Kommentar
00:00 Uhr, 22.04.2008

Geschichten, die nur der Fußball schreibt – Jetzt auch als Zertifikat

Wir alle lieben den Fußball, weil er so schön und gleichzeitig auch so grausam sein kann. Wo sonst ist es heute noch möglich, dass der Kleine, der Underdog dem Etablierten einmal so richtig eins auswischen kann. So geschehen bei der Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien. Nur zu dumm, der Gelackmeierte war dabei Deutschland, das sich dem damaligen österreichischen „Dream-Team“ um Prohaska, Krankl & Co. am Ende mit 3:2 geschlagen geben musste. Kein Wunder, dass man sich hierzulande an Cordoba 1978, wenn überhaupt nur noch mit Grausen erinnert, während das Datum in unserem Nachbarland mit Glanz und Gloria in die Geschichte einging und bei jeder passenden Gelegenheit aus dem Hut gezaubert wird. Was liegt also näher, nachdem sich der historische Sieg der „Ösis“ gegen die übermächtigen „Piefkes“ zum 30. Mal jährt und es ausgerechnet heuer zum abermaligen Aufeinandertreffen der beiden ewigen Kontrahenten bei einem wichtigen Turnier kommt, als sich auch zertifikatetechnisch mit diesem Thema zu beschäftigen. Noch dazu, wenn man das zumindest phasenweise ausgesprochen couragierte Auftreten der Hickersbergertruppe in einem kürzlichen Vorbereitungspiel gegen in der ersten Halbzeit völlig indisponierte deutsche Millionenkicker zugrunde legt.

Dabei appelliert die Erste Bank vorwiegend an ihre österreichischen Landsleute, durch den Kauf ihrer gerade aufgelegten „Cordoba Garant Anleihe“ (AT000B001565), vielleicht am 16. Juni ein zweites „Cordoba“ diesmal allerdings im Wiener Ernst-Happel-Stadion heraufzubeschwören und davon auch noch finanziell zu profitieren. Das Garantieprodukt bezieht sich auf einen Basket bestehend aus 15 internationalen Titeln, die dem Sponsorenteam der diesjährigen Fußball-EM entstammen. Wie bei ähnlich gestrickten Papieren ist auch hier der maximale 15-prozentige Kupon an das Kursverhalten jeder einzelnen Aktie gebunden. So gibt es für jeden Wert, der am Laufzeitende nach 18 Monaten innerhalb eines Korridors von +/- 20 Prozent um sein Ausgangsniveau notiert, einen Abzug von einem Prozent, wobei der Mindestkupon in jedem Fall 4 Prozent beträgt. Auf den ersten Blick also wenig spektakulär das Ganze, wenn da nicht noch das „Zuckerl“, die Siegprämie gegen Deutschland wäre, die zwar mit einem einzigen zusätzlichen Prozentpunkt ziemlich dürftig ausfällt, was für wahre Patrioten aber sowieso kaum den Ausschlag geben dürfte. Fast könnte man meinen, der Emittent rechne mit diesem positiven Ausgang des Spiels. Sollte Österreich darüber hinaus genau mit dem Cordoba-Ergebnis das deutsche Team in die Knie zwingen, würde sich der magere Zusatzkick sogar auf „stolze“ 3,2 Prozent erhöhen und den alpenländischen Fan im besten Fall mit einer Rendite von insgesamt 18,2 Prozent belohnen.

Ob das Produktkonzept den Anleger allerdings gleich zu Euphorieausbrüchen in Edi Finger Manier wie „Tor, Tor, I werd narrisch“ verleiten kann, bleibt zumindest fraglich. Ein echtes „Gustostückerl“ ist die Cordoba Anleihe irgendwie trotzdem, angereichert mit viel österreichischen Schmäh, bedenkt man doch nur, dass das Papier auch in Deutschland öffentlich angeboten wurde und dabei unter die Rubrik „Fußball-Hedge“ fällt. Fragt sich nur, ob eine Commerz- oder Deutsche Bank vor dem nächsten Ski-Großereignis mit einem adäquaten Produkt kontert, sollte sich hierzulande überhaupt ein vergleichbares Erfolgserlebnis in der Vergangenheit finden lassen.

Autor: Armin Geier, http://www.godmode-trader.de/investmentcertificates/overview

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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