Fibonacci Price Retracements und Fibonacci Price Extensions II
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Im ersten Teil dieser Lesson haben wir uns mit den mathematischen Verhältnismäßigkeiten der Fibonacci-Zahlenserie beschäftigt. Aus den daraus resultierenden Fibonacci Ratios sowie den in der Fachliteratur vernachlässigten Fibonacci Ratios wurde die Funktionseigenschaft der Fibonacci Price Retracements anhand unterschiedlicher Märkte in unterschiedlichen Intervallen dargestellt.
Wie im ersten Teil bereits angemerkt ist ein Markt, der weniger als 100% des vorangegangenen Swings korrigiert, immer ein Counter-Trend-Swing oder anders formuliert eine Korrektur des vorangegangenen Swings. Retracements betragen also immer weniger als 100%.
b) Fibonacci Price Extensions
Fibonacci Price Extensions sind in der Regel extreme Preisausschläge, die aus Trendbrüchen, Opening-Gaps, Limit-Up- oder Limit-Down-Bewegungen bei hoher Volatilität resultieren. Meistenteils treten Preisextensionen im Markt auf, wenn Neuigkeiten wie Zinsschritte, Konjunkturberichte, Wetterprognosen und Ernteberichte zu einer Umkehr der Trendrichtung führen.
Fibonacci Price Extensions sind wesentliche Retracements, die über 100% hinausgehen. Im Rahmen der Fibonacci-Zahlen-Verhältnismäßigkeiten gebrauchen wir die folgenden Prozentwerte:
- 127,2 %
- 161,8 %
- 200 %
- 261,8 %
- 423,6 %
Anzumerken ist, dass die Extension in Höhe von 200 % beziehungsweise das Ratio von 2.000 nicht direkt von der Fibonacci-Zahlenserie abgeleitet wird, ebenso wie bei den Retracements die Verhältnismäßigkeit von 50 % beziehungsweise das Ratio von 0.500. Dennoch betten wir diese Transformationen von 1 beziehungsweise 100% in unsere Reihenfolge der Fibonacci Ratios ein. Diese Vorgehensweise steht im Zusammenhang mit der oben angesprochenen Trendphilosophie und dem Ausmaß von Counter-Trend-Swings und ist im Allgemeinen üblich.
Lassen Sie uns im Folgenden die mögliche Wirkungsweise der Fibonacci Price Extensions anhand von Charts vor Augen führen!
Abbildung 1: Broadcom (BRCM), 60-Minuten-Intervall. 127,2 % Fibonacci Price Extension
In der Abbildung 1 sehen Sie ein Chart von Broadcom (BRCM) in einem 60-Minuten-Intervall. Am 18.10.2002, 9:30 Uhr, bildet Broadcom ein Tief bei $ 9.83. Ein anschließender Anstieg bis zum Hoch bei $ 14,47 am 4.11.2002 entpuppt sich als 127,2 % Fibonacci Price Extension des markierten Down Swings. Von diesem Widerstands-Level aus erfolgt eine stärkere Korrektur.
Abbildung 2: Motorola (MOT), Tages-Intervall. 161,8 % Fibonacci Price Extension
Im Tageschart von Motorola, siehe Abbildung 2, sehen Sie eine 161,8 % Fibonacci Price Extension. Mittels des Up Swings vom Tief am 5.8.2002 zum Hoch am 22.8.2002 projizieren wir ein 161,8 % Fibonacci Price Extension bei $ 8,07. In diesem Beispiel dient die Fibonacci Price Extension als Support-Level am 9.10.2002, von wo aus ein 30-prozentiger Anstieg erfolgt.
Abbildung 3: S&P 500 Index (SPX), 5-Minuten-Intervall. 161,8 % Fibonacci Price Extension
Eine weitere 161,8 % Fibonacci Price Extension sehen Sie in der Abbildung 3 am Beispiel des S&P 500 Index (SPX) in einem 5-Minuten-Intervall. Vom Opening Price um 9:30 steigt der SPX bis exakt zu einem „Square Root of 5“-Price Target um 10:00 Uhr, um von dort aus erst einmal bis zur 161,8 % Fibonacci Price Extension zu fallen. Da dieses Level ein erstes Profit Target darstellt, können Day Traders dort Gewinne von Short-Positionen kurzfristig erwägen. Anschließend bounct der Kurs von diesem Level.
