Kommentar
14:23 Uhr, 17.03.2016

EZB in der Sackgasse

Es war einmal vor langer, langer Zeit, als ich ein kleiner Junge war und mir die Welt als großes Aquarium vorstellte, dessen räumliche Grenzen wir nicht einsehen konnten. Aus dieser beschränkten Vorstellungskraft des Menschen rührt eventuell auch meine Unfähigkeit, mich mit der aktuellen Notenbankpolitik der führenden Zentralbanken anzufreunden. Immer mehr hat sich inzwischen die Europäische Zentralbank (EZB) in eine Sackgasse manövriert. Doch wie will man da wieder herauskommen? Im Rückwärtsgang? Durch Einreißen der Mauern und Zünden des Turbos? Super Mario ist zwar nicht James Bond, der sicherlich eine Lösung parat hätte, aber vielleicht gibt das jüngste 007-Abenteuer einen entscheidenden Hinweis.

„Trotz anderslautender Kommentare von Notenbankern ist nicht die Deflation das Problem, sondern die Verschuldung der Staatshaushalte.“

Heta: Die Frist ist verstrichen

Nicht erst seit dem Jahre 2015, als auch in Deutschland bei Bankanleihen die Bail-in-Regeln umgesetzt wurden, machen sich immer mehr Investoren Gedanken über die gesetzlich geregelte Haftungskaskade bei unbesicherten Verbindlichkeiten von Banken. Die daraus entstehenden Probleme sind hinreichend bekannt, aber nach dem jüngsten Heta-Desaster sind nun auch Anleger verunsichert, die in mit einer Garantie versehenen Anleihen engagiert sind. Seit diesem Montag wissen nun alle Investoren, dass die Frist für eine Annahme des Angebots aus Kärnten verstrichen ist und die Juristen das Zepter übernehmen.

In Österreich werden manche Probleme anders als in Deutschland angegangen. Das musste in jüngster Vergangenheit auch unsere Bundeskanzlerin erfahren. Doch anscheinend sind sich die Staatsregierung Österreichs und die Landesregierung von Kärnten nicht der Konsequenzen ihrer Entscheidung auf das zukünftige Anlegerverhalten bewusst. Der jetzt erlittene Vertrauensschaden für die Finanzprodukte Österreichs wird ungeachtet des Ausgangs der anstehenden juristischen Spielereien noch über Jahre hinweg erhalten bleiben. Somit werden Anleihen von österreichischen Unternehmen bei vielen Kapitalsammelstellen auf die Negativliste gesetzt und nur noch im Rahmen einer Risikostreuung oder als Beimischung berücksichtigt. Denn auf was kann sich ein Investor verlassen, wenn schon nicht mehr auf die Garantie von einem Bundesland eines als Prime bzw. High Grade gerateten Staates? Bei einem solchen Finanzgebaren wird der Unterschied zwischen einem Politiker, der sich schon nach wenigen Minuten nicht mehr an seine Worte erinnern kann, und einem Börsianer, der gemäß dem Spruch: „Ein Händler, ein Wort“ eine nachhaltige Verpflichtung eingeht.

Definitiv wird es in dieser Angelegenheit mit Ausnahme der Anwaltskanzleien keine Sieger geben, sondern nur Parteien, die weniger verlieren als die anderen. Auch ist in der letzten Konsequenz nicht auszuschließen, dass wegen dieses Streits das Rating Österreichs von den drei führenden Ratingagenturen auf den Prüfstand kommt und herabgestuft wird. Vielleicht ist das die einzige Sprache, welche Politiker verstehen.

Fed wartet ab

Die gestrige Entscheidung der US-Notenbank Fed war mit Spannung erwartet worden. Während nur wenige mit einer Leitzinserhöhung rechneten, war man gespannt, welche Aussagen die US-Währungshüter zum Zustand der US-Wirtschaft machen werden und welche Hinweise sie auf einen möglichen weiteren Leitzinsschritt geben würden.

So wurde bei der abschließenden Erklärung durch die Fed-Präsidentin Janet Yellen deutlich, dass ein behutsames Tempo bei der Zinserhöhung zu erwarten ist. Obwohl die Inflationsrate und die Konjunkturdaten bereits jetzt einen kleinen Zinsschritt erlaubt hätten, hat sich der geldpolitische Rat aufgrund der Risiken bei der weltweiten Wirtschaftsentwicklung für eine Beibehaltung der Leitzinsen entschieden. In den noch verbleibenden neun Monaten des Jahres werden von Marktbeobachtern dennoch zwei weitere Zinsanhebungen für möglich gehalten. Diese Einschätzung erlaubt es allen Beteiligten mit etwas mehr Ruhe und Gelassenheit an die künftigen Fed-Sitzungen heranzugehen.

