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13:40 Uhr, 07.11.2014

Für einen Aktien-Crash fehlen alle Zutaten

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Die Weltwirtschaft bleibt zweigeteilt. Auf der einen Seite zeigt zunächst China Steherqualitäten. Die zweifelsfrei vorhandenen Blasenbildungen der chinesischen Wirtschaft versucht Peking über staatliche Beeinflussung und Unterstützung angeschlagener Unternehmen in den Griff zu bekommen. Dem japanischen Schicksal will China präventiv entgegenwirken. Dass der chinesische Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe im Oktober mit 50,8 nur knapp im expansiven Bereich liegt, sollte nicht irritieren. Dies ist auch Ausdruck einer mittlerweile stärker binnenkonjunkturell ausgerichteten, weniger dynamisch, dafür aber nachhaltiger wachsenden Volkswirtschaft.

Das Verarbeitende Gewerbe in den USA setzt seinen Erholungskurs weiter fort. Dies unterstreicht insbesondere die Neuauftragskomponente des ISM Index für das Verarbeitende US-Gewerbe, die im Oktober noch expansiver als im ohnehin hervorragenden Vormonat ausgefallen sind.

Auf der anderen Seite bleibt die Eurozone wachstumsschwach. Die EU-Kommission schätzt das Wachstum für 2014 nur noch mit 0,8 nach zuvor 1,2 Prozent ein und revidiert die Prognose für 2015 auf 1,1 nach zuvor 1,7 Prozent. Selbst für Deutschland sieht die EU-Kommission die Gefahr einer zumindest technischen Rezession. Vor diesem Hintergrund ist die Auflage eines umfangreichen Konjunkturpakets über 300 Mrd. Euro eines der ersten Anliegen der neuen EU-Kommission.

Immerhin konnten sich in Deutschland die Auftragseingänge der Industrie, die Industrieproduktion und die Exporte im September stabilisieren. Zudem blickt die exportsensitive deutsche Industrie gemäß Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland mit einem Expansion anzeigenden Indexwert von 51,4 nach zuvor 49,9 wieder optimistischer in die Zukunft. Erfreulich ist die weitere Indexstabilisierung in Spanien. Das Land zeigt, dass die wirtschaftliche Reformbewegung in der Eurozone noch nicht völlig zu einer ausgestorbenen Spezies geworden ist. Hartnäckige Bremsklötze der Euro-Konjunktur bleiben Italien und Frankreich, deren schlecht ausfallende Einkaufsmanagerindices Ausdruck ihrer massiven Reformrenitenz sind.

EZB - Mit immer mehr Liquidität für mehr Inflation

Wer noch die frühere, feine und vorsichtige Rhetorik der Bundesbankpräsidenten im Ohr hat, kann sich über die unmissverständlichen Aussagen von Notenbankpräsident Draghi auf der letzten Pressekonferenz der EZB nur wundern. Von einer im Vorfeld vermuteten Palastrevolution gegen den vermeintlich eigenmächtigen Führungsstil des EZB-Präsidenten und seiner zu lockeren Geldpolitik kann keine Rede sein. Im Gegenteil, mit Einstimmigkeit propagiert der EZB-Rat eine historisch beispiellose Liquiditätspolitik, um der schwachen Konjunktur- und Inflationsentwicklung in der Eurozone entgegenzutreten. Offensichtlich sind die letzten mahnenden Stabilitätsstimmen bei der Notenbank verstummt.

Zur teilweisen Ehrenrettung der EZB muss aber festgestellt werden, dass nicht primär die Notenbank Schuld an der geldpolitischen Instabilität hat, sondern vielmehr die Finanzpolitiker der Eurozone, die mit ihrer unverantwortlichen Weigerung, Strukturverbesserungen ihrer Volkswirtschaften durchzuführen, der EZB keine andere Wahl lassen.

Die EZB plant, über den Aufkauf von Pfandbriefen und kreditbesicherten Wertpapieren ihre Bilanzsumme bis Juni 2016 auf den Stand von Anfang 2012 zu heben. Dies entspräche einem Aufkaufvolumen von rund 900 Mrd. Euro. Zudem stellt sie weitere Liquiditätsstimuli in Aussicht, um die Euro-Konjunktur vor einem deflationären Rezessionsszenario zu bewahren. Mit aktuell 0,4 Prozent Inflation ist Deflation in der Eurozone eine reale Gefahr, die bei Bewahrheitung zu nachhaltigen wirtschaftsfeindlichen Entwicklungen führte, da Konsum- und Investitionsausgaben immer weiter hinaus gezögert werden. Denn die Preise fallen immer weiter. Im schlimmsten Fall würde die tatsächliche Inflation den fallenden Erwartungen folgen. Dies lehrt das Beispiel Japan.

