Kommentar
09:26 Uhr, 10.01.2006

EZB bleibt auf Zinserhöhungskurs

1. Gesamtergebnis: Der EZB-Kompass lag im Dezember bei 61,3 Punkten. Obwohl im Vormonat aufgrund des frühen Sitzungstermins der EZB am 1.12. eine Reihe von Daten für den November-Wert des EZB-Kompass hinzugeschätzt werden mussten, ergab sich in der Summe nur eine marginale Revision von 61,8 auf 61,7 Punkte. Auf Sechsmonatssicht erwarten wir einen Anstieg des EZB-Kompass auf 63,1 Punkte, was unsere Erwartung weiter maßvoll steigender Leitzinsen begründet. Insgesamt haben die Datenveröffentlichungen der letzten Wochen unser Makrobild und unser Prognoseprofil für den EZB-Kompass bestätigt, sodass wir an unserer Prognose von Zinserhöhungen im März und im September festhalten.

2. Wirtschaftliche Analyse: Der Score der wirtschaftlichen Analyse liegt mit 52,6 nach 52,3 Punkte im Dezember weiter im neutralen Bereich. Die einzelnen Indikatoren bieten aber sowohl Tauben als auch Falken im EZB-Rat Argumente. Falken werden darauf hinweisen, dass die Gesamtinflationsrate auch in den nächsten Monaten voraussichtlich über 2 % liegen wird, das Wachstum der Industrieproduktion weiter ansteigt, das Economic Sentiment sich verbessert hat und die Outputlücke sich langsam schließt. Tauben werden argumentieren, dass die Kerninflationsrate unter 1,5 % liegt, die Lohnstückkosten sogar unter 1,0 % yoy und die Outputlücke weiterhin negativ ist. Man könne daher gefahrlos die Konjunktur durch eine expansive Geldpolitik weiter unterstützen, zumal stärkere Zinserhöhungen eine unwillkommen starke Aufwertung des Euro anstoßen könnte. Insgesamt sollte ein neutraler Score der wirtschaftlichen Analyse eine konjunkturneutrale Geldpolitik ermöglichen. Die Leitzinsen sollten daher noch weiteren Spielraum nach oben haben.

3. Monetäre Analyse: Der Score der monetären Analyse beträgt 87,2 nach 90 Punkten im Vormonat. Auf Sechsmonatssicht erwarten wir einen Rückgang des Scores auf 80,6 Punkte. Dennoch bleibt die Interpretation eindeutig: Wenn die monetäre Analyse verlässliche Signale gibt, dann zeigen diese weiterhin eindeutig Zinserhöhungsbedarf an. So liegt die Wachstumsrate der Kreditvergabe derzeit auf dem höchsten Niveau seit Februar 2001 als die Leitzinsen noch 4,75 % betrugen.

4. Leitzinsprognose: Der EZB-Kompass wird die nächsten Monate noch auf hohen Niveaus bleiben und bei einer Normalisierung der monetären Analyse erst im zweiten Halbjahr etwas zurückgehen. Aber auch dann wird er über dem neutralen Niveau von 50 Punkten bleiben und somit eine Normalisierung der Leitzinsen auf höheren Niveaus rechtfertigen. Ein zusätzliches Argument für Leitzinserhöhungen liefern die niedrigen Renditen am Rentenmarkt. Nachdem die Renditen zehnjähriger Bundesanleihen seit Anfang 2004 die Entwicklung des Dezember 2006 Euribor-Future ziemlich genau nachgezeichnet haben, ist dieser Zusammenhang zwischen den Erwartungen bezüglich der mittelfristigen Geldpolitik und dem Bondmarkt derzeit unterbrochen, da die Kapitalmarktrenditen rund 30 Basispunkte zu niedrig liegen. Insgesamt erscheint uns der Pfad der EZB durch die am Geldmarkt eingepreisten Zinserhöhungen recht realistisch vorgezeichnet zu sein. Wenn EZB-Präsident Trichet darauf hinweist, dass es noch keine Vorabentscheidung für eine weitere Zinserhöhung gegeben hat, dann erscheint uns dies eine Konzession an die Tauben im EZB-Rat zu sein. Es bedeutet nur soviel, dass sich der EZB-Rat noch nicht auf eine einheitliche Kommunikationsstrategie geeinigt hat.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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