Kommentar
22:55 Uhr, 17.05.2013

Finanzkrise im Überblick: Sorge vor dem ESM-Urteil wächst!

Wochenende, 11./12. Mai:

Jürgen Fitschen, Co-Chef der Deutschen Bank, hat die Niedrigzinspolitik der EZB kritisiert und eine Rückkehr zur Normalität gefordert. "Die billige Liquidität von der Zentralbank ist nicht gesund", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Es sei aber sehr wichtig, den richtigen Weg für ein Umsteuern zu finden, um nicht sofort den nächsten Kollaps zu provozieren.

Die Bundesregierung fordert mehr Sparbemühungen von den Krisenländern. In einem Dossier, das dem "Spiegel" vorliegt, werden bisherige Reformen als unzureichend kritisiert und Versäumnisse der Südländer aufgelistet.

Italien: Das Volumen der notleidenden Kredite ist im März auf ein neues Rekordhoch von 131,0 Milliarden Euro gestiegen, nach 127,7 Milliarden Euro im Vormonat. Das entspricht einem Anteil von 13,1 Prozent.

Montag, 13. Mai:

Saxo Bank-Chef Lars Christensen hält den Euro für einen historischen Fehler. Er geht laut Zerohedge davon aus, dass die Eurozone auseinanderbrechen wird. Die Zwangsabgabe in Zypern sieht er als Blaupause.

Die G7-Staaten unterstützen die Wirtschaftspolitik Japans, mit der eine Wirtschaftsbelebung und ein Ende der Deflation erreicht werden soll.

Portugal: Kabinett billigt Prüfbericht der Troika und macht damit den Weg für die Auszahlung der nächsten Hilfstranche frei.

Financial Times: Bundesfinanzminister Schäuble fordert eine Übergangslösung bei der Bankenunion, damit marode Institute schneller abgewickelt werden können. Einem Medienbericht zufolge lehnt EZB-Direktoriumsmitglied Asmussen den Vorschlag ab.

Bundesfinanzminister Schäuble hat sich kritisch zu den Überlegungen von EZB-Chef Mario Draghi, die südeuropäischen Schuldenstaaten durch den Aufkauf von verbrieften Darlehen zu entlasten, geäußert. Dies sei "verdeckte Staatsfinanzierung", sagte er laut "Spiegel".

Laut einer Fitch-Umfrage gehen europäische Investoren davon aus, dass das Schlimmste in der Eurozone noch nicht vorbei ist.

EU-Kommission: Griechenland wird die Defizit-Ziele 2013 und 2014 voraussichtlich einhalten können.

Zypern hat eine erste ESM-Hilfstranche über 2,0 Milliarden Euro erhalten.

FT: Die US-Hedgefonds sind inzwischen bullich was den Euro angeht. Ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone sei nach den Aktionen der EZB im vergangenen Jahr unwahrscheinlich.

Griechenland: Euro-Finanzminister geben nächste Milliardenzahlung frei +++ Athen erhält 7,5 Milliarden Euro.

Portugal: Die Eurogruppe hat eine neue Hilfszahlung im Volumen von 2,1 Milliarden Euro genehmigt. "Das portugiesische Programm ist weitgehend auf der Spur", so EU-Währungskommissar Olli Rehn.

Großbritannien: Premierminister Cameron lehnt Forderungen aus seinem Kabinett nach einem schnellen EU-Referendum ab. "Ich möchte, dass sich die EU wandelt. Ich möchte, dass sich die Beziehungen Großbritanniens mit den Europäern verändern und verbessern", so Cameron.

Dienstag, 14. Mai:

Griechische Ökonomen gründen Anti-Euro-Partei. Die Bewegung "Drachme fünf Sterne" tritt dafür ein, dass alle südlichen Euro-Länder unter der Führung Italiens die Währungsunion verlassen.

Die Bürger in Europa verlieren zunehmend das Vertrauen in die EU. Laut einer Studie des Washingtoner Pew Research Center äußerten nur 45 Prozent der Befragten in acht Staaten Zustimmung zur EU. Vor einem Jahr waren es noch 60 Prozent.

Bankenunion: Unstimmigkeiten innerhalb der Eurozone, insbesondere was die Frage betrifft, ob die Bankenunion ohne Änderung der EU-Verträge aufgezogen werden kann.

Die EU-Kommission will laut "Handelsblatt" nicht nur kleine Sparer vor den Folgen von Bankpleiten schützen, sondern auch wohlhabende Anleger bevorzugt behandeln. Die staatliche Garantie für Sparkonten bis zu 100.000 Euro reiche nicht aus, hieß es in EU-Kommissionskreisen. Wenn die Inhaber größerer Konten bei einer Schieflage ihrer Bank um ihre Einlagen fürchten müssten, dann würden sie womöglich die Schalter stürmen und ihre Konten räumen.

Mittwoch, 15. Mai:

Die japanische Notenbank will am Freitag 2,8 Billionen Yen (rund 21 Milliarden Euro) in den Geldmarkt pumpen, um den Bondmarkt zu beruhigen. Das ist dreimal so viel wie an einem gewöhnlichen Tag. Ziel ist es, den Anstieg der Renditen für Staatsanleihen zu stoppen.

Nach Ansicht des früheren EZB-Chefvolkswirts Jürgen Stark ist die Fristverlängerung für Frankreich für das Erreichen der Defizitziele schädlich für die Wirkung des Fiskalvertrages. "Schon beim ersten Test ist er durchbrochen worden und damit nicht mehr glaubwürdig", sagte er dem "Handelsblatt".