Für die Wirtschaft grundsätzlich positiv, trägt aber leider auch die augenblickliche Energiepreisschwäche zu einer Deflationierung im Euroraum bei.

Der klare Fokus der EZB liegt auf den Inflationserwartungen in der Eurozone, konkret auf den langfristigen Inflationserwartungen in fünf Jahren für die kommenden fünf Jahre. Momentan sind sie klar abwärts gerichtet. Sie liegen bereits den dritten Monat in Folge unter dem Inflationsziel der EZB in Höhe von zwei Prozent. Vor diesem Hintergrund wird die EZB im Bedarfsfall - trotz aller politischen und technischen Schwierigkeiten - auch vor dem Aufkauf von Staatsanleihen nicht zurückschrecken. Eine „task force“, die alle unkonventionellen, die alle die Liquiditätsausstattung erhöhenden Maßnahmen auf Herz und Nieren prüfen soll, wird installiert. Die geplante Liquiditätshausse der EZB soll die Inflationswende bringen.

Spätestens jetzt ist der Währungsabwertungswettlauf zwischen Japan und der Eurozone eröffnet

Mit dieser Liquiditätsoffensive folgt die EZB dem japanischen Beispiel der Deflationsbekämpfung. Die Bank of Japan hat ihr Aufkaufvolumen japanischer Staatspapiere zuletzt auf 80 Billionen Yen jährlich erhöht. Damit deckt sie die Neuverschuldung Japans mühelos ab.

GRAFIK DER WOCHE

Japan: Jährliche Neuverschuldung Japans und Ausweitung der Bilanzsumme der Bank of Japan

Für diese radikalen Liquiditätsschritte hat der japanische Notenbankpräsident Kuroda einen äußerst günstigen Zeitpunkt gewählt. Denn er fällt zusammen mit dem Ende des Aufkaufprogramms der US-Notenbank. Dieser Umstand begünstigt die Abwertung des Yens gegenüber dem US-Dollar und hilft der japanischen Exportwirtschaft im Außenhandel mit Amerika.

Doch Japan betreibt auch die Abwertung des Yens gegenüber anderen Währungen. Durch den großvolumigen Aufkauf von Staatsanleihen seitens der japanischen Notenbank und damit eine zinsgünstige Schuldenfinanzierung ist zukünftig der massive Anleihenkauf durch japanische Pensionsfonds nicht mehr erforderlich. Das gibt ihnen die Möglichkeit, umfangreiche Finanzmittel - sie zählen zu den größten staatlichen Pensionsfonds der Welt - zunächst in japanische Aktien umzulenken. Das stimuliert den japanischen Aktienindex und erhöht die Renditeaussichten für die japanischen Rentenbezieher, die bislang die Zeche der japanischen Rekordverschuldung zahlen mussten.

Den Fonds ist es zukünftig ebenso erlaubt, größere Summen in ausländische Anleihen und Aktien zu investieren. Neben dem Argument der Erwirtschaftung zusätzlicher Investmenterträge stärkt man über Mittelzuflüsse auch die Exportkonkurrenzwährungen. Die japanischen Bemühungen um die Abschwächung des Yen zielen nicht zuletzt auf eine Konterkarierung der von der EZB betriebenen Euro-Abwertung zur Stimulierung des Euro-Außenhandels.

Seit April 2014 hat der Euro gegenüber den anderen großen Exportkonkurrenzwährungen insgesamt deutlich an Wert verloren. Während sich dieser Trend gegenüber dem chinesischen Renminbi, dem südkoreanischen Won oder dem US-Dollar weiter fortsetzt - mit 1,23 befindet sich der Euro aktuell auf dem niedrigsten Stand seit dem Hochpunkt der Euro-Schuldenkrise 2012 - wertete er gegenüber dem japanischen Yen zuletzt wieder deutlich auf.

Wohl wissend, dass japanische Industrieunternehmen demnächst auf dem Weltmarkt eine währungsseitig noch größere Konkurrenz zu Exportunternehmen der Eurozone darstellen, wird EZB-Präsident Draghi seine Liquiditätsausweitung hinter vorgehaltener Hand auch zur Schwächung des Euros gegenüber dem Yen einsetzen.

