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00:13 Uhr, 23.03.2001

Greenspan wird kritisiert

Die Kritik um und an FED-Chef Alan Greenspan ist in den vergangenen Wochen immer lauter geworden.

Heute meldete sich mit dem Chefökonomen und Vizepräsidenten der FED-Bank von Dallas, Michael Cox, ein Mitglied aus den eigenen Reihen zu Wort, der Greenspan und seine Zinspolitik scharf kritisierte.

Auf die Frage, ob es in nächster Zeit weitere Zinssenkungen geben werde, antwortete Cox:
"Hört darauf, was die Notenbanker des Offenmarktausschusses sagen. Ich will nicht behaupten daß die Zinsen in nächster Zeit fallen werden, aber allem Anschein nach werden sie es, das scheint zu offensichtlich zu sein, achtet man auf die Worte von Greenspan und Co", erklärte er.

Er verwies darauf, daß er keinen genaueren Einblick in die Entscheidungsprozesse um Alan Greenspan hätte und er nicht über Insiderinformationen verfüge. Dennoch sei es offensichtlich, daß Greenspan plane, die Zinsen in nächster Zeit weiter abzusenken.

Ein großer Fehler sei es aus seiner Sicht, den Menschen heute schon Ausblicke über die künftige Zinsentwicklung zu geben. Gerade das Inaussichtstellen weiterer Zinssenkungen würde wichtige Investitionsentscheidungen und Geldströme zurückhalten, meinte Cox. Die Verbraucher und Investoren würden ihre Käufe so lange zurückhalten, bis das Zinsniveau weiter gefallen ist- und dies gehe voll zu lasten der Wirtschaft und vor allem der Börse.

"Jeder der sich an den Finanzmärkten auskennt weiß doch genau was in einer solchen Situation, wenn es offensichtlich scheint daß die Zinsen fallen, zu tun ist: Nämlich Aktien zu verkaufen und auf Anleihen umzusteigen", kritisierte Cox. "Das ist mit ein Grund für den heftigen Kursrutsch an den Märkten. Mittelfristig wird es die Märkte austrocknen, und das sollten wir zu verhindern wissen", meinte der Ökonom.

"So lange wir uns auf diese Weise weiter ein Bein stellen, werden die Aktien weiter einbrechen. Sie werden erst einen Boden finden, wenn die Zinsen ihren Boden gefunden haben. Dann könnte es aber zu spät sein", verwies er auf das rapide sinkende Vertrauen der Anleger in die Märkte.

Sogar aus den vermeintlich sichersten Häfen des Dow Jones sind am Donnerstag die Anleger geflüchtet, teils um verbleibende Gewinne zu retten, teils um in den Hightechmarkt umzusteigen.

Geldmanager und Strategien zeigen sich zunehmend der Meinung, daß die Techaktien so stark unter die Räder gekommen sind, daß sie aktuell einen höheres Preis-Leistungs-Verhältnis böten als konjunkturresistente und solide Aktien, die die einzigen Gewinner der letzten Wochen waren.

Dennoch sollte der Investor nach überwiegender Meinung gerade in einer Zeit unsicherer Konjunkturprognosen die defensiven Aktien nicht aus seinem Portfolio entfernen. Vielmehr halten es Fondsmanager für angemessen, die Beimischung der Hightechs in den entsprechenden Portfolios etwas zu erhöhen, wenn möglich zu Lasten des Cashanteils.

"Die Investoren zeigen sich langsam wieder auf der Käuferseite des Hightechmarktes", glaubt Ray Hirsh, der 270 Milliarden $ verwaltet. "Wenn man die Techwerte in letzter Zeit untergewichtet hat, sehe ich aktuell eine gute Chance, diese wieder aufzustocken".

Das taten die Investoren am Donnerstag. Während der Dow Jones nur durch die Schlußrallye vor einem Eintritt in den Bärenmarkt, von dem man ab einem 20%-Indexverlust spricht, gerettet werden konnte, ein Erreichen der Pluszone aber nicht mehr schaffte, konnte der Nasdaq ordentlich zulegen.
In erster Linie waren es Branchen, die in den letzten Tagen besonders unter die Räder gekommen waren, die von der Erholung profitierten. So stieg der Philadelphia-Halbleiterindex um mehr als 12%, während vor allem die Biotechs weiter schwächelten.

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