Der Niedrigzins und seine Folgen

Neben dem zunehmenden Margendruck auf Lebensversicherer und andere Finanzinstitute wirkt sich die Niedrigzinsphase auch auf den Immobilien- und Goldmarkt aus. Außerdem drohen Bankkunden nun höhere Gebühren. Kein Zweifel, die Nebenwirkungen, welche die expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) mit sich bringen, machen sich immer deutlicher bemerkbar.

„Die Zeit von weiten Angeboten kostenloser Kontoführung ist aus meiner Sicht vorbei.“ Mit diesem Satz machte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Georg Fahrenschon, in dieser Woche klar, dass sich die Niedrigzinspolitik nun auch auf die Kontoführungsgebühren der Sparkassen auswirkt. Man werde Leistungen bepreisen müssen - und zwar verursachergerecht, meinte er angesichts der „falschen Zinspolitik" der EZB. So werden Strafzinsen, die die EZB für geparkte Gelder von Banken verlangt, bereits an Firmenkunden selektiv weitergegeben. Vor dem Schritt, auch Privatkunden für ihre Spareinlagen einen Minuszins abzuverlangen, dürften insbesondere Sparkassen und Genossenschaftsbanken zurückschrecken. Daher werden sich die Institute über die Verteuerung der Kontoführungsgebühren neue Ertragsquellen erschließen. Eine weitere Nebenwirkung des ultrabilligen Geldes offenbart sich auf dem Immobilienmarkt. Dort kennen die Preise schon seit geraumer Zeit nur eine Richtung: Nach oben. Nicht von ungefähr warnt daher Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer vor einer Immobilienblase in Deutschland als Folge der Billiggeldschwemme der EZB. Er erläutert weiter, dass die Immobilienpreise zwar „noch nicht außer Rand und Band“ seien, wenn man sie mit den erzielbaren Mieten, den verfügbaren Einkommen und dem Schuldendienst vergleiche, aber wenn es noch Jahre so weitergehe, könnte am Ende eine Blase entstehen. Daher spricht Krämer von einer Überhitzung der Immobilienmärkte in gefragten deutschen Städten, in denen die Häuserpreise seit 2010 um ca. 30 % stärker gestiegen sind als die Mieten und auch die verfügbaren Einkommen der Großstädter.

Aber auch der Goldpreis erfährt vor dem Hintergrund der EZB-Politik einen neuen Höhenflug und hat nun den höchsten Stand seit einem Jahr erreicht. In der Spitze mussten die Anleger für eine Feinunze (etwa 31 Gramm) an der Börse in London 1.284 US-Dollar bezahlen. Damit ist Gold so wertvoll wie zuletzt im Februar 2015. Die Nachfrage nach Gold ging bei dem größten Vermögensverwalter der Welt, Blackrock, sogar so weit, dass das Institut die Ausgabe neuer Wertpapiere bei seinem Goldfonds IAU kurzfristig eingestellt hatte. Als Grund für die Unterbrechung wurde auf die hohe Nachfrage von Anlegern verwiesen, die die Kapazitäten des Fonds überstiegen habe.

Wenn schon die Zinsen bei null liegen, mögen sich viele Anleger sagen, dann doch besser ein Engagement in Gold. Denn historisch gesehen konnte man mit Gold in etwa die Kaufkraft erhalten. Außerdem gilt eine Anlage in Gold als eine gewisse Absicherung gegen globale Krisen oder ein instabiles Finanzsystem. Im Krisenfall tendierte der Goldpreis von jeher nach oben.

Bankenverband stellt einen „Sechser“ auf

Den Begriff einer „Bad Bank“ will der Bundesverband deutscher Banken (BdB) partout vermeiden, wenn von der neuen EIS-Einlagensicherungsbank die Rede ist. Mit der Neugründung der EIS rüstet sich die Branche, um gefährdete Institute im Krisenfall schon im Vorfeld möglicher Insolvenzen abzusichern.

Die EIS, mit 25 Mio. € Eigenkapital ausgestattet, ist als neues Vehikel gedacht, um dem weiterhin bestehenden milliardenschweren Einlagensicherungsfonds unter die Arme zu greifen. Die EIS kann im Falle der absehbaren Schieflage einer Geschäftsbank faule Portfolios übernehmen und damit als „Bad Bank“ fungieren. Sollte nichts mehr zu retten sein, steht die geordnete Abwicklung eines Geldhauses auf dem Plan. Außerdem könnte die EIS in Zukunft auch Zahlungen für Geschädigte übernehmen. Damit legt sich der BdB eine Institution zu, die wie ein „Sechser“ beim Fußball Gefahren im Vorfeld versucht abzuräumen, bevor die eigentliche Abwehr in Form des Einlagensicherungsfonds zum Zuge kommt.

