Kommentar
08:41 Uhr, 09.10.2015

George Soros und die Kohle

George Soros liebt Geld und neuerdings auch Kohle. Eigentlich ist Soros als Philanthrop und Umweltschützer bekannt, doch ein Investment in Kohleaktien hat weltweit für Aufsehen gesorgt.

Preistief in Sicht?

Der Kohlesektor befindet sich in einem brutalen Bärenmarkt. Es gibt kaum Aktien des Sektors, die nicht über 90% an Wert verloren haben. Einer der größten Kohleproduzenten, Peabody Energy, hat inzwischen 98% seines Wertes verloren. Das ist eigentlich schon ein Totalverlust und spricht Bände. Wenn ein Kurs so dermaßen einbricht, dann hat der Markt eine klare Meinung: Bankrott.

Soros ist nicht dafür bekannt, dass er sein Geld investiert, um es zu verlieren. Wenn er in Kohleaktien geht, dann muss es dafür einen Grund geben. Den genauen Grund kennt niemand. Man kann allerdings vermuten, dass Soros einen Boden erkennt. Ob er diesen nur tradet oder wirklich für ein Investment nutzt, ist nicht bekannt. Die Veröffentlichungen von Positionen finden einmal im Quartal statt. Es könnte durchaus sein, dass Soros schon wieder aus den Aktien ausgestiegen ist.

Die Positionen, die er hielt (Arch Coal und Peabody Energy) dürften kurzfristig bereits einen schönen Gewinn eingebracht haben. Als der Kauf der Aktien im August bekannt wurde, stieg die Aktie von Peabody um 150%, jene von Arch um 800%. Peabody hat die Gewinne fast wieder komplett abgegeben, Arch Coal steht noch deutlich im Plus.

Während keiner den Plan von Soros genau kennt kann man sich als Anleger selbst ein Bild von der Situation machen und entscheiden, was man für richtig hält. Es ist schwierig auf fundamentaler Sicht den Boden mit großer Überzeugung auszurufen. Es gibt allerdings viele Hinweise darauf.

Grafik 1 zeigt den jährlichen US Kohlepreis seit 1949. Nominal ist der Kohlepreis von seinen Tiefs noch weit entfernt. Nominal hätte der Kurs noch ein Drittel Luft nach unten, um die Preise von 2001 wieder zu erreichen. Bis zu den Tiefs in den 60er Jahren fehlen noch 85%.

Der nominale Preis lässt ganz und gar nicht auf einen Boden hoffen. Betrachtet man den realen Preis, dann sieht die Sache ganz anders aus. Gibt der reale Kohlepreis noch einmal 10% nach, dann sind die Tiefs aus den 60er Jahren und 2001 wieder erreicht.

Persönlich halte ich den realen Preis für aussagekräftiger. Es ist nun einmal so, dass die Kosten der Produzenten mit der Inflation steigen, selbst wenn an anderer Stelle Einsparungen möglich sind. Bereits zu den aktuellen Preisen arbeitet kein US Produzent mehr profitabel. Bleibt der Preis, wo er ist, dann geht ein Unternehmen nach dem anderen in den Bankrott.

Aktien mit Boden?

Der Preis von Kohle dürfte relativ bald einen Boden erreichen. Tut er es nicht, dann gibt es innerhalb weniger Jahre keine Kohleproduzenten mehr. Trotzdem ist das noch kein Argument für einen Turnaround. Zwischen „nicht mehr tiefer“ und „Turnaround“ besteht ein großer Unterschied.

Bei Aktien besteht eine gewisse Hoffnung auf einen Boden und einen Turnaround. Grafik 2 zeigt den Verlauf von Kohleaktien und die Preisentwicklung des Rohstoffs. Das Tief aus dem Jahr 2000 bei Aktien und des Rohstoffpreises 2001 ist im Prinzip erreicht.

Wie dringend notwendig ein Preistief bei Kohle ist zeigt Grafik 3. Dargestellt sind Umsatz, Nettovermögenswerte und Gewinn von drei Produzenten. Arch Coal und Peabody Energy sind auf Kohle fokussiert. Consol Energy ist auch im Gasgeschäft tätig und konnte in den vergangenen Jahren noch Gewinne ausweisen.

Der Umsatz der Unternehmen hat sich von 2011 bis 2015 fast halbiert. Ein Einbruch von dieser Geschwindigkeit ist selbst bei allen Sparbemühungen kaum zu bewältigen. Entsprechend groß waren die Verluste. Arch und Peabody schreiben seit 2012 zusammen Verlust von einer bis 1,5 Milliarde Dollar pro Jahr.
Die Verluste können momentan noch aufgefangen werden. Die Nettovermögenswerte und das Eigenkapital sind noch positiv. Durch die Verluste haben sich die Nettovermögenswerte seit 2011 von 8,1 Milliarden auf 3 Milliarden reduziert. Steigt der Kohlepreis nicht innerhalb von 2 Jahren an, dann sind beide Unternehmen insolvent.


