Kommentar
13:17 Uhr, 16.01.2005

Fondsmanager vs. Anleger – einige Unbekannte in der Gleichung

Die meisten Fondsmanager sind weniger als 6 Jahre am Ruder des gleichen Fonds. Dies war das Ergebnis einer kürzlich von Morningstar durchgeführten Umfrage unter europäischen Fondsgesellschaften. Zudem hängen variable Gehälter oft von der Einjahresperformance ab. Wie passt dies mit dem Gedanken der Fondsanlage als Langfristinvestment zusammen?

Kaum, denn Anreizstrukturen und Beständigkeit des Managements dürften einen erheblichen Einfluss auf die Performance haben.

Wer für Fonds als erfolgversprechende, langfristige Anlagemöglichkeit wirbt, muss als Anbieter den eigenen Fondsmanagern die richtigen Anreize setzen. Davon auszugehen, dass es automatisch einen Gleichklang der Interessen gibt, ist unrealistisch. In manchen Unternehmen können die Rahmenbedingungen aber sogar dazu führen, dass ohnehin bestehende Interessenkonflikte noch verschärft werden.

Wie kann ein Anleger erkennen, ob es potentielle Konflikte gibt? Idealerweise sollte er sich über Details wie die Ausgestaltung der variablen Gehälter informieren und prüfen, ob diese zur Anlagestrategie passen: Ein langfristig angelegter Valueansatz, der mit einem auf der Einjahresperformance beruhenden Bonus verknüpft wird, ist widersprüchlich. Wer vor allem auf die kurzfristige Performance schaut, wird sich antizyklische Entscheidungen zweimal überlegen - diese könnten schließlich nicht rechtzeitig aufgehen. Ein Fondsmanager, der anhand der Langfristentwicklung gemessen wird, dürfte zudem ein größeres Interesse daran haben, sein Mandat möglichst lange zu behalten.

Wird ein Fondsmanager für das Wachstum des Fondsvermögens belohnt, sind Interessenkonflikte vorprogrammiert. Einerseits kann eine übermäßige Aufblähung des Fondsvolumens bestehenden Anlegern schaden, wenn sich die bisherig Strategie nicht mehr fortführen lässt. Andererseits dürfte der Fondsmanager kaum darauf dringen, den Fonds für neue Mittel zu schließen. Bonuszahlungen, die von der Profitabilität der Gesellschaft abhängen, sind ebenfalls problematisch. Was für den Anbieter einträglich ist - beispielsweise eine Erhöhung der Verwaltungsgebühr - ist für den Anleger oft ein Nachteil.

Eine positive Signalwirkung geht dagegen von Fondsmanagern aus, die selbst in ihre Fonds investieren. Wer freiwillig eigenes Geld einsetzt, dürften auch von seinem Mandat und der Anlagestrategie überzeugt sein. Bei Fonds mit enger Ausrichtung kann dies sicherlich nicht immer verlangt werden, falls es sich jedoch um ein breit diversifiziertes Mandat handelt, kommt die Auszahlung von Boni in Form von Fondsanteilen durchaus in Frage.

Es greift jedoch zu kurz, die Gehaltstruktur für sich genommen zu betrachten. Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Rahmen des Investmentprozesses sind ebenso ein wichtiger Motivations- (oder Demotivations)faktor. Unbestritten ist, dass ein Portfolio meist nicht von einer Person alleine gemanagt wird, sondern die Ideen eines mehr oder weniger großen Investmentteams dahinter stehen. Letztendlich sollte es dennoch jemanden geben, der für den gesamten Fonds verantwortlich ist und entsprechende Entscheidungsvollmachten hat. Die Identifizierung mit dem jeweiligen Mandat dürfte dagegen leiden, wenn ein Manager in seiner Entscheidungsfreiheit zu stark eingeschränkt wird oder größtenteils Vorgaben anderer implementieren muss.

Letztendlich ist eine angemessene Anreizstruktur Zeichen einer gesunden Firmenkultur, die es ermöglichen sollte, Fondsmanagerwechsel gering zu halten und talentierte Mitarbeiter langfristig zu binden. Mehr Kontinuität im Management sollte tendenziell auch zu mehr Berechenbarkeit und einer stetigeren Wertentwicklung beitragen.

Während es also viele Anhaltspunkte dafür gibt, ob Fondsgesellschaften die Interessen der Anleger tatsächlich vertreten, sind entsprechende Informationen in Europa meist nicht verfügbar. In den USA existieren hierzu bereits regulatorische Verpflichtungen, z.B. die namentliche Auflistung der Fondsmanager. Eine Gesellschaft kann sich dort nicht mehr hinter dem Begriff "Teamansatz" verstecken. Allerdings gehen sie nicht so weit, als dass alle relevanten Punkte abgedeckt würden. Als Anstoß zu Verbesserungen - nicht zuletzt des Arbeitsumfelds für Fondsmanager - wäre der Aufwand, den eine höhere Transparenz natürlich zwangsläufig mit sich bringen würde, dennoch zu rechtfertigen. Kürzlich wurde mehr Offenheit auch von den Managern deutscher Aktiengesellschaften eingefordert. Warum sollte es bei Fondsverwaltern, die für Millionen an Anlegergeldern verantwortlich sind, anders sein?

Quelle: Morningstar Deutschland

Die Aufgabe der Fonds-Ratingagentur Morningstar ist es, leicht zugängliche Informationen und Anwendungen anzubieten um den Anlegern eine objektive Hilfe zu den mehr als 6.000 in Deutschland zugelassen Fonds zu geben. Als Teil des europäischen Netzes lancierte Morningstar seine Dienste in Deutschland am 23.05.2001 unter www.morningstarfonds.de

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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