Kommentar
07:25 Uhr, 23.04.2019

Geldpolitik USA: Kommt überraschend doch noch eine Zinserhöhung?

Die US-Notenbank pausiert zwar gerade bei der Straffung der Geldpolitik und prognostiziert selbst keine Zinserhöhung mehr, dennoch wird sie wahrscheinlich kommen.

Aktuell sieht es nicht danach aus, dass die Fed ihre Zinspolitik demnächst wieder ändern wird. Das laufende Jahr dauert ja nur noch acht Monate und das erscheint für eine neuerliche Wende in der Geldpolitik etwas kurz. Geldpolitik ändert sich ja nicht von heute auf morgen. Die Geldpolitik ist aber inzwischen schnelllebiger als viele denken. Man darf nicht vergessen, dass die Notenbank noch im Dezember von Zinserhöhungen ausging und die Bilanzverkleinerung einfach weiterlaufen lassen wollte. Nur drei Monate später waren die Zinserhöhungen gestrichen und die Bilanznormalisierung abgeblasen.

Es kann also schneller gehen als man vielleicht denkt – in beide Richtungen. Von nichts kommt aber nichts. Es muss schon gute Argumente für eine Zinserhöhung geben. Der Markt erwartet als nächsten Schritt eine Zinssenkung, entweder Ende 2019 oder Anfang 2020. Eine Zinserhöhung hat niemand auf dem Radar.

Das schließt sie natürlich nicht aus. Die Notenbank hat zwei Mandate: hohe Beschäftigung und Preisstabilität. Die Arbeitslosenrate ist niedrig und verharrt dort auch. Steigende Arbeitslosigkeit ist nicht zu erkennen. Ein Teil des Mandats ist erfüllt. Der zweite Teil, Inflation, ist mehr oder minder erfüllt. Es kommt immer darauf an, wo der Ölpreis gerade steht.

Der Ölpreis bestimmt die Inflation wie sonst keine Komponente. Deswegen ist die Benchmark für die Fed auch eher die Kerninflation, die Energiepreise nicht direkt berücksichtigt. Durch Sekundäreffekte steigt aber die Kerninflation, wenn der Ölpreis steigt.

Allein die Ölpreisentwicklung spricht für steigende Inflation in diesem Jahr. Es gibt aber noch einen ganz anderen Faktor, der darauf hindeutet. Die wirtschaftliche Aktivität hat sich zwar zuletzt etwas abgekühlt, doch wegen der strafferen Geldpolitik der letzten Quartale hat sich die Geldumlaufgeschwindigkeit erhöht.

Die Geldumlaufgeschwindigkeit bzw. die Veränderung der Geschwindigkeit sind ein ziemlich guter Vorlaufindikator für die Inflationsrate (siehe Grafik). Demnach dürfte die Inflation in den kommenden 12 bis 18 Monaten tendenziell ansteigen.

Es herrscht also mehr oder minder Vollbeschäftigung und die Inflation wird ansteigen. Da gibt es wenig Argumente gegen eine Zinserhöhung. Die Fed kann einer Zinserhöhung nur dann widerstehen, wenn sich diejenigen durchsetzen, die die Inflation eine Zeit lang über der 2 %-Marke sehen wollen, quasi als Kompensation dafür, dass die Inflation jahrelang tiefer war.

Sind die Zinsen zu lange zu tief, steigt die Gefahr eines Exzesses im Finanzmarkt. Der Internationale Währungsfonds warnt schon davor und schlägt vor, mit Zinserhöhungen dagegen vorzugehen. Die Notenbank sieht das nicht als ihr Mandat, kann aber kaum Schieflagen im Finanzsystem ignorieren.

Wenn die US-Wirtschaft nicht auf eine Rezession zusteuert, sondern sich das Wachstum lediglich verlangsamt wie derzeit erwartet, sollte Ende 2019 doch noch eine Zinserhöhung kommen.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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