Kommentar
10:33 Uhr, 27.02.2008

Für Fondsanleger gilt weiterhin - Langfristig investieren, bringt am meisten

Die US-Hypothekenkrise ist zu Beginn des Jahres auch bei uns angekommen. Mehrere europäische Banken mussten Belastungen im Zusammenhang mit der Subprime-Krise in Milliardenhöhe bekannt geben. Gleichzeitig hat die Angst vor einer Rezession in den USA zugenommen. Die Volkswirte gehen davon aus, dass dies auch für die europäische Konjunktur nicht ohne Folgen bleiben wird. Das hat die Stimmung der Anleger in den ersten Wochen des neuen Jahres deutlich eingetrübt. Die zunehmende Unsicherheit der Investoren hat sich auch an den Aktienmärkten niedergeschlagen. Allein in den ersten 13 Handelstagen hat der Dax um fast 10 Prozent nachgegeben. Am 21. Januar hat sich die Talfahrt, mit dem größten Ausverkauf seit den Anschlägen auf das World Trade Center im September 2001, verschärft. Binnen eines Tages verlor der Dax 7,16 Prozent. Das vorläufige Tief erreichte das Börsenbarometer am 23. Januar mit 6.384,40 Punkten. Das entsprach einem Verlust von mehr als 20 Prozent im Vergleich zum Jahresschlusskurs 2007. Die gesamten Gewinne des vergangenen Jahres wurden somit innerhalb von nur drei Wochen fast komplett zunichte gemacht.

Doch was war geschehen? Zunächst einmal gilt es zu sagen, dass Unsicherheit Gift für die Börsen ist. Anhaltende Ängste vor einem sich eintrübenden Umfeld bescheren den Aktienmärkten in der Regel stärkere Kursverluste als die Gewissheit darüber. Damit lassen sich auch die ersten Kursrückgänge erklären. Einschlägige Nachrichten, die den Sell-Off am 21. Januar ausgelöst haben, gab es jedoch zunächst nicht. Auch die Vorgaben aus den USA und Asien waren nicht übermäßig schlecht. Händler begründeten die Talfahrt daher mit der zunehmenden Angst vor einer Rezession in den USA und den Folgen für die europäische Wirtschaft. Diese These erscheint jedoch unlogisch, wenn man die Kursentwicklung an der Wall Street betrachtet. Die US-Börsen zeigten sich vom Umfeld und dem Kurssturz in Europa unbeeindruckt und gaben nur leicht nach. Ungewöhnlich, sollte in den USA doch die Ursache für den Ausverkauf in Europa liegen. Die Antwort lieferte der Markt schließlich einige Tage später. Die französische Bank Société Générale hatte Unregelmäßigkeiten in ihrem Aktienhandel aufgedeckt. Ein Händler des Instituts hatte in betrügerischer Weise Positionen auf europäische Indizes im Wert von etwa 50 Milliarden Euro aufgebaut und der Bank damit einen Verlust von 4,9 Milliarden Euro beschert. Société Générale entdeckte diese Positionen am Abend des 18. Januar und stellte die Terminkontrakte in den kommenden drei Handelstagen (Montag bis Mittwoch) glatt. Es muss davon ausgegangen werden, dass dies nicht kursschonend erfolgte, da die Bank weitere Verluste vermeiden wollte. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass dies den Angebotsüberhang in erheblichem Maße verstärkt und damit zum Kurssturz in Europa beigetragen hat. Die Société Générale kann den Kursrutsch zwar nicht alleine verursacht haben, sie hat den Stein aber vermutlich ins Rollen gebracht.

Ungeachtet dessen ist die Unsicherheit an den Märkten nach wie vor groß, was mit einer hohen Volatilität einhergeht. Die Gefahr weiterer Kursrückschläge ist noch nicht gebannt.

Wie geht es nun weiter?

Die Einschätzungen der Fondsverwalter sind uneinheitlich, tendenziell aber eher optimistisch. Alexander Scurlock, Fondsmanager des Fidelity European Growth Fund, geht davon aus, dass sich das Wachstum in der Eurozone fortsetzen wird, allerdings nicht mehr mit dem Tempo wie noch im letzten Jahr. Der wirtschaftliche Abschwung in den USA, flankiert von einem schwachen Dollar, habe den Euro stark aufgewertet, was wiederum das Wachstum in Europa drossele. Aus seiner Sicht wird die Weltwirtschaft aber vor allem Unterstützung seitens der aufstrebenden Länder erhalten.

