Kommentar
11:41 Uhr, 22.07.2005

Fed macht sich Sorgen über Inflationsentwicklung

1. Gestern wurden die Sitzungsprotokolle der Federal Reserve vom Zinsentscheid des 29./30. Juni 2005 veröffentlicht. Sie boten nach der Veröffentlichung des Monetary Policy Reports am Mittwoch und der "Humphrey-Hawkins-Anhörung" von Alan Greenspan wenig Neues.

Hintergrund des Zinsentscheids vom 29./30. Juni

2. Die Daten vor dem Zinsmeeting zeigten, dass sich das BIP-Wachstum im zweiten Quartal moderat entwickelte, die Arbeitsnachfrage weiter anstieg, die Arbeitslosenquote im Mai weiter sank, und sich die Kerninflationsrate des CPI im April und Mai wieder abschwächte. Die Ölpreise waren aber wieder angestiegen.

Diskussion und Konjunkturausblick im FOMC

3. Das FOMC hat seine Prognosen für das reale BIP vom Februar 2005 für 2005 (yoy-Rate im vierten Quartal) von 3,50-4,00 % auf 3,5 % leicht nach unten angepasst (DekaBank: 3,60 %). 2006 erwartet das FOMC ein Wachstum von 3,25-3,50 % (DekaBank: 3,60 %). Die Arbeitslosenquote sollte in Q4 2005 bei 5,00 % (Deka-Bank: 5,10 %) und in Q4 2006 bei 5,00 % liegen (DekaBank: 5,00 %). Dies entspricht in etwa der Arbeitslosenquote, die mit einer stabilen Inflationsrate und damit einem Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt einher geht. Die Prognose für die Kerninflationsrate des Preisindex der persönlichen Konsumausgaben wurde nach oben revidiert und sollte in Q4 2005 und in Q4 2006 jeweils bei 1,50-1,75 % liegen (DekaBank: 1,6 % bzw. 1,7 %). Dies entspricht einer Kerninflationsrate des CPI von rund 2,00-2,25 %. Wir erwarten für die durchschnittliche Gesamtinflationsrate des CPI für 2005 einen Wert von 3,00 % und für 2006 von 2,50 %.

4. Auch wenn die Risiken zwischen Konjunktur und Inflation als ausgeglichen angesehen wurden, kann der Ton der Minutes dahingehend interpretiert werden, dass das FOMC sich implizit mehr Sorgen über die Inflations- als über die Konjunkturentwicklung macht.

Die geldpolitische Diskussion im FOMC

5. Die Hauptdiskussionspunkte im FOMC waren die Entwicklungen der Preise auf den Bond- und Hausmärkten. Für beide Märkte wurde die Möglichkeit von Ungleichgewichten konstatiert.

6. Was die Hausmärkte angeht, so stellte das FOMC fest: "Increased speculative activity in housing markets was evident in some parts of the country ...." Grund für den starken Anstieg der Hauspreise sind lokale Marktfaktoren, höhere verfügbare Einkommen, niedrige Hypothekenzinsen und Finanzinnovationen, die es den Haushalten erlauben, mehr Risiken einzugehen. Letztendlich gebe es aber über den wirklichen Zustand des Hausmarktes keine Gewissheit. Die Fed wird daher nicht die Hauspreise direkt mit Zinserhöhungen anvisieren.

7. Was die Bondmärkte angeht, so haben diese durch die dortigen Kurssteigerungen zu den Preissteigerungen auf den Hausmärkten maßgeblich beigetragen. Trotz der Leitzinserhöhungen im vergangenen Jahr ist das lange Ende nämlich wieder nach unten gelaufen. Ursächlich hierfür ist zwar zu einem Teil auch eine niedrigere Inflationsrisikoprämie, aber in erster Linie ein Rückgang der Realzinsen. Möglich ist, dass die Märkte das gleichgewichtige, geldpolitisch neutrale Realzinsniveau als niedriger einschätzen als in der Vergangenheit. Dies kann entweder auf einen weltweiten Sparüberschuss oder auf pessimistischere Konjunkturerwartungen für die USA zurückgeführt werden. Letzteres ist aber inkonsistent mit der guten Entwicklung auf den Aktien- und Corporate Bondmärkten. Das niedrige Niveau der langfristigen Zinsen kann jedoch auch aus einer niedrigeren realen Risikoprämie resultieren, die wiederum aus einer niedrigeren Volatilität der BIPEntwicklung herrührt.

8. Ebenso wenig Gewissheit wie über die Assetmärkte habe man über den tatsächlichen Grad der Auslastung des Arbeitsmarktes und die damit einher gehende zukünftige Entwicklung der Lohnkosten. Eine weitere Verlangsamung des Produktivitätswachstums und die höheren Energiepreise könnten die Unternehmen zu Kosten- und Preisüberwälzungen verleiten. Zugunsten eines positiven Inflationsausblicks sprach hingegen, dass die Kerninflation bislang maßvoll war, die Lohnstückkosten auch nur aus temporären Gründen gestiegen sein könnten, an der Lohnfront bislang noch Ruhe herrscht, und die Ölpreise sich wieder leicht abschwächen könnten.

9. Das Leitzinsniveau wurde vor diesem Hintergrund als immer noch zu niedrig angesehen. Die zukünftigen Daten bestimmten den weiteren Verlauf der Geldpolitik. Über das Ausmaß der weiteren Straffung der Geldpolitik bestand aber Unstimmigkeit im FOMC: "... the Committee needed to be particularly alert to signs of a further increase in inflation. Such an increase could be particularly problematic because it might impart upward momentum to inflation expectations that would be costly to reverse. In any case, additional tightening would probably be necessary." Was die Wortwahl des Statements anging, so bestand Einigkeit, dass die Wortwahl einer "measured pace" korrekt den Ausblick für die Geldpolitik in der Zukunft beschrieb.

Die DekaBank-Sicht

10. Greenspan gab keinen Hinweis darauf, wann das Wort "measured" aus dem Statement zum Zinsentscheid entfernt wird: "... the Federal Open Market Committee in its June meeting reaffirmed that it believes that policy accommodation can be removed at a pace that is likely to be measured. Nonetheless, the Committee will respond to changes in economic prospects as needed to fulfill its obligation to maintain price stability." Die Fed sollte nicht zuletzt aufgrund der höheren Inflationsprognose daher die Leitzinsen am 07. September um 25 BP auf ein Niveau von dann 3,50 % anheben. Wir erwarten für Ende 2005 ein Leitzinsniveau von 4,00 %. Wir erwarten weiterhin, dass Ende 2005 das Leitzinsniveau bei 4,00 % liegen sollte.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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