Kommentar
08:22 Uhr, 15.12.2022

Fed-Sitzung: Aktien-Party mit Dämpfer – Jahresendrally schon beendet?

Die Rede von Fed-Chef Jay Powell vom 30. November hatte bei vielen Investoren die Hoffnung auf eine Jahresendrally geschürt. Umso überraschter waren Anleger von den Ergebnissen der Fed-Sitzung.

Mit einer Berg- und Talfahrt haben S&P 500 , Nasdaq Composite, DAX und EUR/USD auf die Fed-Sitzung vom 14. Dezember reagiert. Der Grund: zuerst hat die Fed signalisiert, dass sie in den nächsten Monaten die Zinsen stärker erhöhen will als Investoren zuletzt erwartet hatten, was die Märkte nach unten hat rauschen lassen. Anschließend hat Fed-Chef Jay Powell mit einer beiläufigen Aussage kurz Hoffnung bei Investoren geschürt, die aber schnell wieder verpufft ist.


Fed senkt Prognose für Wirtschaftswachstum, erhöht Inflationsprognose

Was hat die Fed gestern genau angekündigt? Sie hat die Prognose für das Wirtschaftswachstum für 2023 eingedampft. Demnach soll das BIP im vierten Quartal 2023 um lediglich 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr wachsen, im September hatte die Fed noch 1,2 Prozent prognostiziert. Offenbar räumt die Fed ein, dass ihre bisherigen und die weiter geplanten Zinserhöhungen die US-Wirtschaft deutlich stärker belasten werden als die Fed bislang zugegeben hatte.

Im Gegenzug hat die Fed die Prognose zur Arbeitslosenquote für das vierte Quartal 2023 von 4,4 auf 4,6 Prozent anhoben, dabei hat die Fed jene für das vierte Quartal 2022 leicht gesenkt auf 3,7 Prozent. In den vergangenen Jahrzehnten hat es in den USA noch nie einen Anstieg der Arbeitslosenquote um 0,9 Prozentpunkte gegeben, ohne dass die Wirtschaft in einer Rezession gewesen wäre. Der neue Ausblick zur Arbeitslosenquote signalisiert für etliche Experten daher klar, dass die Fed mit ihren Zinserhöhungen die USA in eine Rezession treiben wird. Genau davor habe ich in den vergangenen Monaten zahllose Male gewarnt.

Zudem hat die Fed die Prognose für die Kernrate des PCE-Preisindex, des bevorzugten Inflationsindikators der Fed, für das vierte Quartal 2023 von 3,1 auf 3,5 Prozent angehoben. Damit signalisiert der Fed, dass der Aufwärtsdruck bei der Inflation auf Jahressicht stärker bleiben dürfte als die Fed bislang angekündigt hatte.

Fed erhöht Zinsausblick

Die Fed hat außerdem wie erwartet den Leitzins um 50 Basispunkte auf 4,25 bis 4,5 Prozent angehoben und angekündigt, dass „anhaltende“ Zinserhöhungen notwendig seien. Das Ausmaß der Erhöhungen sei von den Konjunkturdaten abhängig.

Geschockt waren Investoren hingegen von der Zinsprognose der Fed. Sie hat jene für Ende 2023 von 4,6 auf 5,1 Prozent angehoben, während viele Investoren aufgrund der Terminal Rate, also dem erwarteten Höhepunkt bei den Leitzinsen für diesen Zyklus, bislang von lediglich 4,9 Prozent ausgegangen waren. Der überraschend hohe Zinsausblick hat bei Anlegern die Sorge geschürt, dass die Fed die US-Wirtschaft in eine Rezession treiben wird, woraufhin die Zinsen für 10jährige US-Anleihen, ebenso wie S&P500, Nasdaq und DAX anfänglich eingebrochen sind.


Will die Fed das Inflationsziel erhöhen?

