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11:37 Uhr, 20.03.2024

Familienunternehmen geben EU-Wirtschaftspolitik schlechte Noten

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones) - Die Mehrheit der Familienunternehmen in Deutschland bemängelt, dass die EU zu wenig für das wirtschaftliche Fortkommen unternimmt. Das ergibt eine repräsentative Umfrage des Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen, wie die Stiftung mitteilte. Mehr als zwei Drittel der befragten Unternehmen geben der EU demnach in der Wirtschaftspolitik die Noten 4, 5 oder 6. Als ein Beispiel für falsche Weichenstellungen nennen die Betriebe die Zunahme der EU-Regulierung. 89 Prozent der Unternehmen sagten, dass die Bürokratiebelastung aus Europa zugenommen habe.

Die Ergebnisse müssten wachrütteln, sagte Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik. "Die deutschen Familienunternehmen leisten ihren Beitrag, damit Europa wirtschaftlich zusammenwächst. Doch sie sind in höchstem Maße unzufrieden, weil die EU die Bedingungen für die europäischen Unternehmen vernachlässigt", erklärte er. Die ökonomische Stärke Europas sei in Gefahr: Niedrige Wachstumsraten, hohe Staatsverschuldung und eine überbordende Bürokratie, die vor allem aus Brüssel komme, lähmten die europäische Wirtschaft. "Deshalb ist es wichtig, die Weichen neu zu stellen und die EU-Politik an der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auszurichten", mahnte Kirchdörfer.

Positiv bewerteten die Familienunternehmen die Grundfreiheiten der EU. Zwei Drittel der Familienunternehmen hielten die Möglichkeiten, die der freie Warenverkehr bringe, für ausreichend. Ähnlich hoch sei die Zufriedenheit mit der Personenfreizügigkeit, dem freien Dienstleistungsverkehr und dem ungehinderten Kapitalverkehr. Beim Ausbau von Personenfreizügigkeit und Dienstleistungsverkehr sähen die Familienunternehmen trotzdem noch Potenzial. 17 Prozent der befragten Unternehmen erwarteten eine weitere Harmonisierung bei der Personenfreizügigkeit. Ein Grund dafür könnte sein, dass die Entsendung von Mitarbeitern in die EU mit Hürden wie zum Beispiel der Ausstellung der Entsendebescheinigung verbunden ist.

Die deutschen Familienunternehmen bewerteten ihre Geschäftsaussichten in Europa pessimistisch, zeige die Befragung, bei der den Angaben zufolge 1.038 Familienunternehmen antworteten. Rund die Hälfte der befragten Unternehmen sagten, sie erwarteten ein negatives Geschäftsumfeld. Unter den wirtschaftlichen Aufgaben werde die Eindämmung der Bürokratie als am dringendsten betrachtet. Weit oben in der Priorität ständen auch neue Anstrengungen zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Kampf gegen Cyber-Attacken. Fast 70 Prozent der Familienunternehmen gäben an, dass die Arbeitsbelastung als direkte Folge der Bürokratiebelastung in den letzten zwei Jahren gestiegen sei.

"Immer mehr Unternehmer begreifen die EU als unbändigen Bürokratie-Produzenten", konstatierte Kirchdörfer. "Es ist eine gefährliche Entwicklung, wenn die EU-Politik den Rückhalt und die Anerkennung derjenigen verspielt, die in Europa Wachstum und Beschäftigung sichern." Darüber hinaus beobachteten 61 Prozent von ihnen eine damit verbundene Demotivation der Beschäftigten. Insbesondere bei den 500 größten Familienunternehmen sei die Bürokratiebelastung mit dem vorhandenen Personal nicht mehr zu bewältigen: 73 Prozent berichteten von der Einstellung neuer Beschäftigter, um die europäischen Berichtspflichten zu erfüllen. Bei den teilnehmenden Familienunternehmen der Umfrage insgesamt liege der Wert im Schnitt bei 30 Prozent.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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