Kommentar
15:05 Uhr, 02.07.2020

Explosives Wachstum voraus?

An Geld und Kredit mangelt es nicht. Kreditwachstum und Wirtschaftswachstum sind eng miteinander verflochten. Führt das explosive Kreditwachstum auch zu hohem Wirtschaftswachstum?

Weder die US-Notenbank noch die EZB, Bank of Japan, Bank of Canada, Reserve Bank of Australia usw. lassen sich lumpen. Es wird fleißig Geld gedruckt, damit das dringend benötigte Kreditwachstum nicht versiegt. Historisch gesehen gab es immer wieder Phasen hohen Geldmengenwachstums. In den USA kam es im dritten Jahr der Großen Depression dazu, während des Zweiten Weltkriegs und wieder zur Zeit der Finanzkrise (Grafik 1).

Auch jetzt wird wieder viel Geld gedruckt. Das Geldmengenwachstum reicht aber noch nicht an das der Finanzkrise heran. Das liegt nicht daran, dass sich die Notenbank zurückhält. Die Geldmenge ist nur schon so hoch, dass die Billionen relativ gesehen zu geringerem Wachstum führen. Betrachtet man die absolute Geldmenge, so zeigt sich, dass die Notenbank heute fleißiger ist als 2008/09 (Grafik 2).

Dieser Fleiß wird im Normalfall belohnt. Wenn Kredit ungebremst fließen kann, wächst auch die Wirtschaft. Aktuell befinden sich die USA und die Welt in einer Rezession. Gleichzeitig ist die Kreditvergabe angesprungen. Das Kreditwachstum erreicht den zweistelligen Bereich und ist in der Privatwirtschaft seit den 80er Jahren nicht mehr so hoch gewesen (Grafik 3).

Da viel Kredit mit hohem Wachstum einhergeht, hoffen viele auf höheres Wirtschaftswachstum in der Zukunft. Manche fürchten sich sogar vor einem Inflationsanstieg. Das Geld muss ja irgendwohin. Die Lage ist heute jedoch anders als noch während der Finanzkrise und früheren Rezessionen.

Das hohe Kreditwachstum in der Privatwirtschaft führt nicht dazu, dass mehr nachgefragt wird. Es stopft lediglich die Löcher, die durch den Lockdown entstanden sind. Das ist ein wesentlicher Unterschied. Die Kredite, die die Privatwirtschaft aufgenommen haben, führen nicht zu einem Nachfrageschub.

Bei der Verschuldung des Staates ist es teilweise anders. Hier werden nicht nur fehlende Einnahmen und Haushaltslöcher gestopft, es wird noch mehr Kredit aufgenommen, um die Nachfrage anzukurbeln. Das reicht allerdings nicht, um die Inflation in die Höhe schnellen zu lassen.

Das enorme Kreditwachstum führt also nicht zu höherem Wirtschaftswachstum. Was aber macht es dann? Es erhöht die Verschuldung der Privatwirtschaft. In den USA werden in diesem Sommer Höhen erreicht, die es seit 2009 nicht mehr gab (Grafik 4). Wir wissen, was damals geschah. Es folgte eine langsame und schleppende Erholung, weil der Schuldenberg abgetragen werden musste.


Die Schulden gleichen im besten Fall das aus, was Unternehmen an Umsatz durch den Lockdown verloren haben. Der Schuldenberg muss in den kommenden Jahren reduziert werden. Das ist ein langer Prozess, der das Wachstum hemmen wird.

Clemens Schmale


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2 Kommentare

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  • Effe
    Effe

    können Sie mal einen Artikel zu den KGVs der einschlägigen Indices machen? Oder war da zuletzt was?

    16:54 Uhr, 02.07.2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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