Kommentar
09:30 Uhr, 31.03.2016

EZB verdrängt Privatanleger aus der ersten Reihe

Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) sitzen Privatanleger nicht in der ersten Reihe. Gemeint ist die erste Reihe von Anleihen mit bester Bonität. Denn die hat die EZB durch ihr Ankaufprogramm für Staatsanleihen längst selbst belegt – mit der Folge, dass der Markt für potenzielle Investoren fast leergefegt ist. Darüber hinaus wirkt sich die Ankündigung der Zentralbank, künftig auch Corporate Bonds ankaufen zu wollen, bereits auf die nächste Reihe aus – dort, wo sich Unternehmensanleihen mit Topbonität befinden.

In Erwartung einer erhöhten Nachfrage durch die EZB haben die Notierungen von Titeln bestens gerateten Emittenten wie BASF, Nestlé oder BMW deutlich angezogen. Im Schlepptau negativer Renditen bei Staatsanleihen beläuft sich inzwischen die effektive Verzinsung „guter“ Unternehmensanleihen annähernd bei null oder sogar im negativen Bereich. Sobald die EZB mit dem Ankauf von Corporate Bonds beginnen sollte, wird sich diese Entwicklung bei verschiedenen Anleihen sicherlich nochmals verschärfen.

Den Anlegern bleibt damit nur noch der Spagat zwischen eben jenen Bonds aus den vorderen Reihen, die Minusrenditen bringen, und Anleihen von Schuldnern, denen man eine fristgerechte Rückzahlung nebst Zinszahlung zutraut. Oftmals werden in diesem Zusammenhang auch Mittelstandsanleihen als Alternative angepriesen. Aber nicht erst seit der Insolvenz des Modeunternehmens Steilmann sollten sich Investoren der erheblichen Risiken eines Engagements in den hinteren Reihen bewusst sein. Vor diesem Hintergrund weichen viele Anleger auf Titel aus, deren Emittenten oftmals mit Beständigkeit gleichgesetzt werden.

So sind vermehrt Handelsaktivitäten in einem Bond von ThyssenKrupp (WKN: A1R041) mit Laufzeit 10/2019, der mit rund 1,92 % rentiert und einem Corporate Bond von Peugeot (A1HQZP), der 1/2019 fällig wird und eine Rendite von ca. 1,10 % vorweist, zu registrieren. Gesucht ist auch ein Titel von Mahle (A161HE) mit Endfälligkeit 5/2022, der auf seinem Jahreshoch von 103,65 % mit 1,74 % rentiert. Anleger, die sich des Währungsrisikos bewusst sind, weichen auch auf Bonds in ausländischer Währung aus, wie etwa ein Corporate Bond von Apple (A18X83) auf US-Dollar, der 2/2046 fällig wird. Bei einem Kurs von 107,55 % liegt hier die Rendite - unter Nichtberücksichtigung des Devisenrisikos - derzeit bei 4,25 %.

Der Überlebenskampf der risikobewussten Anleger erinnert inzwischen immer mehr an finanzielle Selbstverteidigung.

Klaus Stopp, Head of Market Making Bonds der Baader Bank

Vorsicht ist die Mutter der Fed-Kiste
Die jüngsten Aussagen von Janet Yellen zur Geldpolitik kamen an den Märkten gut an, denn von allen Marktteilnehmern wird grundsätzlich eine anhaltende Liquidität mit Zinsen nahe null geschätzt. Die Notenbank-Chefin machte in ihrer Rede in New York deutlich, dass die Fed noch „erheblichen Spielraum“ für stimulierende Maßnahmen habe - falls dies notwendig werden sollte. Gleichzeitig betonte sie aber ausdrücklich, dass bei allen weiteren Zinsschritten eine vorsichtige Vorgehensweise garantiert sei. Das war zwar nichts Neues, aber in der Deutlichkeit so nicht erwartet worden.

Obwohl das Wirtschaftswachstum zwar „Besorgnis erregend" sei, betonte sie aber zugleich, dass die globalen Wirtschaftsrisiken voraussichtlich nicht gravierend auf die Vereinigten Staaten ausstrahlen würden. Yellen sieht es nach wie vor als angemessen an, dass die Fed „vorsichtig“ mit ihren Zinsschritten fortfahre. Aus den Entwicklungen im Ausland folgt nach ihrer Einschätzung, dass das Erreichen der Fed-Ziele für Beschäftigung und Inflation wahrscheinlich einen etwas niedrigeren Pfad der Leitzinsen erfordert als noch im Dezember vorhergesehen.

