Kommentar
11:02 Uhr, 13.04.2005

Fed: Minutes nicht so "hawkish" wie erwartet

1. Gestern wurden die Sitzungsprotokolle der Federal Reserve vom Zinsentscheid des 22. März 2005 veröffentlicht.

Hintergrund des Zinsentscheids vom 22. März

2. Die Daten zeigten vor dem Zinsmeeting, dass die Wirtschaft im ersten Quartal 2005 mit einer „solid pace“ wuchs. Die Beschäftigungssituation verbesserte sich ebenfalls mit einer „solid pace“, der Konsum stieg weiter stark an, und die Konsumentenpreisinflation fiel im Januar etwas höher aus als im Dezember. Das Auslaufen der staatlichen Investitionsanreize belastete nicht das Investitionsklima.

Diskussion und Konjunkturausblick im FOMC

3. Die Prognosen der Federal Reserve gehen davon aus, dass die Wirtschaft mit einer Wachstumsrate knapp oberhalb des Potenzialwachstums in diesem und dem nächsten Jahr entwickelt. Treiber seien hier vor allem die starke Nachfrage der Unternehmen nach Ausrüstung und Software. Dementsprechend würde sich auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt verbessern und die Arbeitslosenquote sinken. Die Prognosen für die Investitionen wurden vom Stab der Fed erheblich nach oben genommen, da sich die Investitionsdynamik doch weniger als bislang erwartet durch die steuerlichen Investitionsanreize angetrieben entpuppen. Die Konsumausgaben sollten weiter mit einer „solid rate“ wachsen. Die gesamtwirtschaftliche Inflationsrate sollte in diesem Jahr niedriger ausfallen als in 2004 und in 2006 weiter sinken, da die Energiepreise leicht zurückgehen sollten. Die Kerninflation werde durch die höheren Importgüterund Energiepreise kurzfristig anziehen, aber durch das unterschwellig starke Produktivitätswachstum und die verbleibende gesamtwirtschaftliche Unterauslastung in Schach gehalten werden.

4. Bei der Diskussion des Konjunktur- und Inflationsausblicks wurde die wirtschaftliche Dynamik stärker als bislang erwartet eingeschätzt. Insbesondere könnte sich der Inflationsdruck verstärken. Obwohl praktisch alle Teilnehmer des Meetings der Meinung waren, dass Kern- und Headline Inflation relativ niedrig bleiben würden, sei diesbezüglich doch die Unsicherheit gestiegen. Einige FOMCMitglieder berichteten von spekulativen Käufen auf lokalen Immobilienmärkten. Die Immobilienpreisentwicklung sei aber gemischt. Die gesamtwirtschaftliche Hauspreisinflation werde in den kommenden Quartalen etwas abnehmen. Risiken für den Konsum wurden in höheren Energiepreisen und einem Anstieg in der Sparquote gesehen. Die Abwertung des US-Dollars in den vergangenen Monaten und die sich verbessernde Situation der Schwellenländer sollten den US-Exporten helfen. Dies würde aber durch die einkommensinduzierten stärkeren Importe überkompensiert. Die Situation auf dem Arbeitsmarkt wurde als „stabil“ bis „besser“ eingestuft. Arbeitsangebotsengpässe gebe es nur im Marktsegment für die Hochqualifizierten. Der Lohnkostendruck bliebe auch in den nächsten Quartalen in Schach. Die Gesundheitskosten stellten aber eine persistente Quelle von Kostendruck dar. Das starke Produktivitätswachstum werde anhalten. Insgesamt bestehe aber eine große Unsicherheit hinsichtlich der weiteren Entwicklung von Preisen, Kosten, und Produktivitätswachstum.

