Kommentar
18:11 Uhr, 06.07.2006

EZB bereitet Zinserhöhung am 3. August vor

1. Präsident Trichet hat in der heutigen EZB-Pressekonferenz Formulierungen gewählt, die auf eine hohe Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung bei dem nächsten Treffen Anfang August hindeuten: „Therefore, if our assumptions and baseline scenario are confirmed, a progressive withdrawal of monetary accommodation remains warranted. Against this background, we will exercise strong vigilance so as to ensure that risks to price stability over the medium term do not materialise.” Während die EZB die mittelfristigen Risiken für das Wachstum eher auf der unteren Seite sieht, verweist sie auf die Aufwärtsrisiken für die Inflationsentwicklung. Im Frage- und Antwortteil der Pressekonferenz deutete Trichet an, dass ausgehend von der Mehrwertsteuererhöhung ein „boom-and-bust-cycle absolutely normal“ wäre. Dies lässt darauf schließen, dass sich das Zeitfenster für leicht kommunizierbare Zinserhöhungen zum Jahresende schließt.

2. Entgegen bisherigen Planungen wird die Sitzung des EZB-Rates am 3. August nicht als Telefonkonferenz abgehalten. Außerplanmäßig findet an diesem Tag zudem eine Pressekonferenz statt. Damit fällt das Argument weg, die EZB könnte eine mögliche Zinserhöhung an diesem Tag nicht angemessen kommunizieren. Die offensichtliche Notwendigkeit eines physischen Treffens verdeutlicht allerdings auch, dass sich der EZB-Rat auf der heutigen Sitzung noch keinen Konsens über eine Zinserhöhung Anfang August finden konnte und eine zusätzliche intensive Diskussion benötigt. Eine Zinserhöhung ist damit zwar nicht ausgemacht, eine Pressekonferenz ohne Zinserhöhung ist aber auch kaum mehr vorstellbar.

3. Auf Nachfrage stellte Präsident Trichet recht überzeugend dar, dass Zinserhöhungen um 50 Bp wohl von keinem Ratsmitglied ernsthaft erwogen werden. Dies ist angesichts der immerhin bis zum Jahresende noch verbleibenden fünf Zinsentscheidungen auch nicht notwendig.

4. Wir revidieren unsere bisherige Leitzinsprognose, bei der wir von Zinserhöhungen um 25 Basispunkten am 31. August, im Dezember 2006 und Juni 2007 ausgegangen waren und prognostizieren nun Erhöhungen um jeweils 25 Bp am 3. August, 5. Oktober und 7. Dezember auf ein Niveau von dann 3,5 %. Eine Erhöhung in der ersten Jahreshälfte 2007 erachten wir dann nicht mehr für notwendig.

5. EZB befindet sich jetzt wie auch in 2000 in einem Zinserhöhungszyklus, von dem noch nicht absehbar ist, bei welchem Zinssatz er endet. Der Höhepunkt im letzten Zyklus wurde im vierten Quartal 2000 bei 4,75 % erreicht. Ein Vergleich der aktuellen Datenlage mit der im Juni bzw. im Dezember 2000 – der Endphase des letzten Zinserhöhungszyklus – zeigt einige auffallende Gemeinsamkeiten. So ähneln sich die Jahresveränderungsraten der Konsumenten- und Produzentenpreise sowohl für die Gesamt- als auch die Kernraten stark. Steigende Rohstoffpreise und relativ niedrige Lohnstückkostenzuwächse haben in beiden Jahren dazu geführt, dass die Gesamtragen oberhalb der Kernraten lagen. Die Kreditvergabe ist ebenfalls ähnlich expansiv.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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