Analyse
14:35 Uhr, 10.06.2006

"Greenspan ist uns lieber"

Ich weiß nicht ob sich nicht so mancher Marktteilnehmer jetzt schon Alan Greenspan zurückwünscht. War der weise Mann doch regelmäßig nebulös, aber auf seine Weise stringent und verlässlich. Bernanke dagegen hat in seiner bisher kurzen Amtszeit Jojo mit seinen Aussagen gespielt. Jetzt sieht es doch wieder nach einer weiteren Zinserhöhung Ende Juni aus. Trotz des sich abschwächenden Wirtschaftswachstums müsse die FED ein wachsames Auge auf die Inflation haben. Fragt sich natürlich, was steigende Zinsen denn anderes erreichen können außer einer Abkühlung der Wirtschaft, was aber doch bereits im Ansatz passiert. Die Theorie, dass steigende Zinsen die Inflation eindämmen können beruht ja schließlich auf diesem Effekt (nachlassende Nachfrage = stagnierende oder fallende Güterpreise) – und der Verbilligung von Importen, sofern die Währung durch die hohen Zinsen steigt.
Bleiben wir beim Thema Zinsen, denn es ist derzeit absolut dominant. Die Madrider Sitzung des EZB-Rates findet morgen statt. Konsenserwartung ist eine Anhebung um 0,25% auf dann 2,75% Leitzins. Und jetzt mehren sich die Zinsflüsterer, die sagen das müsse dann auch erstmal das Ende sein. Die Argumente sind durchaus einleuchtend. Denn die Euro-Stärke der letzten Zeit wirkt auf jeden Fall über die Importe inflationsdämmend. Die Amerikaner würden sich wahrscheinlich ohnehin fragen, was an diesem „Wirtschaftswachstum“ denn gedämmt werden soll. Während die US-Wirtschaft im ersten Quartal 2006 um annualisiert über 5% in einem Wahnsinnstempo wuchs, waren es in der Euro-Zone keine 2%. Wir haben uns anscheinend in Europa und besonders Deutschland schon so an das chronische Unterwachstum gewöhnt, dass wir bzw. bestimmte Entscheidungsträger in der EZB Panik bekommen, wenn es mal in „gewöhnliche“ Bahnen gerät. Hinzu kommt die traditionell sehr einseitige Ausrichtung der Zentralbank auf die Inflation, während die FED durchaus auch zwischendurch den Fokus auf die kurzfristigen Notwendigkeiten der Wirtschaft legt. 2% ist das Zauberwort in Europa. 2% ist die Obergrenze der für EZBler akzeptablen Inflation. Und recht viel stärker als 2% sollte die Wirtschaft langfristig nicht wachsen, um die gewünschte Inflationsrate nicht zu gefährden.
Wenn ich mir die Märkte weltweit derzeit ansehe, kann ich zum Thema Inflation jedenfalls eines sicher sagen: Papiergeld ist temporär wieder wertvoller geworden. Edelmetalle und Aktien sind auf dem Rückzug, die Vermögenspreisinflation erlebt gerade einen heftigen Dämpfer. Und die Vergangenheit hat immer wieder gezeigt, dass dies Vorboten eines realen Abschwungs sind.

Viel Spaß beim Lesen dieser Ausgabe wünscht Ihnen
Daniel Kühn

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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