Deutsche Berichtsaison - Im Ausblick mehr Licht als Schatten

Bei der deutschen Berichtsaison für das abgelaufene III. Quartal 2014 konnten laut Finanznachrichtendienst Bloomberg 62 Prozent der bisher präsentierenden Unternehmen aus dem DAX in punkto Gewinn überraschen. Unter dem Strich überzeugten ebenso die Ausblicke.

BMW wird dank eines starken Produktmixes sowie eines kräftigen Wachstums in Asien seine Jahresziele in punkto Absatzrekord und Gewinnsteigerung erreichen. Continental könnte sein bereits zu Beginn des zweiten Halbjahres angehobenes Jahresziel u.a. dank seiner soliden Reifensparte sogar übertreffen. Grundsätzlich stimmt die strategische Konzernausrichtung zuversichtlich. Der Sportartikelhersteller adidas schaut dank des fortschreitenden Restrukturierungsprogramms der Golf-Sparte optimistischer in das Jahr 2015. Siemens sieht aufgrund der schwer einschätzbaren geopolitischen Spannungen verhalten positiv in die Zukunft. Das Unternehmen stößt weiterhin renditeschwache Geschäftsbereiche ab. Das ist positiv für die Aktionäre, die eine Dividendensteigerung um zehn Prozent erwarten können.

Aktuelle Marktlage und Anlegerstimmung

Nach den US-Kongresswahlen haben die Republikaner sowohl im Senat wie im Repräsentantenhaus eine Mehrheit. Die bislang oft gesehene Blockierung im Parlament ist damit nicht mehr zu erwarten. Eine zukünftig insgesamt vermeintlich wirtschaftsfreundlichere Wirtschaftspolitik Amerikas wird von den Aktienmärkten wohlwollend interpretiert.

Die von den globalen Krisen ausgehende Unsicherheit hat zuletzt deutlich nachgelassen. Ebola hat die Schlagzeilen deutlich verlassen und im Ukraine-Konflikt scheint sich eine gewisse, stabile Seitenlage abzuzeichnen. Neben dem eng geknüpften Fallnetz der Geldpolitik sind auch die fundamentalen Aktienargumente zu beachten. Die Weltwirtschaft ist stabil und die Euro-Konjunktur wird mit frischen Schulden gestützt. Für einen Aktien-Crash fehlen alle Zutaten: Keine Weltwirtschafts-Rezession, keine Energiekrise, keine restriktive Geldpolitik.

Allerdings bleiben die Krisenfaktoren zumindest theoretische Handicaps, die zu Kursschwankungen an den Aktienmärkten führen können.

Überhaupt, der vergleichsweise hohe Anteil der Optimisten am US-Aktienmarkt, der auf den höchsten Wert seit Mitte 2011 gestiegen ist und damit deutlich über der oberen Begrenzung der Standardabweichung liegt, liefert als Kontraindikator Argumente für zwischenzeitliche Aktienkonsolidierungen.

Charttechnik

Charttechnisch liegt im DAX auf dem Weg nach oben die erste Hürde im Bereich um die 9.400 Punkte. Wird diese Marke überwunden, besteht die nächste Barriere an der 200-Tage-Linie bei derzeit 9.504 Punkten. Darüber warten starke Widerstände bei 9.600 und 9.800 Punkten. Im Falle einer erneuten Korrektur im DAX verläuft die erste Unterstützung bereits bei 9.200 Punkten. Knapp darunter wartet eine weitere Auffanglinie bei 9.150 Punkten. Kommt es zu einer heftigeren Korrektur, sollte die Unterstützung bei 8.900 Punkten Halt geben.

Und was passiert in der KW 46?

Die deutsche Berichtsaison zum III. Quartal 2014 neigt sich dem Ende zu. Henkel profitiert von der soliden Nachfrage aus den Schwellenländern, wobei Negativeffekte aus der Ukraine-Krise für Ergebnisunsicherheit sorgen können. Die Deutsche Post dürfte dank einer fortgeführten Expansion in den Schwellenländern einen zuversichtlichen Ausblick liefern. RWE und E.ON machen die fallenden Großhandels-Energiepreise weiter zu schaffen. Im Ausblick von Merck dürfte der Fokus auf die neue Konzernstrategie nach der Übernahme des Forschungsmaterialienhersteller Sigma-Aldrich gerichtet sein.