Wie der BdB betont, geht es bei der EIS nicht darum, in den Wettbewerb einzugreifen. Vielmehr soll die neugegründete Bank jedes in Schieflage geratene Institut stabilisieren. Grundsätzlich müsse ein Institut auch aus dem Markt ausscheiden können. Die EIS darf auch nicht dafür verwendet werden, dass Geschäftsbanken die milliardenschweren Bestände ihrer eigenen internen „Bad Banks" beim BdB abladen.

Mit Gründung der EIS zieht der BdB auch seine Lehren aus dem Fall der Düsseldorfer Hypothekenbank (DHB), die 2015 wegen ausfallgefährdeter Anleihen der österreichischen Krisenbank Hypo Alpe Adria unter Druck geraten war. Der BdB ist daraufhin mit Garantien eingesprungen, um einen Zusammenbruch zu verhindern und die Reputation des deutschen Pfandbriefs zu schützen. Solche Garantien werden mit den Auslagerungsmöglichkeiten an die „Bad Bank“ künftig nicht mehr nötig sein.

Leitzinsen mit Tendenz nach unten

Der Leitzins in Großbritannien hat mit 0,5 % zwar ein Rekordtief erreicht, dennoch kann das Land im Vergleich zur Eurozone fast schon wie ein Hochzinsland angesehen werden. Auf ihrer heutigen Sitzung dürfte die Bank of England (BoE) den Leitzins auf diesem Niveau belassen. Immerhin war man am Markt noch zum Jahresbeginn davon ausgegangen, dass die BoE innerhalb der nächsten zwölf Monate den Leitzins erhöhen würde.

Diese Erwartung wurde mittlerweile auf den Kopf gestellt. Aufgrund des gesunkenen Ölpreises und der nervösen Debatte um den Austritt Großbritanniens aus der EU („Brexit“) steigt sogar die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Zinssenkung. Auch die Inflationsprognose der BoE im Februar deutet darauf hin, dass sie es mit der Zinswende angesichts des schwachen Inflationsdrucks nicht eilig hat. Ohnehin wird davon ausgegangen, dass die Notenbank das Referendum über die EU-Mitgliedschaft am 23. Juni abwarten wird, bevor sie zu neuen geldpolitischen Maßnahmen greift.

Weiter nach unten tendiert auch der Leitzins in Japan. So hat der Chef der japanischen Notenbank, Haruhiko Kuroda, erneut eine weitere Zinssenkung in Aussicht gestellt und dabei die Grenzen der geldpolitischen Lockerung aufgezeigt. Demnach könnte der Leitzins theoretisch auf minus 0,5 % gesenkt werden. Erst im Januar hatte die Notenbank den Leitzins erstmals in den negativen Bereich gesenkt, und zwar auf minus 0,1 %.

Doch passt zu diesem Blick in die Zukunft nicht, dass bereits nach wenigen Wochen die erste Ausnahme von der Negativzins-Regel beschlossen wurde. Zukünftig werden Geldreservefonds, die über Treuhandbanken Geld bei der Zentralbank deponieren, keine Strafzinsen zahlen müssen. Manchmal merkt man erst hinterher, dass man übers Ziel hinaus geschossen ist.

Auf den ersten Blick: Hoher Budgetüberschuss in Athen

nAuf den ersten Blick steht die griechische Regierung aufgrund höherer Einnahmen und geringerer Ausgaben finanziell besser da als erwartet. Das Staatsbudget von Athen weist für die beiden ersten Monate des Jahres einen Überschuss von insgesamt fast 3 Milliarden € auf, obwohl lediglich 1 Milliarde € geplant war.

Auf den zweiten Blick erkennt man, dass es sich dabei um den Primärhaushalt handelt, bei dem üblicherweise diverse Kosten ausgeklammert werden. So fallen neben den Kreditkosten auch die Budgets von Sozialversicherungen und Kommunen unter den Tisch. Die Bilanz der Regierung unterscheidet sich damit von der Kennziffer, welche die Geldgeber Europäische Union und Internationaler Währungsfonds im Blick haben.

Die Steuereinahmen summierten sich im Januar und Februar 2016 auf 8,1 Mrd. €, das waren 322 Mio. € mehr als geplant. Dennoch schulden immer mehr Griechen dem Staat Steuern. In 2015 stieg die Summe unbezahlter Steuern auf 86 Mrd. € - ein Plus von 14 %. Doch in Athen geht man davon aus, dass von dieser Summe lediglich rund 10 Mrd. € eingenommen werden können, weil viele Bürger und Firmen kein Geld haben, um ihre Schulden zu begleichen. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille, denn rund 4,3 Mio. Griechen sind mit ihren Zahlungen im Rückstand, was fast der Hälfte aller Steuerpflichtigen entspricht.

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