Kommentar
10:44 Uhr, 12.10.2005

Fed: Minutes zeigen erhöhte Inflationssorgen an

1. Gestern wurden die Sitzungsprotokolle der Federal Reserve vom Zinsentscheid des 20. September 2005 veröffentlicht. Sie boten in ihrer wirtschaftlichen Beurteilung wenig wirklich Neues und standen insgesamt sehr stark im Zeichen des Hurrikans „Katrina“.

Hintergrund des Zinsentscheids vom 20. September

2. Die Hurrikane „Katrina“ und „Rita“ hatten zwar schon die Bundesstaten am Golf von Mexiko verwüstet, allerdings zeigten dies die Daten, die im Vorfeld für dieses FOMC-Meeting zur Verfügung standen, noch nicht an. Die zum damaligen Termin vorliegenden Daten zeigten aber, dass sich die US-Wirtschaft auf einem soliden Wachstumspfad befindet. Der Arbeitsmarkt wies auf eine graduelle Verbesserung hin, auch wenn der Stellenaufbau weiterhin langsamer vonstatten geht, als in früheren Aufschwungphasen. Die Arbeitslosenquote befand sich im September mit 4,9 % auf einem Niveau, ab dem Fed- Vertreter ein Anziehen der Inflationsrate erwarten. Zudem zog die gesamtwirtschaftliche Inflationsrate weiter an, vor allem getrieben durch starke Verteuerungen bei Rohölprodukten. Gleichzeitig weist die Kerninflationsrate mit einem Anstieg um 2,1 % yoy immer noch eine moderate Zuwachsrate aus.

Diskussion und Konjunkturausblick im FOMC

3. Die BIP-Wachstumsprognose der Fed wurde – bedingt durch die Auswirkungen des Hurrikans – für 2005 nach unten, im Rahmen der aber zu erwartenden Reparaturarbeiten und des bereits zugesagten fiskalischen Stimulus für 2006 nach oben revidiert. Erst ab 2007 sollte die US-Wirtschaft wieder auf den Wachstumspfad zurückfinden, den sie ohne den Hurrikan auch beschritten hätte. Gleichzeitig wurde die gesamtwirtschaftliche Inflationsprognose für 2005 nach oben und für 2006 nach unten angepasst. Für die Kerninflationsrate wird im kommenden Jahr ein stärkerer Anstieg als bislang erwartet. Trotz dieser verbalen Prognoseänderung (es wurden keine konkreten Daten erwähnt) geht die Fed insgesamt von einem temporären Effekt des Hurrikans auf die US-Wirtschaft aus.

4. In ihrer Diskussion machten die Mitglieder des FOMC deutlich, dass sie klare Aufwärtsrisiken für die Inflationsentwicklung sehen. Steigende Ölpreise sollten die gesamtwirtschaftliche Inflationsrate temporär ansteigen lassen und voraussichtlich den Konsum damit etwas dämpfen. Zudem dürften die staatlichen Mittel, die für den Wiederaufbau bereits zugesagt wurden, einen weiteren fiskalischen Stimulus in einer Zeit ohnehin geringer ungenutzter Kapazitäten auslösen. Insgesamt gesehen seien die Auswirkungen auf die Kerninflationsrate bislang noch moderat geblieben. Allerdings sind die Inflationserwartungen der Haushalte angestiegen. Daher zeigten sich die FOMC-Mitglieder besorgt über den Inflationsdruck, der bereits vor dem Hurrikan bestand und möglicherweise danach zunehmen könnte. Die Fed erwartet, dass die höheren Energiepreise mittelfristig auch auf die Kerninflationsrate durchschlagen werden. Jedoch sollte die Inflation sich wieder zurückentwickeln, wenn die Inflationserwartungen beschränkt blieben.

Die DekaBank-Sicht

5. Die Fed schätzt die Folgen des Hurrikans auf die Konjunktur als temporär ein. Dennoch verweist sie wiederholt in den Minutes darauf, dass die Auswirkungen in ihrer Wirkung nicht abzuschätzen sind und daher auf die kurze Frist für eine erhebliche Prognoseunsicherheit sorgen. Dennoch ist die Fed von der fundamentalen Stärke und Widerstandskraft der US-Wirtschaft überzeugt. Sie sieht die aktuelle Fed Funds Target Rate als zu niedrig für die Erreichung von Preisstabilität an. Daher sind weitere Zinsanhebungen notwendig. Hätte die Fed im September eine Pause in ihrem Zinsanhebungszyklus gemacht, hätte dies die Märkte über die Fed-Einschätzung der fundamentalen Stärke der Wirtschaft irreführen können. Diesen Eindruck wollte sie vermeiden, auch wenn diese Einschätzung im FOMC nicht einstimmig geteilt wurde. Es zeigt sich in den Minutes wie auch in den Reden mehrerer Fed-Vertreter in der vergangenen Woche, dass die Sorgen hinsichtlich der Inflation zugenommen haben.

6. Wir erwarten daher bis zum Februar 2006 bei jedem Zinsentscheid eine Zinserhöhung um jeweils 25 Basispunkte. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Fed nach der von uns bislang prognostizierten Spitze im Zinserhöhungszyklus von 4,50 % für Februar 2006 weitere Zinsschritte folgen lässt, ist nun größer geworden. Den geldpolitisch neutralen Zins, bei dem kein Inflationsdruck herrscht, sehen wir bei 4,50 %. Möglich ist aber, dass die Fed „überschießt“ bzw. angesichts der niedrigen langfristigen Zinsen nicht nur vom Gas geht, sondern auch auf die Bremse tritt und damit die Leitzinsen auf ein höheres Niveau als 4,50 % setzt. Da aber vieles darauf hindeutet, dass die langfristigen Zinsen weniger als in der Vergangenheit von den erwarteten künftigen Leitzinsen als vom Weltkapitalmarkt bestimmt werden, hat die Fed ein nicht geringes Problem. Denn die Leitzinserhöhungen schlagen sich nicht in dem Ausmaß auf das lange Ende durch wie von der Fed erwünscht. Wir erwarten daher zwar für die Zeit nach Greenspans Abtritt eine Zinspause, aber dann im Juni eine weitere Erhöhung auf 4,75 %.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

Mehr Experten