Kommentar
11:15 Uhr, 07.03.2013

Global Trends: Die Krise einfach auf andere abwälzen

In Japan halten alte Traditionen der Samurai Einzug in die moderne Wirtschaftspolitik. Es ist die Geschichte des Samurai Mori Motonari, der seine drei Söhnen bat, jeweils einen Pfeil zu zerbrechen, was jedem gelang. Dann sollten sie drei Pfeile auf einmal zerbrechen, was keinem gelang. Die Botschaft: Haltet zusammen und ihr werdet nicht so schnell gebrochen werden.

Die drei Pfeile des Motonari halten jetzt Einzug in die Wirtschaftspolitik der "Abenomics" - der neue japanische Premier Shinzu Abe setzt auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik, tiefgehende Wirtschaftsreformen sowie neue Konjunkturprogramme, um für sofortiges Wachstum zu sorgen.

Dem Ausland schmeckt der japanische Kurs immer weniger.

Li Yining, ein Professor an der Universität Peking, der gemeinsam mit dem neuen chinesischen Premier Li Keqiang ein Buch schrieb, äußert sich heute Morgen kritisch gegenüber der lockeren Geldpolitik anderer Länder. „China billigt die übermäßig lockere Geldpolitik einiger Länder nicht.“ Er fährt fort und sagt: „Damit wird nur versucht, die Krise auf andere abzuwälzen.“ Ob er damit Japan meinte?

Der obige Chart zeigt den Wechselkurs des chinesischen Yuan gegenüber dem japanischen Yen. Der Yuan wertete zum Yen seit Mitte September 2012 um 24% auf. Ein Tagesschlusskurs oberhalb von 15,166 JPY provoziert Reaktionen seitens der chinesischen Geldpolitik.

Gegenüber der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua äußerte sich der Gouverneur der chinesischen Zentralbank PBOC heute Morgen wie folgt: China ist „vollständig vorbereitet“ auf einen Währungskrieg, sollte einer beginnen. „Wir werden unsere hohen Währungsreserven nutzen um nach außen zu gehen und es im Ausland zu investieren oder mehr aus dem Ausland zu importieren.“

Obwohl Abes Wirtschaftspolitik im Vorfeld des G20-Gipfels in Moskau Mitte Februar gebilligt wurde, gibt es natürlich auch kritische Stimmen, etwa von dem Präsidenten der Federal Reserve Bank von Dallas, Richard Fisher. Er spricht aus, was eigentlich offensichtlich ist: Abe habe effektiv die eigentlich unabhängige japanische Notenbank BoJ „politisiert“, „was mich persönlich beunruhigt,“ sagt Fisher. Auch der USD gewann gegenüber dem japanischen Yen seit Mitte September 2012 deutlich an Wert. Ein Tagesschlusskurs oberhalb 94,46 JPY würde eine weitere Aufwertung des USD wahrscheinlich werden lassen:

Südkorea meldet einen massiven Rückgang seiner Exportaktivität im Februar um 8,6% gegenüber dem Vorjahr. Das stark exportabhängige Land beginnt also offenbar unter dem neuen politischen Kurs Japans zu leiden. Der koreanische Won wertete gegenüber dem japanischen Yen in den vergangenen 30 Jahren massiv ab, was maßgeblich begünstigte, dass südkoreanische Produkte von Kia, Samsung oder Hyundai zur Weltspitze aufsteigen konnten:

Ist damit jetzt Schluss? Seit Mitte September 2012 wertete der südkoreanische Won um fast 30% gegenüber dem japanischen Yen auf. Das freut den japanischen Aktienmarkt. Die Analysten dort schrauben dort die Gewinnerwartungen für ihre Aktien fast im Tagestakt nach oben. Beim Nikkei 225 Index könnte man daher sagen: Totgesagte leben länger. Der Index hat Potenzial bis 14601,27 Punkte (+21%) sowie darüber sogar bis 18300,39 Punkte (+50%). Honda, Mazda, Mitsubishi, Nissan - das sind Aktien, die man wieder auf dem Schirm haben sollte, auch, oder gerade weil diese Namen schon fast in Vergessenheit geraten waren. Bei koreanischen Aktien sollte man hingegen vorsichtig sein. Die sind nämlich in eine Art Schockstarre eingetreten und bewegen sich seitwärts:

Analysten betrachten die schwachen südkoreanischen Exportdaten - die ersten, die überhaupt für Februar jetzt schon veröffentlicht werden - außerdem als negative Vorboten auf die chinesischen Wirtschaftsdaten, die in den kommenden Tagen anstehen. Das könnte es der PBOC erschweren, zur Bekämpfung einer möglicherweise entstehenden Immobilienspekulationsblase Leitzinsen weiter wie geplant zu erhöhen. Das ist wohl das, was der Professor der Pekinger Universität mit "Probleme auf andere Länder abwälzen" meinte.

Autor: Jochen Stanzl

Rohstoffanalyst Limitup.de / Godmode-Trader.de

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Über den Experten

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Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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