Kommentar
15:52 Uhr, 18.11.2021

Gelingt den Staaten die Schuldenreduktion?

Für den Durchschnittsbürger ist Inflation ein ärgerliches oder sogar existenzbedrohendes Phänomen. Staaten kann es bei der Entschuldung helfen. Theoretisch.

Inflation hilft vor allem denen, die Schulden haben. Im einfachsten Fall bleiben die Schulden wie sie sind. Da das Preisniveau jedoch steigt, werden die Schulden im Vergleich zum Einkommen oder den Sachwerten kleiner. Das gilt für Staaten, Privathaushalte und Unternehmen.

Wer einen Kredit für eine Immobilie aufnimmt und sich der Wert dann wegen Preissteigerungen über die Jahre verdoppelt, hat eine deutlich geringere Verschuldung. Zugleich sollte das Einkommen zumindest die Inflation ausgleichen. Sofern der Zinssatz nicht im gleichen Ausmaß wie das Preisniveau steigt, sollte auch dies helfen, die Schulden bedienen zu können.

Notenbanken haben klargemacht, dass sie keine substantiell höheren Zinsen haben wollen. Bisher sind die Zinsen auch kaum gestiegen. Trotz hoher Inflation liegt die Rendite von deutschen 10-jährigen Anleihen immer noch im negativen Bereich. Selbst für Anleihen mit einer Laufzeit von 30 Jahren liegt der Zins um den Nullpunkt.

Der Staat zahlt nicht mehr für seine Schulden. Gleichzeitig sorgt höhere Inflation aber für höhere Einnahmen. Auch die nominelle Wirtschaftsleistung wächst schneller. Der Schuldenberg wird im Vergleich zur Wirtschaftsleistung schnell kleiner. Theoretisch sollte die Verschuldung im aktuellen Umfeld in Rekordtempo fallen.

Theorie und Praxis liegen manchmal weit auseinander. Es ist nicht das erste Mal, dass die Welt höhere Inflation erlebt. In den letzten 100 Jahren gab es drei Phasen, die von hoher Inflation geprägt waren. Das war während des Ersten und Zweiten Weltkrieges und direkt danach und während der 70er Jahre.

Manchen Staaten gelang ein Schuldenabbau während der 70er Jahre (siehe Grafiken). In den meisten Ländern stagnierte die Verschuldung jedoch lediglich (z.B. USA) oder sie stieg weiter an (z.B. Japan, Italien, Spanien). Theoretisch hätten die 70er Jahre ein gutes Jahrzehnt sein sollen, um Schulden abzubauen. In den meisten Ländern gelang das nicht.

Hohe Inflation fällt nicht vom Himmel. Phasen mit hoher Inflation lassen sich auf zwei Ursachen zurückführen. Entweder ist die staatliche Nachfrage sehr hoch (z.B. während Kriegszeiten) oder externe Schocks führen zu einer Güterknappheit (z.B. Ölschock der 70er Jahre).

Im ersten Fall sind hohe Staatsausgaben die Ursache von Inflation. Sobald die Ausgaben wieder sinken, sinkt auch die Inflation. Zu einer Entschuldung durch Inflation kommt es nicht. Im zweiten Fall kommt es zu langsamem Wachstum oder Rezession. In diesem Fall steigen die Ausgaben ohne wirtschaftlichen Boom. Eine Entschuldung findet ebenfalls nicht statt.

Derzeit befinden wir uns in einer Situation, die Merkmale von beiden Fällen hat (hohe Staatsausgaben und Lieferengpässe). Eine ausgeprägte Knappheit gibt es nicht. Man kann nicht von einem wirtschaftlichen Schock aufgrund von Güterknappheit sprechen. Die Lage ist eher dem ersten Fall zuzuordnen.

Staatsschulden wegzuinflationieren ist leichter gesagt als getan. Indirekt ist es Staaten nur gelungen, wenn sie selbst die Notenpresse bedient haben. In diesen Fällen kommt es zur Hyperinflation und am Ende steht eine Währungsreform. Als Erfolg kann man diese Strategie nicht bezeichnen.

Aufgrund der Inflation wird keine Entschuldung gelingen. Andere Türen stehen offen. Derzeit scheint jedoch niemand hindurchgehen zu wollen.

Clemens Schmale


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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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