Abbildung 4: Dow Jones Industrial Average (DJIA), Wochen-Intervall. 200 % Extension
Nicht nur in Minuten- und Tages-Intervallen, sondern auch in Wochen-Intervallen dienen Projektionen von Price Retracements und -Extensions der Lokalisierung von Support- und Resistance Levels (siehe Lesson, Teil I). In der Abbildung 4 sehen Sie ein Wochenchart des Dow Jones Industrial Average (DJIA). Die 200 % Price Extension des Swings vom Tief am 11.3.2000 bei 9.731 bis zum Hoch am 9.9.2000 bei 11.401 (blau markiert) zeigt einen perfekten Support bei 8062 und zeitgleich den Ausgangspunkt jener großen Rallye, welche am 21. September 2001 nach den Terroranschlägen auf das World Trading Center, NY begann. Diese große Rallye führte genau bis zu einem 78,6 % Fibonacci Retracement (im Chart eingezeichnet). Mit dieser Darstellung möchte ich zum einen die proportionale Beziehung aller Swings zueinander andeuten. Zum anderen möchte ich nochmals auf das „Mehrwert“-Fibonacci-Ratio von 78,6 % (siehe Lesson, Teil I), welches die meisten Anleger nicht „auf ihrer Rechnung haben“ und die klassische Elliott Wave Theorie auch nicht berücksichtigt, hinweisen.
Abbildung 5: Philadelphia Semiconductor Index (SOX), Tages-Intervall. 261,8 % Extension
Gehen wir weiter in der Reihenfolge der Extensions! In der Abbildung 5 sehen Sie ein Beispiel für eine 261,8 % Fibonacci Price Extension. Mit Absicht stelle ich Ihnen dieses Chart vor. Denn zum einen sehen Sie, dass wir nur einen relativ kleinen korrektiven Swing, von dem aus wir unsere Extensions projizieren, benutzen. Zum anderen sehen Sie, dass die Abwärtsbewegung ganz leicht unter das Fibonacci Level geht. Ich könnte Ihnen ebenso zig „Punktlandungen“ an dieser Stelle vorstellen, ich bezwecke aber, Ihnen zu demonstrieren, dass zum einen die nützlichen Swings für Extensions nicht immer auffällig sein müssen und dass Extensions nicht immer haargenauen Support bieten müssen. Wir werden diese Problematik und erste Lösungsansätze nachher noch erläutern.
Nun zum Chart: Sie sehen ein Chart des Philadelphia Semiconductor Index in einem Tages-Intervall. Ausgehend von einer Preisbewegung vom Swing Point Low am 7.5.2002 zum Swing Point High am 15.5.2002 wird ein Downmove des Marktes an der Umgebung der 261,8 % Fibonacci Price Extension gestoppt, und der Kurs bounct (engl., prallt ab) von diesem Niveau. Am/In der Nähe der 261,8 % Extension erhielten Sie eine Indikation für ein potenzielles Support Level und können Ihre Short-Position schließen, um sich dann gegebenenfalls später wieder in das Pullback zu „schälen“.
Wichtig ist es, in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass fünfwellige Strukturen häufig an den Extensions 161,8 %, 261,8 % und 423,6 % einer Welle 2 enden (siehe Elliott Wave Theorie). Die Welle 2 wird auch als „Initial Counter-Trend Swing“ bezeichnet.
Ebenso wird die Welle 5, solange sie nicht extensiert ist, an den Extensions 127,2 % oder 161,8 % der Welle 4 komplettiert.Bei einer Welle 2 oder einem Swing vor einem neuen Trend wird nur sehr selten die 423,6 % Extension überschritten.
Falls Sie sich näher mit der Elliott Wave Theorie beschäftigen möchten, empfehle ich Ihnen das Buch von Prechter, Frost: The Elliott Wave Principle – Key to Market Behaviour. Beachten Sie die verschiedenen Ausgaben.
