Kommentar
14:08 Uhr, 25.05.2005

Fed: Minutes zeigen größere Unsicherheit im FOMC

1. Gestern wurden die Sitzungsprotokolle der Federal Reserve vom Zinsentscheid des 3. Mai 2005 veröffentlicht. Sie zeigen eine größere Unsicherheit des Offenmarktausschusses (FOMC) hinsichtlich der weiteren Wirtschaftsentwicklung.

Hintergrund des Zinsentscheids vom 3. Mai

2. Die Daten zeigten vor dem Zinsmeeting, dass sich das BIP-Wachstum im ersten Quartal etwas moderiert hatte, gleichzeitig aber die steigenden Energiepreise die Inflationsraten nach oben gezogen hatten. Auch die Inflationserwartungen und die Kerninflationsraten unterlagen einem – wenn auch moderaten – Anstieg. Die Lohnkostenentwicklung zeigte sich aber gleichzeitig weiter maßvoll.

Diskussion und Konjunkturausblick im FOMC

3. Die Prognosen der Federal Reserve gehen nun von einem etwas schwächeren BIP-Wachstum in 2005 und 2006 aus. Das Wirtschaftswachstum zeige aber immer noch eine erhebliche Dynamik, die nach dem ersten Quartal wieder anziehen sollte. Die Arbeitslosenquote sollte weitestgehend stabil bleiben, da die gute Konjunktur verstärkt Arbeitnehmer in den Arbeitsmarkt ziehen werde.

4. Bei der Diskussion des Konjunktur- und Inflationsausblicks wurden die Risiken für die Inflation auf der oberen, die für die Konjunktur auf der unteren Seite gesehen. Der Anstieg der Energiepreise übersetzte sich in eine Verlangsamung der Konjunkturdynamik und höhere Kerninflationsraten. Da sich die Energiepreisentwicklung aber moderieren werde und der Lohndruck bei der herrschenden Unterauslastung auf dem Arbeitsmarkt verhalten sei, werde die Inflation in Schach bleiben. Das Leistungsbilanzdefizit werde anhalten. Der Immobilienmarkt wurde in einzelnen Regionen als überhitzt angesehen. Alles in allem wurde von einer robusten Konjunkturentwicklung in den nächsten Quartalen ausgegangen, auch wenn sich die Unsicherheit hierüber verstärkt habe.

5. Besonderes Augenmerk wurde in der Diskussion auf die Energiepreise gelegt: Die Terminmärkte zeigten nämlich weiter persistent hohe Ölpreise in der Zukunft an. Dies könnte das Investoren- und Konsumentenvertrauen dämpfen und die Unternehmensgewinne beeinträchtigen. Vereinzelt scheinen die Unternehmen die höheren Energiepreise auf die Konsumenten zu überwälzen. Solange die Inflationserwartungen aber stabil blieben, sollte dies nur temporäre Effekte auf die Inflation ausüben. Allerdings könnten persistent höhere Energiepreise das Potenzialwachstum senken und damit den Inflationsdruck zusätzlich erhöhen.

6. Die FOMC-Mitglieder sahen die Inflationsrisiken auf der oberen Seite. Denn die Kerninflationsraten und die Inflationserwartungen unterliegen Aufwärtstrends. Insbesondere was die Inflationserwartungen anging, könne es der Fall sein, dass ihre relative Stabilität lediglich die verzögerten Erwartungen der Haushalte widerspiegelten. Die Preisüberwälzungen der Unternehmen zeigten, dass möglicherweise mehr Inflation im Markt vorhanden ist als bislang erwartet. Gleichzeitig zeigten aber die Lohnindikatoren nur sehr moderates Wachstum, was wiederum auf eine anhaltende Unterauslastung am Arbeitsmarkt hindeutet. Die Inflationserwartungen seien weiter in einem tolerierbaren Bereich, und die höheren Energie-, Import- und Erzeugerpreise sollten nur temporäre Effekte auf die Inflation ausüben. Die Kerninflation bleibe damit ruhig.

Die geldpolitische Diskussion im FOMC

7. In der geldpolitischen Diskussion befürworteten alle Mitglieder eine Erhöhung der Leitzinsen um 25 BP auf ein Niveau von 3,00 %. Die meisten Mitglieder sahen die schwächeren Konjunkturdaten als temporäres Phänomen an. Die Fed habe zwar die Leitzinsen schon erheblich erhöht und dementsprechende Bremseffekte auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage könnten schon jetzt nicht ausgeschlossen werden. Insgesamt wurde das derzeitige Leitzinsniveau aber immer noch zu als zu expansiv betrachtet. Mit dem „maßvollen“ Zinserhöhungszyklus müsse daher fortgefahren werden.

8. Was die Wortwahl des Statements anging, so wurde konstatiert, dass den Effekten der höheren Energiepreise auf die Kerninflation Rechnung getragen werden müsse, und dementsprechend der Satz „The rise in energy prices, however, has not notably fed through to core consumer prices.“ aus dem Statement zu streichen ist. Obwohl in der Diskussion die Risiken für die Inflation auf der oberen und für die Konjunktur auf der unteren Seite gesehen wurden, wurde beschlossen, im Statement die Risiken als ausgeglichen anzusehen, sofern die Geldpolitik „appropriate“ (deutsch: angemessen) sei. Hier ist anzunehmen, dass die Wortwahl „appropriate policy“ dem FOMC unter Umständen noch einmal Probleme machen wird, da nicht spezifiziert ist, was unter „appropriate“ genau zu verstehen ist. Die Wortwahl gibt dem FOMC aber die Freiheit auf alle möglichen Eventualitäten in ihrem Sinne zu reagieren.

Die DekaBank-Sicht

9. Betrachtet man die Zinsänderungsphasen der Fed seit 1984, so erhöht oder senkt die Fed die Leitzinsen im Durchschnitt um 3,75 Prozentpunkte, nachdem sie eine Phase der Zinserhöhung oder
Zinssenkung eingeleitet hat. Ausgehend von dem historischen Rekordtief für die Federal Funds Target Rate von 1%, würde der Zinserhöhungszyklus unter Beachtung dieser Daumenregel erst bei einem Zinsniveau von 4,75% enden. Wir erwarten eine so starke Erhöhung nicht, u. a. aufgrund des im historischen Vergleich momentan relativ niedrigen Niveaus für die gleichgewichtigen realen Leitzinsen. Von einer frühzeitigen Ende des Zinserhöhungszyklus ist aber nicht auszugehen, selbst wenn die Möglichkeit bei schwächeren Konjunkturdaten besteht, dass die Fed im Juni erklärt, dass die monetären Stimuli ausreichend zurückgefahren wurden. In diesem Fall könnte eine Sommerpause bei den Leitzinserhöhungen eintreten. Wir erwarten aber weiterhin, dass auch am 30. Juni eine weitere Zinserhöhung um 25 BP auf ein Niveau von dann 3,25 % erfolgt. Ende 2005 sollte das Leitzinsniveau bei 4,00 % liegen. Nicht zuletzt, weil sich die Fed zunehmend Sorgen um den überhitzten Immobilienmarkt macht, der durch Zinserhöhungen abgekühlt werden kann. Um Alan Greenspan zu zitieren: „It is pretty clear that it is an unsustainable underlying pattern..... [A]t a minimum there is a little froth [deutsch: Schaum] in this market.... We do not perceive that there is a national bubble, it is hard not see that there are a lot of local bubbles.“

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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