Kommentar
15:10 Uhr, 23.05.2006

Express jetzt auch Reverse

Gerade mal ein Monat ist es her, dass das erste Reverse Bonus-Zertifikat der Deutschen Bank das Licht der Welt erblickte. In der Vorwoche hatten wir uns in der Schwerpunkt-Sory ausführlich mit dem Mechanismus beschäftig. Bereits jetzt ist diese innovative Investment-Idee, die einer gepufferten „Short“-Spekulation gleicht, auch auf die beliebte Struktur der Express-Zertifikate übertragen worden. Bei diesen neuen Produkten setzen Sie darauf, dass der Basiswert nicht über ein vorab definiertes Niveau steigt. Ist dies der Fall erhalten Sie Ihr eingesetztes Kapital inklusive einer Zusatzzahlung vorzeitig zurück. Sollte die vorzeitige Tilgung im ersten Jahr nicht gelingen, gibt es, im Zwölf-Monats-Abstand, weitere Chancen auf Tilgung inklusive Zusatzzahlung.

Wie nicht anders zu erwarten, gehört die HypoVereinsbank, die bei den Express-Zertifikaten eine führende Marktposition einnimmt, auch beim Gegenstück, dem „Reverse Express“, zu den ersten Anbietern. Als Basiswert dient der DAX. Dabei müssen Anleger beachten, dass die Dividenden bei diesem Performance-Index angerechnet und daher gegen den Zertifikate-Käufer laufen. Ausgangspunkt des Neulings ist der DAX-Stand am 2. Juni. Sollte Anfang Juli 2007, also nach rund 13 Monaten, der deutsche Leitindex nicht mehr als zehn Prozent über dem Startwert liegen, erhalten Sie eine Rückzahlung von 108,00 Euro pro Zertifikat. Bei einem Ausgabeaufschlag von einem Prozent entspricht dies einer Rendite von 6,9 Prozent oder 6,4 Prozent p.a.

Gelingt die Tilgung nicht, läuft das Papier mindestens ein Jahr weiter. Dann erhalten Sie 116,00 Euro pro Anteilsschein, sofern der DAX nicht um 20 Prozent über dem Stand vom Juni 2006 liegt. Dir dritte Chance folgt im Juli 2009 mit einem Rückzahlung zu 124,00 Euro, sofern das Marktbarometer nicht um 30 Prozent geklettert ist. Endgültig abgerechnet wird im Juli 2010. Hier besteht die letzte Chance auf Tilgung inklusive Zusatzzahlung zu 132,00 Euro, sofern der DAX nicht um 40 Prozent seit dem Start empor geschossen ist. Sollte dies der Fall sein, muss es noch nicht zu einem Kapitalverlust kommen, da die Münchener bis zu einem Anstieg um satte 50 Prozent immerhin 100,00 Euro pro Zertifikat zurückzahlen. Erst bei noch deutlicheren Zugewinnen führt eine positive Kursentwicklung zu Verlusten im Verhältnis „eins zu eins“. Wobei dann bereits mindestens ein Minus von 50 Prozent zu verzeichnen ist.

Zweiter Anbieter dieser Struktur ist JPMorgan. Die US-Amerikaner brachten gleich zwei „Reverse Express“-Zertifikate an den Markt, die jeweils nur eine maximal dreijährige Laufzeit aufweisen und sich ebenfalls auf den DAX beziehen. Die Zeichnungsfrist endete am Freitag. Die konservativere Variante (ISIN GB 00B 137 XS3 9), wird dabei sogar als „Reverse Deep Express“ bezeichnet, was wir jedoch als völlig irreführend ansehen. Denn an allen drei möglichen Stichtagen darf der deutsche Aktienindex maximal um zehn Prozent „über Wasser“ liegen, während die Schwelle beim HVB-Produkt von Jahr zu Jahr um zehn Prozentpunkte ansteigt. Da auch beim „Reverse Express“ von JPMorgan die Rückzahlung zu 108,00 pro Zertifikat nach 13 Monaten erfolgt und auch der Ausgabeaufschlag identisch ist, sollten Anleger eindeutig das Zertifikat der Münchener bevorzugen. Bei vorzeitiger Tilgung am ersten Stichtag sind die Renditeaussichten zwar noch gleich, jedoch verschlechtern sich in den Folgejahren konstant ihre Chancen wieder an Ihr Geld zu kommen.

Mit noch heißerer Nadel ist das zweite „Reverse Express“ des US-Investmenthauses (ISIN GB 00B 137 Z54 9) gestrickt. Hier muss der DAX an den drei möglichen Stichtagen tatsächlich unter seinem Startniveau verweilen um eine vorzeitige Rückzahlung (inklusive der Zusatzzahlung) zu ermöglichen. Dafür erhalten Sie nach 13 Monaten 113,00 Euro pro Zertifikat zurück. Dies entspricht einer Rendite von 11,9 Prozent oder 10,9 Prozent p.a., bei einem Ausgabeaufschlag von einem Prozent. Der Betrag der Zusatzleistung steigt in den Folgejahren entsprechend auf 126,00 bzw. 139,00 Euro an.

Bei beiden Produkten von JPMorgan liegt die Risikoschwelle zudem nur bei 40 Prozent. Sollte also der DAX seinen Höhenflug bis Juni 2009 fortsetzen und mehr als 40 Prozent zulegen, müssen Sie das prozentuale Plus vollständig als persönliches „Minus“ verbuchen. Ausgehend vom aktuellen DAX-Stand bei rund 5.672 Zählern würde dies einem Stand von rund 7.941 Punkten entsprechen. Dies liegt unter dem bisherigen Rekordstand des Marktbarometers aus dem Jahr 2000 bei 8.064,97 Zählern. Mit Blick auf die dreijährige Laufzeit ist daher ein solches Niveau nicht völlig auszuschließen. Da zudem schon ein minimaler Anstieg genügt, um die vorzeitige Tilgung zu verschieben, bevorzugen wir das Produkt der Münchener auch hier.

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Über den Experten

Jochen Stanzl
Jochen Stanzl
Chefmarktanalyst CMC Markets

Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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