EZB-Politik und Ölpreis positiv für Aktien
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Im November schnitten die Aktienmärkte wieder besser ab. So erzielte der MSCI World Index in USDollar eine Gesamtrendite von 2,05 %. Die Entwicklung auf den Aktienmärkten wurde in den letzten Wochen von verschiedenen Faktoren begünstigt, darunter die moderaten Äußerungen der EZB und der Bank of Japan, der niedrigere Ölpreis (der sowohl den Verbrauchern als auch Ländern zugutekommt, die von Energieimporten abhängig sind, beispielsweise Japan und der Großteil Europas) und die Verbesserung einiger Wirtschaftsdaten (so stieg das US-BIP auf annualisierter Basis im dritten Quartal von 3,5 % auf 3,9 %).
Es war jedoch nicht alles eitel Sonnenschein. Trotz der insgesamt erfreulichen Wirtschaftsmeldungen aus den USA waren die Benchmark-Renditen für zehnjährige US-Staatsanleihen im November weiter rückläufig, und auch in Ländern wie Japan, Deutschland, Frankreich und Großbritannien gingen die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen zurück. Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts lag die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen bei 0,7 %, während mit zehnjährigen japanischen Staatsanleihen (JGB) lediglich ein Ertrag von 0,4 % erwirtschaftet wurde. Die Entwicklungen auf den Anleihemärkten der Kernländer sind beunruhigend, denn sie legen nahe, dass der Ausblick für globales Wachstum nach wie vor mit Unsicherheiten behaftet ist und sich in der Peripherie sogar verschlechtert – trotz der intensiven Bemühungen vonseiten der Politik seit 2008. Unsichere Wachstumsaussichten haben zur Folge, dass die Anleger kritisch hinterfragen, ob die Ertragsaussichten der Unternehmen begründet sind. Das wiederum dürfte den Aktienanlegern weitere Volatilität bescheren.
Es gibt zwei aktuelle Entwicklungen, die sich unseres Erachtens positiv auf die Aktienmärkte im Jahr 2015 auswirken könnten. Zum einen wird zunehmend davon ausgegangen, dass die EZB Anfang nächsten Jahres ein Kaufprogramm für Staatsanleihen und / oder Unternehmensanleihen umsetzen muss – was einer umfassenden quantitativen Lockerung entspricht. Während die Volkswirte der Frage nachgehen werden, wie sich die niedrigeren Anleiherenditen auf die Realwirtschaft auswirken, ist es für die Aktienmärkte entscheidend, dass die langfristigen Zinssätze voraussichtlich niedrig bleiben. Als ultimative Anlagen für langfristig orientierte Anleger dürften Aktien von dieser Entwicklung profitieren.
Auch der niedrigere Ölpreis wird sich vermutlich positiv auf die Aktienmärkte auswirken, da dieser den Verbrauchern in den Industriestaaten zugutekommt und im Grunde mit einer Steuersenkung gleichzusetzen ist. Dies hat natürlich negative Konsequenzen für die Erdölgesellschaften, zumal einige Projekte angesichts des aktuellen Preisniveaus nicht mehr rentabel sein werden. Unter dieser Entwicklung werden auch Produzenten in den Schwellenländern leiden, die auf einen hohen Ölpreis angewiesen sind, um ihre Haushalts- und Leistungsbilanzen auch weiterhin auf eine solide Grundlage stellen zu können. Unter dem Strich sind wir jedoch der Ansicht, dass sich der niedrigere Ölpreis positiv auf das globale Wachstum auswirken wird, da er sowohl den Verbrauchern in den Industriestaaten als auch den Erdöl importierenden Ländern in Entwicklungsländern zugutekommt. Meine Kollegen in den USA haben auf den sogenannten „Pringles-Effekt“ als Folge der niedrigeren Ölpreise hingewiesen: Wenn die Verbraucher in den USA heute ihre Autos tanken, sind sie offensichtlich eher bereit, Basiskonsumgüter (wie Snacks) zu erwerben, da sie einen geringeren Teil ihres Einkommens aufwenden müssen, um den Tank zu füllen. Wir halten es jedoch nicht für ratsam, aus diesem Trend langfristige Rückschlüsse zu ziehen, denn die Verbraucher scheinen nach der Finanzkrise insgesamt eher vorsichtig gestimmt zu sein.
Im Fixed-Income-Bereich sind wir gegenüber den Anleihemärkten der Kernländer nach wie vor negativ eingestellt, da diese äußerst niedrige Renditen bieten. Eine allzu negative Einschätzung lässt der kurzfristige Ausblick jedoch kaum zu. Selbst wenn man den Einbruch des Ölpreises unberücksichtigt lässt, ist der Inflationsdruck insgesamt gering. Europa scheint sogar erneut mit einer echten Deflation zu liebäugeln. Das globale Wachstums- und Inflationsniveau ist niedrig und wird es wahrscheinlich bleiben. In den USA dürften die Zinsen im nächsten Jahr steigen (und dies vermutlich etwas stärker, als die Terminkurse vermuten lassen). Doch die schwache Entwicklung in Europa, Asien und den Schwellenländern und die möglicherweise umfassende quantitative Lockerung in Europa (unter Einbeziehung von Staatsanleihen) dürften dazu beitragen, dass die Renditen von Anleihen niedrig bleiben. Wir setzen nach wie vor auf Unternehmensanleihen, da diese zusätzliche Renditen bieten. Wir vertreten jedoch die Meinung, dass die Zeiten starker Überschussrenditen vorbei sind.
Im Aktiensegment halten wir an unserer positiven Einschätzung im Hinblick auf US-Aktien und japanische Werte fest. Während US-Titel von einer starken Binnenwirtschaft und einem soliden Ertragsausblick profitieren, werden japanische Aktien von geldpolitischen Anreizen und dem schwächeren Yen gestützt. Wir behalten unsere Übergewichtung in britischen Aktien bei, auch wenn es schwieriger wird, attraktive Einzeltitel auf dem britischen Markt auszumachen. Auch der politische Gegenwind nimmt zu, denn allmählich rücken die 2015 anstehenden Parlamentswahlen ins Blickfeld (und die damit verbundenen Unsicherheiten hinsichtlich der Wirtschaftspolitik und insbesondere die Frage, welche Rolle Großbritannien zukünftig in Europa spielen wird). Um das Risiko zu senken, haben wir unsere Untergewichtung in europäischen Aktien (ohne Großbritannien) aufgehoben, da wir der Ansicht sind, dass Europa von den niedrigeren Ölpreisen, dem schwächeren Euro sowie vom potenziellen Staatsanleihen-Kaufprogramm im neuen Jahr profitieren dürfte. Hierbei handelt es sich jedoch eher um eine taktische als um eine strategische Veränderung, zumal sich das allgemeine Wirtschaftsumfeld in Europa weiterhin trübe gestalten dürfte.
Autor: Mark Burgess, Chief Investment Officer
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