Auf der um 20.30 Uhr (deutscher Zeit) gestarteten Pressekonferenz hat Fed-Chef Jay Powell den kräftigen Rückgang der Inflationsrate für November heruntergespielt. „Es braucht erheblich mehr Beweise um uns die Zuversicht zu geben, dass die Inflation auf einem nachhaltigen Abwärtstrend ist“, sagte Powell. Zudem stemmte er sich Hoffnungen auf mögliche Zinssenkungen im kommenden Jahr entgegen. Dabei sind aktuell Zinssenkungen um rund 50 Basispunkte zwischen Mitte und Ende 2023 eingepreist.

Allerdings sorgte Powell mit einer scheinbar beiläufigen Aussage zur möglichen Erhöhung des Inflationsziels der Fed von aktuell 2 Prozent für eine kurzen Kurssprung nach oben an den Märkten. Eine mögliche Erhöhung „könnte zu einem bestimmten Zeitpunkt ein langfristiges Projekt werden“, sagte Powell.

Eine Erhöhung der Inflationsprognose auf 3 oder 4 Prozent – wie sie in den vergangenen Wochen von etlichen Experten ins Spiel gebracht worden war - würde bedeuten, dass die Fed künftig eine hohe Inflation weniger bekämpfen würde als die Fed das bislang suggeriert hat. Das ist eine zutiefst bullische Nachricht für die Aktienmärkte. Deswegen gab es einen kurzen Kurshüpfer nach oben beim S&P500.

Allerdings ist der Index schnell wieder nach unten gedreht, weil viele Investoren davon ausgehen, dass es kurzfristig nicht zu einer Änderung der Inflationsprognose kommen dürfte. Daher hat der Index den Handel mit einem Rückgang um 0,6 Prozent gegenüber dem Vortag bei 3.995,32 Punkten abgeschlossen. Damit liegt der S&P500 knapp unter der charttechnisch wichtigen 200-Tage-Linie von 4.032,13 Punkten.

Der Einbruch der US-Zinsen hat gleichzeitig den Dollar mit nach unten gezogen, woraufhin der Euro zugelegt hat und in der Nähe des Sechs-Monats-Hochs zum Dollar liegt.


Wie geht es weiter an den Märkten?

Mit der höher als erwarteten Zinsprognose für 2023 schürt die Fed Rezessionssorgen, weshalb Investoren in 10jährige US-Anleihen flüchten, und deren Zinsen einbrechen. Meiner Meinung nach sollte daher die Talfahrt bei den US-Zinsen zumindest kurzfristig weitergehen. Das dürfte gleichzeitig den Dollar weiter mit nach unten ziehen.

Ein sinkender Dollar sollte – wie schon in den vergangenen 2 Monaten – die Aktienmärkte stützen. Gleichzeitig kurbeln die sinkenden US-Zinsen die US-Wirtschaft an. Zwar will die Fed mit den Zinserhöhungen die Zinsen für Kredite für Verbraucher und Unternehmen nach oben treiben.

Allerdings dürften die zunehmenden Rezessionssorgen dazu führen, dass die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen weiter sinken und damit die Zinsen für Verbraucher- und Unternehmenskredite mit nach unten ziehen, was die Konjunktur stützen würde. Das sollte meiner Meinung nach für etwas Auftrieb an den Aktienmärkten sorgen, wenngleich es nicht zu einer dynamischen Jahresendrally bei S&P500, Nasdaq und DAX kommen sollte. Viele Anleger dürften aber heilfroh, wenn sich ihre bisherigen Kursverluste gegenüber Jahresanfang bis Ende des Jahres noch etwas verringern dürften.

Zudem sollte meiner Meinung nach die Erholung beim Euro weitergehen.

Umso wichtiger wird die heutige EZB-Sitzung. Sollte die EZB und ihre Chefin Christine Lagarde besonders taubenhaft sein und der Dollar plötzlich überraschend nach oben schießen, könnte die Party an den Aktienmärkten allerdings endgültig zu Ende sein und Investoren die Hoffnung auf eine Jahresendrally endgültig begraben. Das will ich jetzt aber erst einmal nicht hoffen.

In meiner Sendung "Euer Egmond" analysiere ich wöchentlich die Märkte!

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