In den USA deuten die Einzelhandelsumsätze auf einen robusten US-Konsum hin. Laut Konsumentenvertrauen der Universität von Michigan sollte sich diese Entwicklung fortsetzen. In der Eurozone geben die BIP-Zahlen für das zurückliegende III. Quartal Aufschluss, in wie weit der Währungsraum einem Rückfall in die Rezession entgehen konnte. Die deutsche Wirtschaft konnte im zurückliegenden III. Quartal wohl nur geringfügig wachsen. Die weiterhin blutleere Konjunkturentwicklung im Euroraum findet ihren Niederschlag in schwachen Inflationsdaten für Oktober.

HALVERS WOCHE: Wie Sparer aus dem Trauertag „Weltspartag“ wieder einen Feiertag machen können

Früher wurde jedes Jahr Ende Oktober der Weltspartag gefeiert. Kein Wunder, denn damals lohnte sich Sparen noch: Für den Verzicht auf die unmittelbare Geldverwendung gab es attraktive Zinsen. 1993, zur Jahrtausendwende oder 2008 gab es für Festgeld um die vier Prozent. Die Inflation lag deutlich darunter. Da zerdepperte der deutsche Spar-Michel doch gerne sein Sparschwein mit dem Hammer oder holte das Geld unter der Matratze hervor, um es auf die hohe Kante zu legen.

Heutzutage ist der Weltspartag zum Trauertag geworden. Ein durchschnittliches Festgeld hat keine Chance mehr, allein die offizielle Inflationsrate zu schlagen, geschweige denn die tatsächliche, die deutlich darüber liegt.

Die Zinssparer zahlen die Zeche der Euro-Rettung

Und die Zins-Uhren drehen sich noch weiter zurück: So haben einige Banken Guthabenzinsen generell abgeschafft. Zinserträge sind damit schon vor der Inflation negativ. Zinsen gibt es zwar noch, doch Zahler und Empfänger haben gewechselt. Das ist genauso absurd wie ein Darlehen, bei dem nicht die Bank, sondern der Kreditnehmer den Kreditzins vereinnahmt. Das Sparschwein oder die Matratze sind wieder zu einer echten Alternative zum Sparbuch bzw. Festgeld geworden.

Das sind die Folgen, sozusagen die Kollateralschäden der geldpolitischen Rettung der Eurozone. Kreditinstitute werden regelrecht in Liquidität ersäuft, die sie sich bei der EZB zu den günstigsten Konditionen seit Adam und Eva in praktisch unbegrenztem Umfang besorgen können. Natürlich zeigt auch der negative Einlagenzins bei der EZB Wirkung. Notenbankchef Draghi hat zwar die Hoffnung, dass die Banken das ihnen nachgeworfene Geld als Kredite an Unternehmen und Haushalte ausleihen, um so die nur noch auf einem Zylinder laufende Euro-Konjunktur anzukurbeln. Da die Banken aber feststellen, dass sich Kreditvergaben in Ermangelung attraktiver Investitionsobjekte und ausreichender Kreditnehmerbonität wirtschaftlich oftmals nicht rechnen, werden sie auch weiterhin ihr Geld zumindest teilweise bei der EZB parken. Und wie wollen Banken ihren Kunden noch Zinsen auszahlen, wenn sie selbst bei der Notenbank eine Parkgebühr in Höhe von 0,2 Prozent leisten müssen. Die Spargroschen ihrer Kunden wollen die Banken doch eigentlich gar nicht mehr haben. Ihre Abwehrkonditionen erinnern mich an das Auslegen von Knoblauchzehen, um Vampire fernzuhalten.

Wann gibt’s mal wieder gute Zinsen?

Ein wieder normal hohes Zinsumfeld ist so wahrscheinlich wie unkrautfreie Streuobstwiesen. Nach der letzten EZB-Sitzung besteht an dieser Einschätzung nicht der Hauch eines Zweifels. Den „Luxus“ höherer Zinsen und damit auch höherer Sparzinsen kann sich die arme Euro-Wirtschaft nicht mehr leisten. Denn offensichtlich lässt sich z.B. die Konsumbereitschaft der Bevölkerung der Eurozone nur noch mit flächendeckenden „Nullprozent-Finanzierungen“ stimulieren. Mit Zinserhöhungen drohte ihr die letzte Ölung.

Ich persönlich glaube zwar nicht an flächendeckend negative Zinsen für den Otto-Normal-Sparer. Alternativ wären deutliche Anhebungen bzw. Wiedereinführungen von Gebühren möglich, um dem Zinsmargenverfall der Banken entgegenzuwirken. Ohne Zweifel jedoch ist es für Kunden immer aussichtsloser, für größere Anlagebeträge irgendeinen vernünftigen Zins zu erhalten.

Alte Zins-Liebe rostet nicht? Doch bitte!

