Kommentar
09:52 Uhr, 10.05.2005

Gegenwind für die Rentenmärkte

Die Rentenmärkte haben in der zurückliegenden Woche wieder stärkeren Gegenwind verspürt. Dafür sorgte zum einen die US-Notenbank Fed mit einer weiteren Zinserhöhung auf nun 3,00 Prozent. Zum anderen kamen vom US-Arbeitsmarkt wieder kräftige Wachstumssignale. Im April waren deutlich mehr Stellen als erwartet geschaffen worden. Der überraschend starke Auftragseingang für die deutsche Industrie ließ darüber hinaus die Renditen in der Eurozone ansteigen.

Nach den zuletzt eher schwachen Konjunkturdaten hat sich in der vergangenen Woche das Bild wieder etwas gewandelt. Die am Freitag veröffentlichten US-Arbeitsmarktdaten zerstreuten die Wachstumssorgen fürs Erste. Im April wurden außerhalb der Landwirtschaft 274.000 neue Stellen geschaffen. Erwartet worden waren Im Durchschnitt knapp 200.000. Zugleich revidierte das Arbeitsministerium die für die beiden Vormonate gemeldeten Zahlen nach oben. Dieses Zahlenbündel deutet also auf eine weiterhin robuste US-Konjunktur hin. Unerfreulich für die Bondmärkte war zudem, dass die durchschnittlichen Stundenlöhne im April um fünf Cent auf den Rekordwert von 16 US-Dollar gestiegen waren und damit die Inflationssorgen anheizten. In dieses Horn stieß auch die Fed, die ihren neuerlichen Zinsschritt mit steigendem Inflationsdruck begründete. Durch die jüngste Anhebung, mit der die Fed den kurzfristigen Zins seit Juni 2004 um insgesamt 200 Basispunkte erhöhte, hat sich die amerikanische Zinsstrukturkurve weiter abgeflacht. Anfang Juli 2004 lagen zwischen der Zielrate für die Fed Funds und der Rendite 10-jähriger US-Treasuries 321 Basispunkte. Ende 2004 waren es nur noch 197 Bp und am Freitag sogar nur noch 126 Bp. Der Impuls, den die Fed am kurzen Ende setzt, ist also bislang nicht am langen Ende angekommen. Das wird aber nicht ewig so bleiben, denn die US-Konjunktur wächst und der Inflationsdruck steigt. Daher rechnen wir in den USA im Jahresverlauf mit steigenden Renditen, was insbesondere bei langlaufenden Anleihen Kursverluste nach sich zöge. Anleger sollten sich deshalb mit Neuengagements in US-Bonds zurückhalten.

Der Leitzins für die Eurozone wurde von der Europäischen Zentralbank erwartungsgemäß bei 2,00 Prozent belassen. Der binnenwirtschaftliche Inflationsdruck halte sich in Grenzen, lautete die Kernbotschaft. Interessant an der Erklärung war allerdings, dass die EZB die aktuelle wirtschaftliche Situation und auch die kurzfristigen Konjunkturaussichten seit neuestem "eher schwach" einschätzt. Manche der Abwärtsrisiken für das Wirtschaftswachstum seien eingetreten, insbesondere jene in Verbindung mit dem hohen Ölpreis, hieß es weiter. Die Rentenmärkte profitierten davon allerdings nur in ganz geringem Umfange. Zum einen strahlte kurz darauf der feste US-Arbeitsmarktbericht auf die Eurozone ab. Zum anderen brachten auch hiesige Konjunkturdaten die Anleihekurse unter Druck. So setzte der Einzelhandel des gemeinsamen Währungsraums im März überraschend mehr ab als prognostiziert und auch die deutsche Industrie verzeichnete im März eine stärkere Nachfrage. Bemerkenswert daran ist, dass der Zuwachs nicht durch Großaufträge verzerrt wurde und das auch die inländischen Bestellungen zugelegt hatten. Bei der Bewertung dieser Daten ist aber zu berücksichtigen, dass sie den März wiedergeben und die Stimmungsindikatoren für April (z.B. der ifo-Index) mehrheitlich enttäuschend ausfielen.

Lettland, Zypern und Malta haben vergangene Woche mit dem Beitritt zum Wechselkursmechanismus WKM II einen wichtigen Schritt in Richtung Euro-Beitritt vollzogen, der für 2007/2008 angepeilt wird. Ihre Wechselkurse schwanken nun wenigstens zwei Jahre lang in einem Band von +/- 15 Prozent um einen Fixkurs zum Euro. Am 27. Juni 2004 waren bereits Estland, Litauen und Slowenien dem WKM II beigetreten. Dänemark ist ebenfalls Mitglied im WKM II, allerdings nur mit einer Bandbreite von +/- 2,25 Prozent.

Unternehmensanleihen gerieten am Himmelfahrtstag rund um den Globus unter Druck. Auslöser war die Herabstufung der Automobilgiganten General Motors und Ford auf Non-Investmentgrade. Viele institutionelle Anleger dürfen laut Statut nicht in solche Anleihen investieren und sind nun zum Verkauf gezwungen. Das Volumen im High-Yield-Sektor hat mit der Herabstufung dieser zwei extrem großen Schuldner um rund ein Fünftel zugelegt.

Ausblick: Die wichtigen Daten für die laufende Woche sind am Mittwoch der Budgetsaldo und die Handelsbilanz der USA sowie am Donnerstag das BIP-Wachstum der Eurozone in Q1. Am selben Tage werden auch die US-Einzelhandelsumsätze veröffentlicht.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 113,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende März 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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