Fondsmanager erwartet Fusionen bei Versorgern
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Die M&A-Tätigkeit in Europa hat sich seit kurzem auf den Versorgungssektor verlagert. Welche Faktoren haben dazu geführt?
Der europäische Versorgungssektor hat sich schon seit längerem der Gefahr von Unternehmensübernahmen und - zusammenschlüssen ausgesetzt. In Zeiten steigender Energiepreise erwirtschaften Unternehmen, die für gewöhnlich einen hohen Cashflow erzielen, noch höhere Einnahmeüberschüsse. Ein Großteil dieses Vermögens wird dann in teure Akquisitionen investiert, die innerhalb des Sektors insbesondere dann rasant zunehmen können, wenn Unternehmen befürchten, auf der Strecke zu bleiben, wenn sie nicht schnell handeln. Generell haben europäische Versorger eine relativ laxe Kapitaldisziplin an den Tag gelegt und oftmals inmitten der Hochkonjunktur Akquisitionen getätigt. Es herrscht die Ansicht vor, je größer desto besser.
In welcher Konjunkturphase befinden wir uns derzeit?
Momentan fühlen sich die Unternehmen innerhalb des Sektors finanziell recht sicher. Sie haben eine schwierige Phase überstanden, in der es auf Grund zu umfangreicher Expansionen zu zahlreichen Konkursen gekommen war. In den vergangenen Jahren haben die Versorger im Allgemeinen Unternehmensbereiche, die keine Kernkompetenz darstellten, ausgegliedert. Darüber hinaus haben sie Investitionsausgaben eingeschränkt, um ihre bis dahin überbeanspruchten Bilanzen nach der letzten Übernahmewelle wieder ins Lot zu bringen. Dies hat zu einer Situation geführt, in der einige Unternehmen nun aus dem Vollen schöpfen können. Da die Höhe der Kapitalrendite gewissermaßen begrenzt wird, um übermäßige politische Überprüfungen zu vermeiden, sind Unternehmenszusammenschlüsse und - übernahmen eine nahe liegende Lösung.
Genau dies beobachten wir zurzeit in Europa. Der dreiste Versuch von Gas Natural, seinen größeren spanischen Rivalen zu übernehmen, hat die deutsche Gesellschaft E.On dazu veranlasst, ein Gegenangebot für Endesa vorzulegen. Indes streben Suez und Gaz de France (GdF) eine Allianz an, mit dem Ziel, einen nationalen Giganten in Frankreich zu schaffen. Dieser Schachzug wird von vielen als Schutzreaktion auf das gezeigte Interesse des italienischen Konzerns Enel an Suez gesehen. Auch wenn die Avancen von Enel den Zeitrahmen etwas geändert haben, haben beide französische Gesellschaften zweifellos schon länger über die Möglichkeit einer Fusion nachgedacht. Dennoch vermute ich, dass sich die Unternehmen gewünscht hätten, dass es erst in ein paar Jahren dazu käme.
Nach einer Periode des Schuldenabbaus und der Abspaltung von Konzernsparten verfügt Enel nun über eine enorme "Bilanzflexibilität" und sieht sich dem strategischen Dilemma gegenüber, wie die Gesellschaft außerhalb ihres Binnenmarkts expandieren kann, da ihre Optionen dort begrenzt sind. Aus diesem Grund hat der Konzern deutlich signalisiert, dass eine Akquisition erfolgen muss. Suez scheint dabei derzeit ganz oben auf der Wunschliste zu stehen. Sollte Enel Suez tatsächlich übernehmen, wird der Konzern gleichzeitig die Nebensparten des Unternehmens und bestimmte andere Energiedienstleistungen abtrennen wollen.
Schroders ist an Suez beteiligt. Wie schätzen wir die Lage ein?
Unseres Erachtens wird durch eine Fusion von Suez und GdF ein außergewöhnlich starker und mächtiger Konzern sowohl im Strom- als auch im Gasbereich geschaffen. Eine derartige Integration könnte einen deutlich höheren Shareholder Value mit sich bringen. Allerdings spiegeln die Bedingungen des Zusammenschlusses, wie sie momentan vorgeschlagen werden, den Wert von Suez als eigenständigem Unternehmen unserer Ansicht nach nicht vollständig wider. Tatsächlich würde der Wertzuwachs bei Suez gemäß den vorgeschlagenen Bedingungen den GdF-Aktionären zugute kommen (unter denen der französische Staat eine Mehrheitsbeteiligung hält). Zwischenzeitlich wägt Enel seine Optionen ab.
Wie stellt sich die Lage in Spanien dar?