Yellen dürfte damit insbesondere auf die stockende Wirtschaftsentwicklung in China, der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, angespielt haben. Den Umstand, dass der Gegenwind für die amerikanische Wirtschaft aus dem Ausland nachlasse, sieht sie als einen wichtigen Grund dafür, dass die Fed in der Geldpolitik „graduelle Erhöhungen“ für angemessen hält.

Insgesamt konnte Yellen mit ihren Aussagen beruhigend auf die Märkte einwirken, so wie es der Vorgehensweise einer Fed-Chefin gebührt. Der Eindruck wurde verstärkt, dass die US-Notenbank bei ihren weiteren Zinsschritten mit Vorsicht und Bedacht vorgehen wird. Als Zeitpunkt für einen möglichen Zinsentscheid gilt bei vielen Marktbeobachtern inzwischen der Juni, nachdem zuvor vereinzelt auch immer wieder eine Erhöhung auf der Fed-Sitzung im April in Erwägung gezogen wurde.

Blase oder Nicht-Blase?
Ist es nun eine Blase oder nicht, was sich da am Immobilienmarkt abspielt? Fest steht, dass die Abschaffung des Zinses zu einer Flucht in Sachwerte wie Immobilien geführt hat. So dürften nach Schätzungen der amtlichen Gutachterausschüsse im vergangenen Jahr Wohnungen, Häuser und Grundstücke im Wert von 200 bis 210 Mrd. € den Besitzer gewechselt haben. Die 200-Mrd.-€-Marke ist damit erstmals geknackt worden. Peter Ache, Geschäftsstellenleiter des Arbeitskreises der Gutachterausschüsse, rechnet angesichts weiter gesunkener Zinsen damit, dass die Summe 2016 weiter steigen wird.

Seit 2010 gehen die Werte, zu denen Immobilen den Besitzer wechseln, linear nach oben. 2015 war der Anstieg sogar noch ein bisschen stärker. Nicht für jeden rechne sich da jetzt noch der Kauf, sagte Ache. Im Hochpreissegment würde er jetzt nichts kaufen, sondern abwarten.

Die Gefahr einer Immobilienblase sehen die Gutachterausschüsse, wo seit 2007 bundesweit Zahlen erhoben werden, aber noch nicht. Einen weiteren Anstieg der Preise beurteilen sie jedoch skeptisch. Entscheidend wird aber auch sein, inwieweit Immobilien kreditfinanziert wurden. Der Hauskauf auf Pump hat zuletzt so stark zugenommen wie seit 13 Jahren nicht mehr. Folglich nimmt der Immobilienboom in deutschen Großstädten nach Ansicht der Bundesbank allmählich bedenkliche Züge an, wie Vorstand Andreas Dombret gegenüber Spiegel Online erklärte. Deshalb habe er, Dombret, heute mehr Bedenken als in den vergangenen Jahren. Vor diesem Hintergrund müssten die Finanzinstitute „angesichts des jetzigen Marktes sehr vorsichtig sein und ihre Immobilienkreditentscheidungen besonders gut abwägen". Die künftige Entwicklung wird sich auch an der Antwort auf die Frage messen lassen, ob die Immobilien ihren Wert behalten, wenn die Zinsen wieder ansteigen.

Nachdem die Interessenten in den Trendstädten inzwischen kaum mehr geeignete Objekte finden, ziehen nun die Preise auch in Städten wie Hildesheim und Holzminden an. Dies hat der Arbeitskreis der Gutachterausschüsse registriert, der seine Erkenntnisse aus den Kaufverträgen gewinnt. Weiter gestiegen sind im vergangenen Jahr auch die Preise für Ackerland, das an manchen Orten kaum günstiger als Gewerbeland ist. Da könne man, nach Meinung von Peter Ache, die Kühe besser auf einer Gewerbefläche inklusive voller Erschließung melken. Denn klar ist, dass diese Entwicklung viele Bauern unter Druck setzt, weil auch die Pachten entsprechend steigen.

Deutsche Post im Doppelpack
Seit vielen Monaten hat sich die Deutsche Post nicht mehr am Kapitalmarkt als Emittent gezeigt, aber bei solch günstigen Refinanzierungskonditionen hat sich auch der Branchen-Primus entschieden, 1,25 Mrd. € aufzunehmen. Hierzu wurden 2 neue Anleihen aufgelegt.