Drängt der Umweltschutz Kohleunternehmen in den Bankrott?

Aus fundamentaler Sicht sprechen viele Faktoren für einen Boden. Schon allein die Tatsache, dass bei dem derzeitigen Preisniveau innerhalb weniger Jahre kaum noch Unternehmen überleben werden, spricht für eine Bodenbildung des Preises.

Will die Welt weiter Kohle verwenden, dann muss der Preis wieder steigen. So einfach ist das. Will die Welt aber überhaupt noch Kohle verwenden? Momentan gerät Kohle weltweit unter Druck. In Deutschland betrifft die Energiewende nicht nur Atomkraft, sondern auch Kohle. Die USA beginnen ihre Energiewende gerade erst und China hat die Luftverschmutzung satt.

Kohle wird in Zukunft ein immer geringerer Stellenwert zukommen. Solange Kohle allerdings noch gebraucht wird müssen Unternehmen auch überlebensfähig sein. Der Kohleverbrauch steigt weltweit nach wie vor an (Grafik 4). Das Wachstum des Kohleverbrauchs ist rückläufig, aber positiv.
Die Produktion hat inzwischen ihren Peak überschritten. Seit 2013 konsolidiert die Branche. 2014 ging die Produktion erstmals seit 2009 zurück. Trotzdem bestand 2014 noch eine deutliche Überproduktion. 2015 dürften Angebot und Nachfrage wieder im Gleichgewicht sein. 2016 ist mit mehr Nachfrage als Angebot zu rechnen.

Wird mehr nachgefragt als produziert, dann spricht das für steigende Preise. Eine Preisexplosion würde ich trotzdem nicht erwarten. Grafik 5 zeigt den Kohleverbrauch und den Lagerbestand der USA. Die Lager sind gut gefüllt. Eine akute Knappheit wird nicht auftreten.

Langfristig ist Kohle so gut wie tot. Mittelfristig dürfte es zu einem Rebound kommen. Die Welt kann nicht von heute auf morgen auf den Rohstoff verzichten und steigen die Preise nicht bald, dann gibt es die Branche de facto nicht mehr.
Arch Coal ist derzeit gut 80 Mio. USD an der Börse wert. Demgegenüber stehen Nettovermögenswerte von 1,4 Mrd. Arch kann trotz der Werte in die Insolvenz gehen, wenn sie ein Liquiditätsproblem bekommen, doch der massive Abschlag auf die Vermögenswerte erscheint etwas übertrieben. Selbst bei den derzeitigen, hohen Verlusten kann Arch theoretisch knapp 3 Jahre durchhalten, vorausgesetzt es wird Liquidität bereitgestellt.
Peabody hat einen Börsenwert von 430 Mio. und Vermögenswerte von knapp 2 Mrd. Auch hier ist der Abschlag enorm, wenngleich geringer als bei Arch. Das dürfte an der insgesamt etwas besseren Solvenz liegen.

Persönlich halte ich es für unwahrscheinlich, dass der gesamte Sektor in den Bankrott geht. Kann sich der Kohlepreis stabilisieren (Angebot und Nachfrage lassen das für 2016 vermuten) und sogar leicht nach oben tendieren, dann könnten Unternehmen 2017 oder 2018 wieder den Break-Even erreichen. Selbst bei der derzeitigen Verbrennungsrate von Cash notieren sie zu einem Abschlag auf ihre Vermögenswerte. Als hochspekulativer, mittelfristiger Trade ist Kohle interessant.

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2 Kommentare

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  • S_o_r_o_s
    S_o_r_o_s

    irgendwas muss da sein, auch Glasenberg von Glencore hat in den letzten Jahren massiv in Kohle investiert. Man muss immer den Wölfen folgen, nie den Schafen, im Rohstoffbereich ist das noch wichtiger.

    Ich würde auch nicht darauf wetten, dass Kohle langfristig tot ist, nur weil es der Mainstream jeden Tag publiziert. Das hieße ja, Glasenberg, der größte Kohlehändler der Welt, dieser Milliardär und Großunternehmer wäre dumm, weil er dort massiv investiert und die Schreiberlinge in den Medien mit ihren "Studien", die für 4000 Euro netto bei einem Verlag unter Vertrag schreiben wären schlauer als er!? Wie soll das möglich sein?

    13:21 Uhr, 09.10. 2015
  • kopfsache
    kopfsache

    Den umtriebigen Herrn Soros als "Philanthrop" zu bezeichnen, ist wohl so, wie wenn ein grosse Zeitung den Herrn Hitler zur "Chefsache" der Flüchtlingskrise betitelt.

    11:33 Uhr, 09.10. 2015

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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