Kommentar
09:00 Uhr, 01.09.2004

EZB-Kompass im restriktiven Bereich

1. Wirtschaftliche Analyse: Der Score der wirtschaftlichen Analyse lag im August mit 58,0 Punkten höher als im Juli mit 56,7. Zu diesem erwarteten Anstieg tragen höhere Werte der Kerninflationsrate, der Erzeugerpreise, der Industrieproduktion und des Economic Sentiment bei. In den nächsten Monaten erwarten wir einen weiteren leichten Anstieg, der zum Jahreswechsel die höchsten Kompasswerte liefern sollte und danach abflacht.

2. Monetäre Analyse: Der Score der monetären Analyse stieg von 67,8 auf 69,0 an. Überraschend war das höhere Geldmengenwachstum. Etwas stärker als erwartet fiel auch die Kreditvergabe aus. Sie nähert sich stetig ihrem Referenzwert von 6,5 % an, bleibt bislang jedoch noch darunter.

3. Prognose des Kompass und der Leitzinsen: Der EZB-Kompass liegt nun in einem Bereich, in dem die reine Datenlage Zinserhöhungen angebracht erscheinen ließe. Auch in den nächsten Monaten werden wir tendenziell eher steigende Kompasswerte zu erwarten haben. Ein tieferer Blick in die Daten mahnt jedoch zur Vorsicht. Sowohl die Inflationsdaten als auch die realwirtschaftlichen Daten sind aufgrund außenwirtschaftlicher Faktoren und nicht aufgrund binnenwirtschaftlicher Dynamik so kräftig angestiegen. Steigende Rohstoffpreise haben zusätzlich zu den Erhöhungen indirekter Steuern und administrierter Preise zu höheren Inflationsraten geführt. Die starke Expansion des Welthandels hat zu der starken Exportdynamik geführt. Auf dem Arbeitsmarkt ist diese Dynamik noch nicht angekommen und es besteht ausreichend Grund für die Annahme, dass sich dies auch in Zukunft nicht wesentlich ändern wird. Kern des Problems ist eine tiefe Verunsicherung vieler Konsumenten, die sich durch die Strukturprobleme und den damit zusammenhängenden Reformen erklären lässt. Solange keine Zweitrundeneffekte durch die starken Preisschübe zu erkennen sind - und die im EZB-Kompass enthaltene Variable Lohnstückkosten zeigt mit einem Anstieg von lediglich 1,0 %, dass dies nicht der Fall ist - kann die EZB den Strukturwandel durch eine weiter expansive Geldpolitik begleiten und fördern. Mittelfristig liegt das wahrscheinlichste Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung Eurolands nicht in einer Inflationsrate von über 2 %, sondern darin, dass der Reformmotor nach vielen Startschwierigkeiten erneut abgewürgt wird. Die Gefahren, dass dies zu einem fiskalischen Kollaps führt, der auch die Grundfesten für eine erfolgreiche Geldpolitik bedrohte, sind offensichtlich. Sollte sich die Eurozone als reformunfähig herausstellen, so sind sowohl deflationäre Tendenzen denkbar, wie auch politischer Druck, Inflationsraten von weit über 2 % zu erzeugen. Während die europäische Politik im Reformprozess kein Jahr verlieren darf, kann sich die EZB trotz gestiegener EZB-Kompasswerte mit Zinserhöhungen noch zurückhalten. Eine Leitzinserhöhung halten wir weiterhin erst im Juni 2005 für angebracht.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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