Kommentar
09:40 Uhr, 11.11.2015

EZB- Einlagezins wird wahrscheinlich weiter sinken

Ratsmitglied Visco bestätigte heute, dass es darüber Gespräche geben wird. Die Europäische Zentralbank wirkt mehr und mehr getrieben von einem unrealistischen Ziel.

Der Einlagezins liegt aktuell bei minus 0,2% p.a. und wird fällig auf Guthaben von Banken bei der EZB, soweit sie die Mindestreserveanforderungen überschreiten.

In der Schweiz und Dänemark liegen die entsprechenden Sätze bei -0,75%.

Systematisch entkommen können die Banken im Kollektiv dem Strafzins nur durch eine dramatische Ausweitung der Kreditvergabe.
Beim derzeit geltenden Mindestreservesatz von 1% müssen für die Eliminierung von einer Milliarde EUR strafzinspflichtiger Guthaben 100 Mrd. EUR neue Kredite geschaffen werden

Der Kauf von Aktiva wie z.B. Aktien dagegen verschiebt das Problem nur von einer Bank zur andern. Zentralbankgeld wird weitergegeben wie eine "heiße Kartoffel", im Gesamtsystem (wenn man das Ausland außen vor lässt) ändert sich an den Überschussreserven nichts.

Die EZB wirkt arg getrieben. Die Inflationsraten, gemessen am HVPI sind zwar niedrig, aber das sklavische Festhalten am 2%-Inflationsziel unter allen Umständen führt dann eben zu einer Reihe von Maßnahmen, bei denen man sich fragt, ob das rechte Augenmaß noch vorhanden ist. Denn der Zweck heiligt nicht alle Mittel, vor allem wenn die Mittel für die Erreichung des Zwecks gar nicht sonderlich gut geeignet erscheinen.

Dies auch unter dem Aspekt, dass all diese Maßnahmen - dazu gehört übrigens auch die extrem niedrige Mindestreserveanforderung - im Rahmen einer irgendwann nötigen Normalisierung auch wieder rückgeführt werden müssen.

Besonders bedrohlich finde ich aber den offensichtlichen Ansatz, den Euro strategisch zu schwächen. Das Inflationsziel ist ja ein dauerhaftes - die Zentralbank strebt eine Geldentwertungsstabilität von knapp 2% p.a an.

Seit dem Hoch bei rund 1,4 hat der Euro nun schon 25% eingebüßt und die Verbraucherpreisinflation bleibt dennoch am Boden. Die Geschichte hat erwiesen, dass dauerhaft starke Ökonomien tendenziell starke Währungen hatten, und das hat auch mindestens einen Grund. Diejenigen Länder, die regelmäßig versuchten, über die Schwächung des Wechselkurse Wettbewerbsvorteile zu erzielen schafften das immer nur kurze Zeit....

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3. Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

Mehr Experten