Bei der ersten Tranche handelt es sich um eine 750 Mio. € schwere 5-jährige Anleihe (A2AASK) und der Anleger erhält bis zum Laufzeitende am 01.04.2021 eine jährliche Zinszahlung in Höhe von 0,375 %. Das Papier wurde mit +45 bps über Mid Swap gepreist, was einen Ausgabepreis von 99,355 % ergab. Die zweite Tranche (A2AASL) ist eine Anleihe mit Fälligkeit am 01.04.2026 und einer jährlichen Verzinsung von 1,25 %. Diese 500 Mio. €-Anleihe wurde bei einem Emissionskurs von 99,506 % bzw. bei +70 bps über Mid Swap begeben. Beide Anleihen wurden mit einer Mindeststückelung von 1.000 € ausgestattet und besitzen ein vorzeitiges Kündigungsrecht jeweils drei Kalendermonate vor der entsprechenden Fälligkeit zu pari.

Das „Draghi-Tief" vom 10.03.16 rückt in weite Ferne
Seit letztem Donnerstag wurde lediglich an 3 Börsentagen gehandelt und in dieser Zeit wurde erneut versucht, das bisherige Renditetief der 10-jährigen Benchmark-Anleihe bei 0,07 % zu unterbieten. Doch noch ist es nicht vollbracht!

Aber was nicht ist, kann noch werden. Unter dem Gesichtspunkt, dass schon in wenigen Stunden die nächste Stufe der EZB-Rakete gezündet wird, haben die Kurse der „kaufenswerten" Anleihen und somit auch das Rentenbarometer nochmals an Wert zugelegt. Und ein Ende dieser Entwicklung ist noch nicht in Sicht.

Charttechnisch wird der erste Widerstand auf dem Weg zur psychologisch wichtigen 164er-Marke bei 163,84 % (Hoch vom 30.03.) gesehen. Nach unten blickend stellt sich die untere Trendkanallinie des seit über 2 Wochen andauernden Aufwärtstrends bei ca. 163 % als eine Unterstützung dar. Erst bei einem nachhaltigen Durchbrechen dieser Linie wäre ein Test des „Draghi-Tiefs" vom 10.03. bei 160,81 % in Erwägung zu ziehen. Aktuell notiert der Euro-Bund-Future bei 163,41 %.

Euro im Aufwind
Am Ostersonntag erfolgte dieses Jahr die Umstellung auf die Sommerzeit. Um 2 Uhr morgens wurden die Uhren um eine Stunde vorgestellt. Da die Zeitumstellung nicht sonderlich beliebt ist, stellt sich der Gewöhnungseffekt nur selten ein.

Am Devisenmarkt hingegen laufen die Uhren wie gewohnt und die europäische Gemeinschaftswährung präsentiert sich weiterhin stark. So verlief der Start in eine verkürzte Handelswoche für die Einheitswährung ziemlich erfreulich und der Euro stieg in der Spitze bis auf 1,1364 USD, nachdem er zuvor noch um die Marke von 1,12 USD gehandelt wurde. Hauptsächlich verantwortlich für diesen Kursanstieg war eine Rede von US-Notenbank-Chefin Janet Yellen. Die Präsidentin der Fed äußerte sich zurückhaltend zu möglichen weiteren Zinsschritten. Dies schwächte den Greenback merklich und im Gegenzug konnte der Euro davon profitieren. Zum Wochenausklang könnte der US-Arbeitsmarktbericht für weitere Impulse am Devisenmarkt sorgen. Im Vorfeld dieser wichtigen Kennzahlen handelt der Euro heute Morgen bei 1,1320 USD.

Das Pfund-Sterling hat aufgrund der Brexit-Diskussion nach wir vor einen schwierigen Stand. So verlor die britische Währung deutlich an Wert und verbilligte sich bis auf 0,7946 GBP. Auf diesem Niveau notierte das Pfund zuletzt Mitte Dezember 2014 (0,8006 GBP).

Bei den Fremdwährungsanleihen standen in dieser Woche Anleihen auf türkische Lira und brasilianische Real im Fokus der Anleger. Aber auch der „Klassiker“, die US-Dollar-Bonds wurden verstärkt nachgefragt.

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