allem deutsche Kapitalanlagegesellschaften zwangsläufig mit bei deutschen Börsengesellschaften im Boot. Grund dafür sind die bei uns populären Deutschlandfonds. Sie alle haben den DAX als Vergleichsindex und ihn gilt es zu schlagen. Ab einem bestimmten Fondsvolumen sind Asset Manager praktisch gezwungen, Siemens Aktien zu halten, weil sie die Benchmark zumindest teilweise nachbilden müssen: Egal, ob sie von Deutschlands größtem Industriekonzern überzeugt sind oder nicht. Das Fondsvolumen und die Benchmark zwingen den Fondsmanager in Titel, die er eigentlich nicht besitzen will. Er kann einzig durch eine Untergewichtung der Siemens-Aktie im Portfolio sein Missfallen ausdrücken.

Aktionärsschützer applaudieren die neue Transparenzinitiative aus dem Hause Allianz. Konkurrenten argumentieren mit Kosten gegen die Publikationen und sehen keinen Anlegernutzen. Es scheint, dass sie von der Transparenzoffensive der Allianz Dresdner Global Investors ein wenig überfahren worden sind. Pikant dabei ist, dass die Initiative gerade von der Allianz kommt, dem Hauptakteur im deutschen Überkreuzbeteiligungsgeklüngel. Gerade der Münchner Versicherer hat seine Industriebeteiligungen in Deutschland verstärkt abgebaut. Und das zu Preisen, die weit unter den Börsenhöchstwerten der Gesellschaften liegen. Die Erfahrungen in Deutschland - und wahrscheinlich weltweit - legen nahe, dass weder Transparenz noch langjährige Großaktionäre vor Missmanagement schützen.

Quelle: Morningstar Deutschland

Die Aufgabe der Fonds-Ratingagentur Morningstar ist es, leicht zugängliche Informationen und Anwendungen anzubieten um den Anlegern eine objektive Hilfe zu den mehr als 6.000 in Deutschland zugelassen Fonds zu geben. Als Teil des europäischen Netzes lancierte Morningstar seine Dienste in Deutschland am 23.05.2001 unter www.morningstarfonds.de

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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