Neben den Rangeleien um Suez hat sich in Spanien eine ähnliche Situation ergeben. Eine geplante „spanische Lösung” wurde kurz vor zwölf durch ein Übernahmeangebot des deutschen Versorgers E.On für Endesa vereitelt. In diesem Fall reagierte die spanische Regierung dadurch, dass sie die derzeitigen Rahmenbedingungen für spanische Versorger negativ beeinflusst hat. Vermutlich als Versuch, den Avancen von E.On entgegenzuwirken. Gas Natural steckt indes seine Möglichkeiten ab. Auch hier wird noch eine gewisse Zeit verstreichen, bis es zu einem Ergebnis kommt.
Welche Auswirkungen wird dieser nationale Protektionismus auf das „europäische Projekt“ haben?
Beide Entwicklungen haben immense Auswirkungen auf grenzüberschreitende Transaktionen in Europa und auf die Reaktion nationaler Regierungen gegenüber dem Interesse von Seiten „ausländischer“ Bieter. In beiden Fällen könnten diese Entwicklungen einen gewaltigen politischen Sturm vom Zaun brechen und als Herausforderung für das europäische Projekt betrachtet werden.
Wie schätzen Sie die kommenden Jahre für europäische Versorger im Allgemeinen ein?
Der Trend hin zu größeren Konsolidierungen wird sich fortsetzen. Zurzeit gibt es zu viele Versorger mit unausgewogenen Bilanzen. Der Zusammenschluss von Versorgungsunternehmen ist eine logische Folge davon und das Thema ist keineswegs eine vorübergehende Erscheinung. Allerdings haben diese Gesellschaften bislang kaum Akquisitionen außerhalb der jeweiligen Landesgrenzen getätigt. Wir favorisieren tendenziell Unternehmen, die den Schwerpunkt auf Effizienzsteigerungen ihrer bestehenden Sparten setzen, und nicht so sehr Unternehmen, die Übernahmen tätigen müssen, um Erfolg zu haben.
Um ein Beispiel zu nennen:
eine Gesellschaft in Europa, die sich die Verbesserung ihrers derzeitigen operativen Geschäfts sowie Kosteneinsparungen zum Ziel gesetzt hat, ergänzt durch begrenzte und komplementäre Investitionsausgaben, ist der in Rom ansässige kommunale Versorger Acea. Acea zählt nach wie vor zu den Gesellschaften, von denen wir vollkommen überzeugt sind, und ist einer der billigsten Versorger in Europa. Interessanterweise hält Suez inzwischen selbst eine Beteiligung von 9% an Acea. Auch Suez ist schon seit geraumer Zeit einer unserer größten Favoriten. Wie bereits erwähnt sind sowohl das spekulative Interesse von Enel als auch die vorgeschlagene Fusion mit GdF interessante Entwicklungen, solange die jeweiligen Kombinationen einen angemessenen Wert für Suez darstellen.
Gibt es weitere gute Gelegenheiten?
Wir sind besonders an dem österreichischen Versorger EVN interessiert. Wenn man die 12,5%-ige Beteiligung an Verbund (dem österreichischen Wasserkraftwerk) und die anderen nicht konsolidierten Investitionen von EVN berücksichtigt, ist die Aktie angesichts ihres attraktiven Wachstumsprofils äußerst günstig bewertet. Dies ist teilweise auf die vor kurzem getätigten Akquisitionen in Bulgarien zurückzuführen, wo die Wirtschaftsexpansion wahrscheinlich zu einer höheren Nachfrage nach Strom führen dürfte. Darüber hinaus gibt es Spielraum für weitere Kostensenkungen innerhalb der Gesellschaft.
Ein weiterer Favorit ist BKW, das unseres Erachtens zu den strategisch wertvollsten Unternehmen in Europa zählt. Diese Schweizer Gesellschaft verfügt über eine äußerst wertvolle Palette an Wasserund Atomkraftwerken sowie über eine hohe Übertragungskapazität in der gesamten Schweiz. Sie dürfte auf Grund ihres langjährigen Bestehens und ihrer relativ niedrigen und flachen Kostenstruktur von den steigenden Energiepreisen in Europa profitieren. Abschließend ist auch das belgische Unternehmen Fluxys ein unterbewerteter Versorger und eine strategisch interessante Anlage im Herzen des europäischen Gasnetzes. Seine Aktien werden bereits seit einigen Jahren von uns favorisiert.
Quelle: Schroders
Die Schroders-Gruppe ist eine führende internationale Vermögensverwaltungsgesellschaft, die 1804 gegründet wurde. Schroders verwaltet Anlagen für Pensionsfonds, Regierungsbehörden, Wohltätigkeitsorganisationen, Körperschaften, Familienunternehmen und vermögende Privatpersonen weltweit und ist ein führender Verwalter von Investmentfonds. Schroders bietet Anlagen in allen wichtigen Vermögenskategorien in entwickelten Ländern und Schwellenländern an: Aktien, Schuldtitel, Geldmarktinstrumente, Beteiligungen und Immobilien. Das weltweit verwaltete Vermögen betrug zum 31. März 2005 rund 158,2 Mrd. Euro.
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