Kommentar
10:58 Uhr, 31.08.2005

Fed: Minutes zeigen Sorgen um Effekte der Ölpreise

1. Gestern wurden die Sitzungsprotokolle der Federal Reserve vom Zinsentscheid des 9. August 2005 veröffentlicht. Sie boten wenig wirklich Neues.

Hintergrund des Zinsentscheids vom 9. August

2. Die Daten vor dem Zinsmeeting zeigten, dass sich die US-Wirtschaft auf einem soliden Wachstumspfad befindet. Der Arbeitsmarkt weist auf eine graduelle Verbesserung hin. Die Arbeitslosenquote befindet sich mit momentan 5,0 % auf einem Niveau, ab dem Fed-Vertreter ein Anziehen der Inflationsrate erwarten. Die Inflationsraten gingen wieder zurück. Gleichzeitig stieg aber der Preis für Rohöl nominal auf neue Rekordhöhen an. Die Zentralbank Chinas leitete eine Wende in ihrer Wechselkurspolitik ein, indem sie den Remninbi um 2,1 % gegenüber dem US-Dollar aufwerten ließ.

Diskussion und Konjunkturausblick im FOMC

3. Die BIP-Wachstumsprognose der Fed wurde – bedingt durch die stärker als erwartete aggregierte Nachfrage – für 2005 nach oben, ölpreisgetrieben aber für 2006 nach unten genommen. Aber auch erwartete höhere langfristige Zinsen und ein niedrigeres Produktivitätswachstum waren ausschlaggebend für die Prognoserevision für 2006. Die Prognose für die Kernrate des Preisindex der Persönlichen Konsumausgaben PCE wurde leicht erhöht.

4. Bei der Konjunkturdiskussion stellten die Mitglieder des FOMC fest, dass die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsunterauslastung geringer ausfiel als noch im Juni erwartet. Der Inflationsdruck werde zudem durch die steigenden Energiepreise angetrieben. Zumindest temporär sollte damit auch die Kerninflation ansteigen. Die Inflationserwartungen blieben aber wohlverankert. Vor diesem Hintergrund sei eine weitere Fortsetzung des „maßvollen“ Zinserhöhungszyklus geboten. Die Hauspreisentwicklung nach oben sollte sich abschwächen, die daraus resultierenden Effekte seien aber unsicher. Die FOMC machten sich Sorgen, dass das die immer noch niedrigen langfristigen Zinsen und die mangelnde Erkenntnis der Märkte, dass das FOMC in seiner Zinspolitik stark von der Datenentwicklung abhängt, eine übertriebene Risikofreude der Investoren hervorgerufen habe. Was die Budgetdefizitentwicklung angeht, so sieht das FOMC wenig Anlass für Entwarnung. Dies gilt auch für das Leistungsbilanzdefizit. Die Inflationsrisiken hätten sich leicht erhöht. Sollte die Inflation von den gegenwärtigen Niveaus aus weiter ansteigen, so wäre dies eine Belastung für das langfristige Wachstum. Die globalisierungsbedingt geringe Preissetzungsmacht der Unternehmen und die noch immer nicht zufriedenstellende Situation auf dem Arbeitsmarkt hielten aber die Kerninflation momentan noch in Schach.

Die DekaBank-Sicht

5. Die Fed sollte nicht zuletzt aufgrund der höheren Inflationsprognose die Leitzinsen am 20. September um 25 BP auf ein Niveau von dann 3,75 % anheben. Wir erwarten für Ende 2005 ein Leitzinsniveau von 4,25 %. Das Risiko, dass die Fed nach der von uns bislang prognostizierten Spitze im Zinserhöhungszyklus von 4,50 % für Februar 2006 weitere Zinsschritte folgen lässt, ist höher, als dass die Fed weniger Schritte vollzieht. Mehrere Fed-Vertreter signalisierten in den letzten Wochen, dass sie sich mit den Inflationsrisiken nicht mehr ganz so wohl fühlen, zumal die Arbeitslosenquote mit einem Wert von momentan 5,0 % genau den Wert annimmt, ab dem tendenziell mit Inflationsdruck zu rechnen ist. Den geldpolitisch neutralen Zins, bei dem kein Inflationsdruck herrscht, sehen wir bei 4,50 %. Möglich ist aber, dass die Fed „überschießt“ bzw. angesichts der niedrigen langfristigen Zinsen nicht nur vom Gas, sondern auch auf die Bremse tritt und damit die Leitzinsniveau auf ein höheres Niveau als 4,50 % setzt. Das niedrige Zinsniveau am langen Ende hat nämlich zu einem Boom an den Immobilienmärkten geführt, der wiederum den Konsum anfacht. Salopp gesagt, ist das Problem der Fed derzeit, dass die US-Amerikaner sich mit in China geliehenem Geld gegenseitig Häuser verkaufen, um damit ihren Konsum zu finanzieren. Da aber vieles darauf hindeutet, dass die langfristigen Zinsen weniger als in der Vergangenheit von den erwarteten künftigen Leitzinsen, als vom Weltkapitalmarkt bestimmt werden, hat die Fed ein nicht geringes Problem. Denn die Leitzinserhöhungen schlagen sich nicht in dem Ausmaß auf das lange Ende durch wie von der Fed erwünscht.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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