Kommentar
08:31 Uhr, 13.06.2022

Frühes Ende der Bärenmarktrally am Aktienmarkt: Böses Omen?

Die Bärenmarktrally fand am Freitag ein jähes und frühes Ende. Der Abverkauf geht zudem am Montagmorgen munter weiter. Nicht einmal zwei Wochen konnten Anleger durchatmen. Das ist ungewöhnlich. Ein schlechtes Omen?

Bärenmarktrallys sind eigentlich etwas, auf das sich Anleger freuen können. Man kann durchatmen und die Erholung nutzen, um Positionen zu verkaufen. Im Normalfall haben Anleger dafür knapp zwei Monate Zeit. So lang dauert die durchschnittliche Bärenmarktrally. Dieses Mal war es anders. Zunächst gewann der S&P 500 innerhalb von sieben Handelstagen 10,33 %. Danach ging es weitere sieben Handelstage seitwärts und Ende vergangener Woche rasant bergab. Damit nimmt der Kurs, der bisher dem Durchschnitt nahekam, einen anderen Verlauf. Wenn eine Rally so früh endet, wirft das Fragen auf. Vor allem eine Vermutung steht im Vordergrund: Die Lage ist richtig ernst. Eine Gegenbewegung, die zu früh endet und der Rebound ungewöhnlich schwach ausfällt, zeigt, dass es wenig gibt, an das sich Anleger klammern können.


Jeder Bärenmarkt wird von Hoffnung unterbrochen. Die Hoffnung bis Ende letzter Woche beruhte auf der Annahme, dass die Inflationsrate ein Hoch erreicht hat und die Fed die Zinsen deswegen zukünftig langsamer anheben wird. Notenbanker selbst hatten die Hoffnung genährt, indem sie von einer möglichen Pause im September sprachen.

Nun ist klar: Die Inflation hat ihr Hoch noch nicht erreicht. Der Rückgang im April war ein Fehlsignal. Anleger sind jetzt mit einem neuen Szenario konfrontiert. Im besten Fall wird der ursprüngliche Plan aufgenommen. In diesem Fall erhöht die Notenbank den Leitzins bei den nächsten Entscheiden um je einen halben Prozentpunkt.

Im schlimmsten Fall wird die Zinswende beschleunigt. Bisher gab es eine vage Garantie, dass der Leitzins nicht um mehr als einen halben Prozentpunkt je Entscheid steigt. Nun müssen Anleger mit 0,75 Prozentpunkten rechnen. Die Ansätze von Panik am Freitag lassen sich also gut erklären. Bedeutet der Abverkauf und das frühe Ende der Erleichterungsrally jedoch, dass es jetzt nur noch schlimmer wird?

Genau diese Frage kam mir in den Sinn, als ich Grafik 1 betrachtete. Es kam mir aber doch komisch vor, dass diese Bärenmarktrally völlig anders gewesen sein soll als alle anderen. Stellt man das Ausmaß der Erleichterungsrally (10,33 %) mit dem vorherigen Kursverlust von knapp 18 % in Bezug, liegt die Rally fast genau auf Trend (Grafik 2, roter Punkt).


Der Unterschied zu Grafik 1 liegt in der zeitlichen Komponente. Die Rally war kurz, eigentlich viel zu kurz. Das prozentuale Ausmaß hingegen liegt im Trend. Der durchschnittliche Kursverlauf einer Bärenmarktrally zeigt das nicht. Wenn man in der aktuellen Lage also etwas Positives berichten will, dann kann man zumindest sagen, dass der Bärenmarkt mit seiner Erholungsrally nach Plan verläuft und weiterhin ein ganz gewöhnlicher Bärenmarkt ist.

Seit Jahresbeginn hatte ich immer wieder empfohlen, Erholung für Gewinnmitnahmen zu nutzen. Meine Investitionsquote habe ich so auf 50 % reduziert. Dort wird sie bleiben. Ab jetzt wird nach Einstiegspunkten gesucht. Das bedeutet nicht, dass gleich morgen gekauft wird. Geduld ist gefragt. Es kann unter Umständen Monate dauern, bis es zu einer Kaufgelegenheit kommt.

Clemens Schmale


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  • Blaues_Hufeisen_liebt_Anacott_Steel
    Blaues_Hufeisen_liebt_Anacott_Steel

    Zitat von oben:

    "Seit Jahresbeginn hatte ich immer wieder empfohlen, Erholung für Gewinnmitnahmen zu nutzen. Meine Investitionsquote habe ich so auf 50 % reduziert. Dort wird sie bleiben. Ab jetzt wird nach Einstiegspunkten gesucht."

    VERSUS

    Aus Ihrem Artikel "Ist die Kaufpanik nachhaltig?" vom 09.03.2022:

    "Persönlich war ich vor Beginn der Krise fast vollständig investiert und bin es immer noch. Wie ich mit hohen Barmitteln umgegangen wäre, habe ich beschrieben. Am 24. Februar hätte ich die erste und gestern die zweite Tranche gekauft, mit Platz für eine dritte. Das gilt immer noch."

    Vielleicht liegt's an mir aber ich kriege Ihre Pläne nicht ganz übereinander.

    Ich hatte den Eindruck, dass Sie bereits ab Anfang März gerne einen sukzessiv eingestiegen wären, Ihre nahezu vollständige Investitionsquote es aber nicht ermöglichte.

    20:28 Uhr, 13.06.2022

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Über den Experten

Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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