5. Besonderes Augenmerk des FOMC galt diesmal der Inflation. Mit Sorge wurde der Anstieg in den einzelnen Inflationsindikatoren in den Wochen vor dem Zinsentscheid bemerkt. Die Headline Inflation sollte aber wieder zurückgehen und der Anstieg in der Kerninflation begrenzt bleiben. Zum einen signalisierten die Terminmärkte, dass die Energiepreise wieder leicht zurückgehen werden. Zum anderen bliebe der Gewinnaufschlag der Unternehmen auf die Lohnkosten ungewöhnlich hoch. Die Unternehmen würden aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks auf den Gütermärkten gezwungen, Lohnkostensteigerungen durch Gewinneinbußen zu schlucken. Zudem hätten die Erzeugerpreise in der Vergangenheit nur wenig Prognosegehalt für die zukünftige Inflation gehabt. Die langfristigen Inflationserwartungen seien wohlverankert und zu guter Letzt würde ja die Geldpolitik für Preisniveaustabilität sorgen. Die Unsicherheit über die weitere Inflationsentwicklung sei aber gestiegen. Die Inflationsrisiken lägen inzwischen auf der oberen Seite: Anekdotische Evidenz zeige eine graduelle Rückkehr der Preissetzungsmacht für die Unternehmen und ein signifikanter Rückgang der Energiepreise sei auch nicht in Sicht.

Die geldpolitische Diskussion im FOMC

6. In der geldpolitischen Diskussion befürworteten alle Mitglieder eine Erhöhung der Leitzinsen um 25 BP auf ein Niveau von 2,75 %. Auch wenn eine aggressivere Geldpolitik unter Umständen notwendiger geworden sei, so sei dies aufgrund der gesamtwirtschaftlichen Kapazitätsunterauslastung und dem starken Produktivitätswachstum nicht geboten. Demzufolge blieb das FOMC auch bei seinem „maßvollen“ Zinserhöhungszyklus.

7. Was die Wortwahl des Statements anging, so wurde die Formulierung der Risikoeinschätzung intensiv diskutiert. Hier lag ein Vorschlag auf dem Tisch, dass die Risikoeinschätzung explizit an die Annahme geknüpft sein solle, dass eine ausgeglichene Risikoeinschätzung von entsprechendem geldpolitischen Handeln abhinge. Einige FOMC-Mitglieder hielten die momentane Wortwahl als zu rigide, als dass hierdurch in adäquater Weise die Risiken abgegriffen werden könnten. Einige Mitglieder erwogen sogar, die Risikoeinschätzung ganz abzuschaffen. Alle Mitglieder votierten dafür, die Risikoeinschätzung explizit von einer der wirtschaftlichen Situation adäquaten Geldpolitik abhängig zu machen. Dies ist u. E. etwas verwirrend. Denn wie kann dann die Risikoeinschätzung jemals unausgeglichen sein, wenn die Geldpolitik doch immer angemessen handelt?

8. Weiterer Schwerpunkt der Diskussion war die Frage, ob der Satzteil „..policy accommodation can be removed at a pace that is likely to be measured“ aus dem Statement genommen werden sollte. Da die Sorgen im FOMC nicht zugenommen hatten, dass man sich durch eine solche Wortwahl unnötigerweise die Hände binde, wurde es im Statement beibehalten. Das Wort „measured“ mache aber nur dann Sinn, wenn die Inflation niedrig bleibe. Die Wortwahl schließe zudem nicht eine aggressivere Geldpolitik oder eine Pause im Zinserhöhungszyklus aus. Die Wortwahl hätte auch nicht einen merklichen Anstieg der langfristigen Zinsen verhindert. Es bestand aber ein Konsens, dass das Statement insgesamt Veränderungen in der Zukunft unterliegen werde.

Die DekaBank-Sicht

9. Die Minutes zeigen, dass sich das FOMC verstärkt Sorgen über die Inflation macht, die Inflationssorgen an den Märkten in den letzten Wochen aber doch etwas übertrieben scheinen. Die Wortwahl des Statement könnte beim Strategiemeeting im Juni wesentlich verändert werden – so könnte das Wort „measured“ aus dem Statement gestrichen werden – und durch Fed-Chef Greenspan bei der folgenden Anhörung vor dem Kongress kommuniziert werden.

10. Da die Inflationssorgen der Fed aber nicht allzu groß sind, erwarten wir, dass die Fed weiter lediglich 25-Basispunkteschritte vornehmen wird. Dementsprechend sollte am 3. Mai eine weitere Zinserhöhung um 25 BP auf ein Niveau von dann 3,00 % erfolgen. Ende 2005 sollte das Leitzinsniveau bei 4,00 % liegen.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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