Frankreichs Industrieminister Arnaud Montebourg hat sich im "Handelsblatt"-Interview für eine Erweiterung oder zumindest eine flexiblere Interpretation des EZB-Mandats ausgesprochen und zugleich eine umfassende geld- und finanzpolitische Lockerung gefordert. Zugleich plädiert er für eine gezielte Wechselkurspolitik der EZB.

Frankreichs Industrieminister Arnaud Montebourg hat im "Handelsblatt"-Interview die 3 Prozent-Grenze für die Neuverschuldung in Frage gestellt. Sie sei nie eingehalten worden, auch nicht im Aufschwung. "Sie jetzt in der Krise noch in der Krise schärfer anzuwenden, sei kontraproduktiv".

S&P: Bail-In in Zypern könnte zu einem Präzedenzfall in der Eurozone werden.

Bundesfinanzminister Schäuble hat sich für eine klare Haftungsreihenfolge bei der künftigen Rettung von Banken ausgesprochen. Zuerst müssten die Eigentümer und dann die Anleihegläubiger zur Kasse gebeten werden. Anschließend müssten die ungesicherten Einlagen der Sparer herangezogen werden.

Donnerstag, 16. Mai:

AfD-Chef Bernd Lucke fordert eine Kehrtwende in der Europapolitik. Sonst kommen auf Deutschland "noch viel schrecklichere Lasten zu", sagte er im "Handelsblatt"-Interview. Die Regierung betreibe eine "Enteignung der Bürger auf Raten".

Unions-Fraktionsvize Michael Meister fordert von der EZB mehr Härte gegenüber Italien. Die EZB müsse von Italien die Erfüllung seiner Verpflichtungen einfordern, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Wenn Italien das nicht leisten kann, ist die Grundlage für den Kauf italienischer Staatsanleihen entfallen."

EU-Kommissionspräsident Barroso fordert weitergehende Reformen von Frankreich.

Spanien: Defizit der Zentralregierung im ersten Quartal bei 1,53 Prozent des BIP.

EU-Kommissionspräsident Barroso hat sich klar gegen einen Abwertungswettlauf ausgesprochen. Es ist wichtig, dass der Euro stabil bleibt.

Financial Times: Die spanische Zentralbank wirft den Banken des Landes vor, das volle Ausmaß der faulen Kredite in ihren Bilanzen zu verschleiern und fordert die Institute auf, bei Krediten in Höhe von 208,2 Milliarden Euro Abschreibungen vorzunehmen.

John Williams, Chef der Fed San Francisco: Die Fed könnte ihre Anleihekäufe im Laufe des Jahres drosseln und zum Jahresende sogar ganz einstellen. Dafür müsse sich die Wirtschaft aber wie erhofft entwickeln. Derzeit habe sich der Arbeitsmarkt noch nicht genügend erholt.

Freitag, 17. Mai:

Spanische Zentralbank: Das Volumen der faulen Kredite betrug im März 163,3 Milliarden Euro.

EZB-Ratsmitglied Benoit Coeure: Auseinanderklaffende Finanzierungskosten im Euroraum, als Folge unterschiedlicher Risiken oder aufgrund mangelndem Eigenkapital, fallen nicht in den Aufgabenbereich der EZB.

Bei der EZB wächst die Sorge vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum ESM und dem OMT-Programm am 11. Juni. "In der Bundesbank gibt es echte Euro-Gegner", zitiert die "Bild"-Zeitung aus EZB-Kreisen. Hinter den Kulissen werde Druck auf das Verfassungsgericht ausgeübt. In einem Gutachten hatte Bundesbank-Chef Weidmann das OMT-Programm kürzlich scharf kritisiert. Wenn das OMT-Programm gestoppt wird oder enge Grenzen gesetzt werden, dürfte die Euro-Krise erneut ausbrechen.

Der IWF hat vor einem Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik gewarnt. Eine Beendigungen der unkonventionellen Maßnahmen von Fed, BoE und EZB könnte die Erholung gefährden.

EZB-Direktoriumsmitglied Asmussen: Die EZB-Politik wird so lange wie nötig expansiv bleiben. Die EZB würde bei Anzeichen für eine Inflation handeln. Derzeit gibt es aber keinen Inflationsdruck.

EU-Kommission: Die griechischen Staatsschulden werden 2022 voraussichtlich bei rund 120 Prozent des BIP liegen.

EU-Kommission: Privatisierungsprozess in Griechenland nicht zufriedenstellend. Die öffentliche Finanzlage hat sich verbessert, es sind jedoch noch weitere Anstrengungen notwendig.

Fitch stuft Slowenien um eine Stufe von "A-" auf "BBB+" ab. Ausblick weiter negativ. Damit liegt die Bonität nun nur noch drei Noten über Ramschniveau.

IWF: Die Lage von Zypern ist weiterhin kritisch. Möglicherweise benötigt das Land mehr Geld, da die Konjunktur stärker schrumpfen könnte als prognostiziert. Der Währungsfonds erwartet im aktuellen Jahr einen Rückgang des BIP um 8,7 Prozent, und im kommenden Jahr ein Minus von 3,9 Prozent. Die Arbeitslosigkeit soll auf bis zu 16,9 Prozent, und der Schuldenstand auf 126 Prozent des BIP steigen.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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