Abbildung 6: S&P E-Mini (ESZ2), 5-Minuten-Intervall, 423,6 % Extension
In der Abbildung 6 sehen Sie ein Chart des S&P E-Minis (Dec 2002) in einem 5-Minuten Intervall. Am 2.12.2002 betrachten wir den ersten „auffälligen“ Swing (10:05 bis 10:20 Uhr) nach dem High von 10:00 Uhr. Von diesem Swing (blau markiert) projizieren wir wieder unsere (Retracements und) Extensions. Die 423,6 % Fibonacci Price Extension stellt einen Support dar, an dem Day Traders ihre Short-Position schließen können, um sich bei einem anschließenden Pullback wieder in eine Short-Position zu „schälen“.
Schlussbetrachtung
Extensions werden von den meisten Tradern nur in geringem Maße als Tools eingesetzt, sind aber sehr wertvolle Methoden der Preisprojektion beziehungsweise der Indikation für Widerstand und Unterstützung.
Aus den bisherigen Abbildungen wird ersichtlich, dass Fibonacci Price Retracements und –Extensions in allen Märkten und in allen Intervallen funktionieren.
Die Vorhersage der exakten Größe eines Retracements oder einer Extension ist ein empirisches Problem. Ein Markteinstieg nach einer Preiskorrektur von lediglich 38,2% mag zu früh sein, wohingegen ein Zuwarten auf ein Retracement von 61,8% dazu führen kann, dass ein kompletter Marktschwung verpasst wird.
Wenn Sie nach einer Marktkorrektur von 38,2% einen Trade eingehen, beinhaltet dies das Risiko , dass Ihr Einstieg zu früh erfolgte und Sie schnell ausgestoppt werden, wenn der Markt dann noch weiter als 38,2% korrigiert. Wenn Sie dann auf das 61,8%- oder 78,6 %Retracement warten, haben Sie möglicherweise schon zu lange Zeit verstreichen lassen – wenn nämlich der Markt diese Niveaus nicht erreicht, haben Sie eventuell eine komplette Impulswelle verpasst, auf die Sie spekuliert haben.
Aus diesem Grunde sollten Sie einzelne Fibonacci Price Retracements- und Extensions nur als ein Mittel der Preisprojektion betrachten, das es durch andere Tools zu ergänzen gilt. Hierbei gibt es verschiedene Möglichkeiten. Empfehlenswert ist eine Pattern-Analyse. Egal, ob diese nun aus Candlestick-Patterns, Elliott Wave-Patterns oder anderen Methoden besteht – wichtig ist, dass Sie die Wahrscheinlichkeiten für ein potenzielles Support- beziehungsweise Resistance-Level erhöhen anstatt mit den „nackten“ Fibonacci Price Retracements- und Extensions zu arbeiten.
Falls Sie mit der Elliott Wave Analyse liebäugeln oder anders herum gar dieser aus Gründen der Komplexität verschlossen sind, dann möchte ich Ihnen an dieser Stelle mitteilen, dass die Theorie zwar wirklich grandios ist, aber ihre Anwendung vereinfacht und mit anderen Tools kombiniert werden kann, ohne dass dadurch einen Nachteil entstünde. Ganz im Gegenteil.
Ziehen Sie eine Methode zur Hilfe, die Ihnen liegt! Finden Sie zu Ihrem Trading Stil, ... wenn Sie denn noch keinen gefunden haben sollten! Zusätzlich sollten Sie auf Gaps, Kanäle und auf ausgesuchte Indikatoren achten.
Darüber hinaus - und damit schließt sich wieder ein Kreis - stehen Ihnen mit den Fibonacci Price Retracements und - Extensions Werkzeuge der Technischen Analyse zur Verfügung, die Sie auch noch fine-tunen können.
Stellen Sie sich einmal vor, dass verschiedene Preis-Projektionen aufeinandertreffen. Mit anderen Worten: Sie benutzen verschiedene Swings, um ihre Retracements und Extensions zu projizieren. Treffen diese Projektionen an einem Preis-Level zusammen, besitzen diese Preis-Levels eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine Support-/Resistance-Indikation als beispielsweise eine einfache Extension.
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Teil I dieses Tutorials finden Sie wie gewohnt im unten verlinkten Chartlehrgang.
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