Kommentar
14:58 Uhr, 07.12.2012

Gauner-Spielwiese wird geschlossen

Betrüger haben es ab der kommenden Woche etwas schwerer, an das Geld deutscher Anleger zu kommen. Die Deutsche Börse schließt zum 15.12.2012 das First Quotation Board, ein Teilbereich des Open Markets (Freiverkehr). In diesem Marktsegment gelten kaum Transparenzanforderungen, weshalb es wiederholt zu Fällen von Marktmanipulation kam. Das First Quotation Board lockte Betrüger aus der ganzen Welt an, die Aktien fragwürdiger Unternehmen bei gutgläubigen Anlegern platzierten. „German silly money“ war mal wieder sehr gefragt.

Oft liefen die Betrügereien so ab: Die Hintermänner gründeten mit nur geringstem Kapitaleinsatz ein Unternehmen, üblicherweise an Standorten, wo dies sehr einfach möglich ist und niedrige Nennwerte für die Aktien gelten (so sind die Aktien optisch billig). Populär waren vor allem die Schweiz, Kanada und Großbritannien, aber auch exotischere Steuerparadiese wie die Cayman Islands. Für diese Unternehmen wurde dann ein Börsengang im First Quotation Board der Deutschen Börse organisiert. Das war ohne viel Bürokratie und Kontrollen möglich.

Die Unternehmen selbst hatten meist keinen realen Geschäftsbetrieb. Es handelte sich um leere Unternehmenshüllen, die nur über einen Briefkasten irgendwo auf der Welt verfügten. Oft waren die Unternehmen auf dem Papier in einem Geschäftsfeld tätig, das bei Anlegern hoch im Kurs steht. Die Unternehmen gaben zum Beispiel vor, im Bereich der Rohstofferkundung tätig zu sein und gerade ein großes Goldvorkommen entdeckt zu haben. Oder sie haben in Nanotech gemacht oder tolle Ideen in Sachen Energieerzeugung gehabt. Was eben gerade „in“ war.

Nach dem Börsengang in Frankfurt wurde der Kurs kräftig nach oben gepusht. Die Betrüger sorgten dafür, dass die Anleger bereit waren, für die eigentlich wertlosen Aktien immer mehr Geld zu bezahlen. So wurden massenhaft E-Mails und Faxe verschickt, um gutgläubige Menschen dazu zu bewegen, in die Papiere zu investieren. Häufig sahen die Mitteilungen so aus, als seien sie nur versehentlich an den Adressaten gelangt, diese Methode wurde gerne bei Faxen gewählt. „Hallo Oliver, schau Dir mal diese Aktie an! Da musst Du unbedingt rein, ich habe erfahren dass super News anstehen“.
Die Empfänger, die zum Großteil nicht Oliver hießen, glaubten dann, durch einen Zufall an nicht öffentlich verfügbare Informationen gekommen zu sein und mit dem Kauf der Aktie ein gutes Geschäft zu machen.

Durch den rasant steigenden Kurs wurden mit der Zeit auch weniger naive Anleger angelockt. Irgendwann hatten die Betrüger dann einen Großteil ihre Aktien abgestoßen. Dann dauerte es meistens nicht mehr lang, bis der Börsenkurs abstürzte und die gutgläubigen Anleger ihren gesamten Einsatz verloren.

Solche Betrügereien sollen künftig zumindest auf dem Frankfurter Börsenparkett nicht mehr möglich sein. Aus Anlegersicht kann die Schließung des First Quotation Boards also nur begrüßt werden, auch wenn dieser Schritt eigentlich viel zu spät kommt. Anleger müssen aber auch künftig vorsichtig sein, um nicht das Opfer von Betrügern zu werden. Dies zeigen beispielsweise die Bilanzskandale bei einigen im Ausland gelisteten chinesischen Unternehmen, die zum Teil deutlich stärker regulierten Marktsegmenten als dem First Quotation Board angehörten.

Daniel Kühn

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Über den Experten

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Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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