Für deutsche Anleger, die sich jahrzehntelang in einer ungetrübten Liebesbeziehung mit Sparbuch und Festgeld befanden, sollte das aktuelle Zinsumfeld Anlass genug sein, Geldanlagen ab sofort als reine Vernunftsehen zu betrachten, in denen es nur um den schnöden Mammon geht. Bleibt also die Beziehung zur Sparanlage zinsseitig ohne Lustgewinn, sollte man vor der Scheidung nicht zurückschrecken.

Das „Fremdgehen“ mit Staatsanleihen ist keine wirklich attraktive Alternative. Schon deshalb nicht, weil wir in dieser Anlageform über Versicherungen, Pensionsfonds und ebenso über die gesetzliche Rentenversicherung - auch die ist nichts anderes als ein Staatspapier - ein Klumpenrisiko haben. In Staatspapiere sind wir bereits bis Oberkante Unterlippe investiert. Und auch hier bleibt nach Preissteigerung nichts mehr übrig, so dass aus der früher risikolosen Rendite heute längst ein renditeloses Risiko geworden ist.

Der Zinseszinseffekt ist kein Effekt mehr

Auch der Zinseszinseffekt, aufgrund dessen man früher nicht verhindern konnte, reich zu werden, hat seinen Rendite-Glamour verloren. Stellen wir uns zur plastischen Veranschaulichung doch einmal vor, dass die drei Weisen aus dem Morgenland dem neugeborenen Jesuskind im Jahre 0 nicht Gold, Weihrauch und Myrrhe geschenkt hätten, sondern einen Euro. Angelegt hätte man ihn in fünfjährige deutsche Staatsanleihen zum aktuellen Zinssatz von 0,12 Prozent mit regelmäßiger Wiederanlage der Zinserträge auch zu diesem Zinssatz. Die bis heute erzielte Vermögensposition beliefe sich noch nicht einmal auf 11 Euro. Hätte man stattdessen zum langfristigen Durchschnittszins für fünfjährige Staatspapiere von vier Prozent angelegt, verfügte man heute über ein Vermögen von über 20 Quintilliarden. Der Zinseszinseffekt ist nur dann wirkungsvoll, wenn der zugrunde gelegte Zins eine entsprechende Höhe hat.

Auch vor diesem Hintergrund muss die extrem zinslastige Vermögensstruktur der Deutschen dringend überprüft werden. Der deutsche Otto Normal-Anleger steckt etwa 80 Prozent seines Geldvermögens in Zinsanlagen. Er sollte es alternativ mit einer Dividendenstrategie versuchen. Dividenden stellen eine attraktive Ersatzbefriedigung zu Zinsen und Renditen dar: Aktuell wartet der DAX mit 3, der Euro Stoxx 50 mit 3,7 und einige Branchen sowie ein Euro-Dividendenindex mit bis zu fünf Prozent Dividendenrendite auf.

Auf den Dividendendividendeneffekt setzen

Ersetzen Sie doch einfach den Zinseszinseffekt durch den Dividendendividendeneffekt. Die Attraktivität dieser Anlagestrategie kann man am Beispiel der Deutschen Telekom seit Börseneinführung, gerechnet mit und ohne Wiederanlage der Dividende verdeutlichen. Ohne reinvestierte Ausschüttungen hätte sich im gesamten Anlagezeitraum ein Kursverlust von annähernd 40 Prozent, per anno also 2,9 Prozent ergeben. Mit regelmäßiger Wiederanlage der Ausschüttungen in neuen Telekom-Aktien hätte sich bis heute insgesamt ein Wertzuwachs von über 30 Prozent, p.a. 1,5 Prozent, ergeben. Auf diese Weise erwirtschaftet man sich zumindest ein ordentliches Risikopolster gegen Kursschwankungen.


Liebe Anlegerinnen und Anleger, sparen Sie sich nicht weiter arm! Bekämpfen Sie ihre persönliche Sparguthabenkrise, indem Sie verstärkt eine nachhaltige Dividendenstrategie, gerne auch in Form regelmäßiger laufender Sparpläne, verfolgen. Denken Sie an Ihre Altersvorsorge. Machen Sie aus dem nächsten Weltspartag wieder einen Feiertag!

VOLKSWIRTSCHAFTLICHE PROGNOSEN AUF EINEN BLICK

KAPITALMARKT AUF EINEN BLICK

Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse der Baader Bank AG

Rechtliche Hinweise/Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenskonflikten der Baader Bank AG:

http://www.baaderbank.de/disclaimer-und-umgang-mit-interessenskonflikten/

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