Martin Walker, Fondsmanager des Invesco Pan European Equity Fund, ist der Meinung, dass aus fundamentaler Perspektive das aktuell sehr niedrige Bewertungsniveau das Abwärtspotential eingrenzen und langfristig stützend wirken sollte. Die aktuelle Situation unterscheidet sich nach Einschätzung von Walker deutlich von der Konjunkturschwäche des Jahres 2000, welche die Aktienmärkte auf einem sehr hohen Bewertungsniveau traf.

Das US-Investmenthaus Blackrock macht für den Kursrückgang drei Hauptgründe aus: Zunächst seien Anleger besorgt gewesen über das Ausmaß der im Zusammenhang mit der Kredit- und Immobilienkrise notwendigen Abschreibungen der Großbanken. Hinzu seien Sorgen über eine mögliche Rezession in den USA gekommen, die eine substantielle Minderung der Unternehmensgewinne nach sich ziehen würde. Darüber hinaus sei als dritter Grund eine Kapitulation der Anleger festzustellen gewesen, die sich angesichts fallender Kurse immer mehr aus dem Markt zurückgezogen hätten und damit die Kurseinbrüche weiter verstärkten. Tatsächlich seien die Aktien aber keineswegs zu hoch bewertet gewesen, meinen die Experten von Blackrock. Angesichts der Kursverluste seien viele Aktien inzwischen als "billig" zu bewerten. Die Preise der Aktien im Verhältnis zu den Gewinnen entspreche, wie man verschiedenen Indikatoren entnehmen könne, zum Teil schon einem rezessiven Umfeld. Obwohl eine Rezession keineswegs sicher sei, seien schwere Belastungen schon in die Aktien eingepreist. Seit dem Ende des Bärenmarktes 2002 seien Aktien deshalb nicht mehr so preisgünstig bewertet gewesen wie heute, so Blackrock.

Was sagt die Statistik?

Die Statistik besagt, dass 08er Jahre tendenziell eher feste Aktienjahre sind und US-Wahljahre ebenfalls. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Unsicherheit an den Märkten zurückgeht. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn endlich offiziell festgestellt wird, dass die USA in eine Rezession geschlittert sind. Dieses Szenario wäre durch den Markt schon längst eingepreist. Zudem hat es die Vergangenheit gezeigt, dass die Aktienmärkte bereits während der Rezession wieder beginnen anzusteigen. Wo immer es geht, versucht der Markt vorauszugehen.

Wie sollte man sich als Fondsanleger verhalten?

Als langfristig orientierter Privatanleger sollte man beim Spiel der "Großen" nicht mitspielen und Ruhe bewahren. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass man meist die falschen Entscheidungen trifft. Kurzfristiges Kaufen und Verkaufen geht oft schief. Dies zeigt auch eine Studie der Amerikaner Terrance Odean und Brad Barber von der University of California. Zwischen 1991 und 1996 haben sie das Anlageverhalten von 66.000 Haushalten untersucht. Dabei kamen diejenigen, die Aktien kauften und liegen ließen zu einer jährlichen Rendite von 18,5 Prozent. Die aktiven Händler erzielten hingegen nur einen Zugewinn von 11,4 Prozent. Zum gleichen Ergebnis kommt eine Untersuchung des Instituts für Quantitative Finanzanalyse (IQF) in Kiel im Zeitraum 30.04.1998 bis 30.04.2003. Aktien wird ein langfristiges Renditepotenzial von rund 10 Prozent zugesprochen. Nach Auswertung der Daten zeigte sich jedoch, dass sich Aktienfondsanleger mit erheblich weniger zufrieden geben müssen. Das IQF kam in der Studie zu dem Ergebnis, dass Anleger durch ihre ungeschickte Wahl ihrer Einzahlungszeitpunkte knapp 4 Prozent an Rendite verloren.

Man sollte Fondsanlagen daher immer als Langzeitinvestition betrachten. Schon Börsenguru André Kostolany hat es Anlegern stets geraten: "Kaufen Sie Aktien und dann schlafen Sie, schlafen Sie, schlafen Sie - und Sie werden beim Aufwachen angenehm von der Wertenwicklung überrascht sein."

Autor: Thomas Gansneder

Quelle: Portfolio Journal

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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